18. Liebesgeschichte.[63] 1

Ein Indianer ging einmal zu seiner Liebsten und trennte sich auf lange Zeit von seinen Leuten. Als er dort angekommen war, sandte sein Vater Botschaft nach ihm und seine Freunde suchten ihn. Er hatte Getränke mitgebracht und so zechten sie bis in die Nacht hinein. Als es Nacht war, gingen sie schlafen. Das Mädchen kam. »Komm, ich. möchte mit dir schlafen gehen, Schwester,« sagte er. »Nein, ich mag nicht,« antwortete sie. »Wir wollen uns ja verheiraten,« sagte er. »Nein, ich mag nicht,« antwortete sie. Er ging mit ihr hinein zum schlafen.

»Wo bist du gewesen?« fragte sie. »Ich war dort draussen,« antwortete er. »Wo?« fragte sie. »Dort, bei einem Herrn,« sagte er. »Lass uns dorthin gehen. Ich bin dort gar gut aufgehoben.« »Du wohnst in fremdem Lande; zu Leuten die ich nicht kenne, würde ich kommen,« antwortete das Mädchen. »Du musst wieder hierher kommen; wenn du wiederkommst, wollen wir uns verheiraten,« sagte sie zu dem Manne.

»Lass uns doch wieder so bleiben als Liebespaar,« sagte der Mann.

»Nein, antwortete das Mädchen. Wenn du wieder kommst, so wollen wir uns verheiraten.«[63]

»Aber du darfst dann keinen andern Mann nehmen. Kein anderer darf dich als Frau nehmen,« sagte er zu ihr.

»Ich habe keinen andern,« sagte sie.

»Bin ich denn nicht ein guter Mann?« sagte der Mann. »Ich liebe dich gar sehr, liebe Schwester; wir wollen uns doch nur gleich verheiraten,« sagte er zu dem Mädchen.

»Nun mir ist's recht,« antwortete sie.

Zwei Tage darauf ging der Mann wieder fort, und kam und besuchte seine Freunde.

»Wo bist du gewesen, Freund? Ich suchte dich neulich Nachts,« sagten sie zu ihm.

»Ich war bei meiner Liebsten,« antwortete er. »Das Mädel war mir böse.« – »Warum war sie dir denn böse? bist du denn kein guter Mann?« sagten sie zu ihm.

Quelle:
Lenz, Rudolf: Aurakanische Märchen und Erzählungen. Valparaiso: Universo de Guillermo Helfmann, 1896, S. 63-64.
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