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[172] Ein Bauer nahm sich ein Weib, das zeigte sich aber so widerhaarig, dass es Alles that, was er verboten hatte; was er aber verlangte, das that es erst recht nicht. Einst war das Weihnachtsfest wieder nahe bevorstehend, und der Mann, der wohlgesinnt und allem Streite abhold war, hätte gern in den Feiertagen etwas flotter gelebt als gewöhnlich; da sann er denn über ein Mittel nach, wie er es wohl erreichen könnte, dass zum Feste mit Essen und Trinken etwas mehr Aufwand getrieben würde. Endlich meinte er einen Ausweg gefunden zu haben und sagte zu seinem Weibe: »Weihnachten ist ja nahe; aber nimm dir nur nicht vor, Weissbrot zum Fest zu backen; bei unsern gelingen Mitteln würde es uns zu theuer sein.« – Kaum hörte die Hauswirthin diese Rede ihres Mannes, als sie schnell erwiderte: »Dir zum Trotz backe ich Weissbrot!« Der Mann stellte sich an, als gerathe er in Eifer, und sagte darauf: »Nun, wenn du auch Weissbrot bäckst, Fischkuchen wirst du doch nicht bereiten?«
Die Frau antwortete sofort auf des Mannes Warnung: »Ich thue es nun zum Trotz!«
»Nun, wenn du auch Kuchen bereitest,« sagte der Mann, »Wein brauchst du doch nicht zu holen?«
»Zum Trotz hole ich welchen!« versicherte die Frau.
Der Mann liess sich's nicht anfechten, sondern sagte: »Nun gut, wenn du auch Wein holst, Kaffee kaufst du doch nicht ein?« »Ich kaufe ihn dir zum Trotz!« sagte die Alte.
»Nun, wenn du auch ein wenig Kaffee kaufst, Gäste laden wir doch wohl nicht ein?«[173]
»Zum Trotz lade ich sie ein!« entgegnete die Frau. – »Nun, ladest du sie ein, so setze mich wenigstens nicht oben an die Tafel«, sagte der Mann. – »Ich thue es doch, zum Trotz!« erwiderte die Frau und warf sich ordentlich in die Brust vor ihrem Manne.
»Gut, wenn du mir befiehlst am obern Ende der Tafel zu sitzen, so gieb mir doch beileibe nicht die Weinflasche in die Hand!«
»Ich gebe sie dir zum Trotz!« keifte die Frau. – »Nun, wenn du's auch thust, so fordere mich wenigstens nicht auf zu trinken!« – »Ich thue es doch, zum Trotz!« antwortete das Weib wie zuvor.
Auf diese Weise brachte der Mann seine Alte dazu, das Weihnachtsfest fröhlich zu begehen. Da gab es Weissbrot, Fischkuchen, Kaffee und Wein, solange die Feiertage währten, und eingeladene Gäste gab's noch obendrein. Aber wie lange dauerte der Jubel? Als die Festzeit vorüber war, zeigte sich das Weib noch widerspänstiger als zuvor. Der Mann, der vor ihr keinen Augenblick Ruhe mehr hatte, dachte zuletzt in seinem Sinne: »Ich muss mich auf irgend eine Art von diesem verrückten Weibe frei machen!«
Im Sommer, zur Zeit der Heuernte, ging der Mann auf die Wiese, durch die sich ein Fluss zog, über welchen ein kleiner Brückensteg führte. Diesen hieb er mit seinem Beil halb durch, sodass die Brücke kaum noch zur Noth einen Menschen tragen konnte. Dann ging der Mann nach Hause und sagte zu seinem Weibe: »Jetzt haben wir gutes und trockenes Wetter, lass uns die Heuernte auf der Wiese besorgen.« Die Frau folgte ihm, und als sie an den Fluss kamen, schritt der Mann vorsichtig über den Steg voraus, damit die Balken nicht nachgeben sollten. Wie nun die Frau hinterdrein kam, warnte er sie und sagte: »Frauchen,[174] gehe recht langsam und vorsichtig über diese Brücke; springe und tanze nicht drüber, mir kamen doch die Balken recht schwach und faul vor.« – »Zum Trotz springe ich!« rief das Weib und hüpfte und tanzte im Gehen; aber plötzlich gaben die Brückenbalken nach, und die Frau fiel in den Fluss, der sie mit sich fortriss. Nun lief der Mann stromaufwärts, um sein Weib zu suchen. Einige Heumäher, die zufällig am Ufer des Flusses arbeiteten, fragten den Mann: »Was suchst du?« – »Mein Weib, mein einziges, meine süsse Lebensgefährtin!« antwortete der Mann, »die böse Brücke brach durch und meine Frau verschwand im Wasser.« – »Du Thor, was suchst du sie hier?« sagten die Anderen; »da dein Weib in den Fluss gefallen ist, wird sie doch wahrhaftig mit dem Strome den Fluss abwärts treiben.« – »Das würde ich auch annehmen«, meinte der Mann. »Aber mein Weib ist im Leben stets so widerhaarig gewesen, dass sie gewiss auch noch im Tode gegen den Strom schwimmen wird.« Als die Männer solches hörten, sagten sie nichts mehr, sondern dachten in ihrem Sinne: »Dann ist es dir wohl besser, wenn du dein Weib nicht wiederfindest.«