|
Tafitopua und Ogapua hatten zwei Buben, die hießen Laupanini und Laupanana. Eines Tages sagten die Eltern, sie sollten hübsch artig zu Hause bleiben, denn sie wollten in die Taropflanzung gehen und dort arbeiten. »Daß ihr mir nicht die Mattenvorhänge im Hause aufzieht oder im Wasser herumrührt!« setzten sie zum Schlusse hinzu. Die Buben gehorchten jedoch nicht; sie zogen die Vorhänge auf und plätscherten im Wasser herum. Als die Eltern wieder vom Felde zurückkamen, erhielten sie beide dafür eine gehörige Tracht Prügel. Darüber waren sie entrüstet und verstimmt und liefen aus dem Hause.
Als die Eltern ihre Absicht merkten, baten sie Laupanini und Laupanana herzlich und eindringlich, sie möchten doch wiederkommen; sie sollten auch einen großen Taro zu essen bekommen. Die Buben riefen aber zurück: »Nein, nein, geht nur nach Hause; wir gehen jetzt nach Mulifanua, dort wohnt der Tuliwae Pupula, der soll uns beide auf einmal verschlucken!« Sie gingen nun zum Tuliwae Pupula oder dem »Glänzenden Knie«. Der fragte sie: »Wohin wollt ihr denn?« – »Ach,« sagten die Buben, »sei so gut und friß uns beide auf.« Tuliwae Pupula ging darauf nicht ein, sondern lud die Knaben ein, in das Haus einzutreten. Sie setzten sich dort hin, und plötzlich fing der kleinere Junge an zu weinen. »Weshalb heult der Bengel?« fragte Tuliwae Pupula. »Ich bin so durstig!« antwortete der. »Dann geh [243] und klettere auf die Kokospalme!« Der Knabe kletterte auf die Palme hinauf, doch je höher er stieg, um so höher wuchs der Baum. Da rief der Tuliwae Pupula: »Nun? kannst du an die Nüsse reichen, mein Junge?« Der antwortete aber: »Ach, die Palme wächst ja immer höher, je weiter ich klettere.« – »Klettere nur zu, schließlich wirst du schon hinkommen, und dann wirf eine Nuß herunter!« Der Junge tat es; dann kam er herunter, schlug die Nuß auf und trank sie aus. Bald darauf heulte er von neuem los, und Tuliwae Pupula fragte: »Warum brüllt der Bengel denn schon wieder?« – »Ach, ich bin so hungrig!« antwortete der Knabe. »Na, dann geht,« sagte Tuliwae Pupula, »richtet den Herd her und zündet Feuer an.« Die beiden Knaben richteten den Herd her und zündeten das Kochfeuer an. Dann kamen sie wieder und fragten, was sie kochen sollten. Tuliwae Pupula antwortete: »Stellt euch jetzt über dem Herde auf und ringt miteinander, wer hinfällt, soll im Ofen gebacken werden.« Sie rangen miteinander; der ältere Bruder fiel hin und wurde nun von dem andern im Ofen gebacken. Er weinte dabei; und als er fertig war, ging er ins Haus zum Tuliwae Pupula. Der sagte: »Geh', jetzt fülle die Kokosschale mit Wasser!« und dabei sang er:
»Füll sie einmal,
Füll sie zweimal!
Oho, da lacht ja was im Kochhaus!«
Darauf sagte er zum Jungen, er solle den Ofen aufdecken. Er ging und tat es; und sieh' da, der beweinte Bruder lachte ihm aus dem Ofen entgegen und war gar nicht tot.
Nun machten sich die beiden Knaben daran, die letzten Bananenblätter aus dem Ofen zu ziehen. Ei, was gab es da für schöne Dinge! Taro und Yams, Fische, ein Schwein und ein Huhn. Sie brachten es ins Haus und aßen sich alle drei satt. Tuliwae Pupula wollte jetzt ausgehen und sagte zu den Knaben, sie möchten hübsch artig im Haufe bleiben. Die beiden blieben also im Hause und machten ein großes Feuer an, um sich die Langeweile zu vertreiben.
[244] Nun hatte Tuliwae Pupula ein Stück Tapa, das konnte sprechen. Und weil sie den Tuliwae Pupula ärgern wollten, warfen sie den Stoff ins Feuer. Da schrie die Tapa ganz laut: »O, Tuliwae Pupula, komm schnell her, ich verbrenne, ich verbrenne!« Als der Gerufene auf das Geschrei hin herbeieilte, liefen die Jungen fort. Als Tuliwae sah, was die Bengel angerichtet hatten, rannte er hinter ihnen her; doch waren sie nirgendwo zu finden.
Tuliwae Pupula sagte: »Ich wünschte, daß ein ganzer Wald von rotem Zuckerrohr sich den Buben auf den Weg stellte!« Als die Knaben an das Zuckerrohrdickicht kamen, brachen sie sich aber einen Weg hindurch und liefen weiter.
Wieder sagte Tuliwae Pupula: »Ich wünschte, daß ein großer Fluß sich vor die Jungen stellte, der sich von den Bergen bis zur blauen See hin ausdehnt!« Als die Knaben an den Fluß kamen, wußten sie sich nicht zu retten. Da pflückte der ältere Knabe eine Brotfrucht ab und nahm das Innere heraus. Dann hing er sie wieder an den Baum, und die beiden Knaben schlüpften hinein, um sich darin zu verstecken.
Bald darauf kam Tuliwae Pupula herbei. Er rannte am Flusse auf und nieder und suchte die Knaben, doch konnte er sie nicht finden. Plötzlich stieß er sich den Kopf an eine Brotfrucht; wütend brach er sie ab und schleuderte sie auf die andere Seite des Flusses. Die Brotfrucht sprang auf und die Knaben heraus. Sie standen auf dem andern Ufer, lachten ihn aus und machten sich über ihn lustig.
Sie rannten wieder davon; und nun sagte Tuliwae Pupula: »Ich wünschte, daß ein hoher Berg sich den Bengeln in den Weg stellte!« Als sie an den Berg kamen, sagte der eine: »Warum wollen wir hier stehen bleiben? laß uns auf den Berg hinaufklettern!« Sie erreichten den Gipfel des Berges; und als Tuliwae Pupula unten angekommen war, saßen die beiden munter auf der höchsten Spitze.
Wie sollte er sie jetzt herunterbekommen? Tuliwae Pupula nahm seine Zuflucht zu allerlei Listen. Er legte Taro, Yams, [245] Schweinefleisch und Fische hin und lauerte darauf, daß die Knaben herabkämen, um sich die Leckerbissen zu holen.
Der ältere Bruder befestigte aber ein Tau am Bein des jüngeren und ließ ihn damit von der Höhe herunter. Laupanana schlich sich leise an die schönen Sachen des Tuliwae Pupula heran und machte: »i! i!« so wie eine Ratte. Er packte den Taro und das Schweinefleisch zusammen, und sein Bruder zog ihn wieder hinauf. Die beiden verzehrten die schönen Dinge, und als Tuliwae Pupula am nächsten Morgen nach seinen Lockspeisen sehen wollte, waren sie verschwunden.
Als es dunkel wurde, setzte er wieder einige Speisen hin. Der Junge kam wieder, um sich die Fische, das Schweinefleisch und den Taro zu stehlen. Diesmal paßte Tuliwae Pupula jedoch auf. Er fing den Knaben, hielt ihn fest und sagte: »So, jetzt habe ich dich endlich! Du hast mich genug geärgert, und zur Strafe werde ich dich jetzt fressen!« »Friß mich nicht,« flehte der Junge, »sieh' mal, ich schmecke gar nicht, ich bin noch viel zu klein; halte mal dein Bein her; daran binde ich dies Tau; dann zieht mein Bruder dich in die Höhe und denkt, ich bin es; und dann kannst du ihn fressen!« So geschah es. Als aber der Menschenfresser fast in die Höhe gezogen war, rief der kleine Junge von unten hinauf: »Laupanini, laß das Tau los! Tuliwae Pupula hängt daran!«
Da ließ der ältere Bruder das Tau los, Tuliwae Pupula stürzte ab und blieb unten tot liegen.
Die beiden Buben gingen nach seinem Hause; sie machten es sich dort bequem und wurden die Erben des angeführten Menschenfressers.