[54] Es war einmal ein junger Mann namens Firosette, welcher ein junges Mädchen liebte, das Julie hieß. Die Mutter Firosettes, welche eine Fee war, wollte nicht, daß er Julie heirate, sondern sie wollte ihn mit einem alten Hinkebein verheiraten, welches hinkte und immer hinkte. Eines Tages sagte die Fee zu Julie: »Julie, ich gehe in die Messe. Unterdessen wirst du den Brunnen mit diesem Sieb leeren.« Da war das arme Mädchen ganz trostlos, sie begann zu schöpfen, aber das Wasser entwich durch das Sieb. Plötzlich erschien Firosette neben ihr. »Julie,« sagte er, »was tust du hier?« »Deine Mutter hat mir befohlen, den Brunnen mit diesem Sieb zu leeren.« Firosette schlug mit der Gerte auf den Brunnenrand und der Brunnen war leer. Als die[54] Fee zurückkam, sprach sie: »Ah, Julie! Mein Firosette hat dir geholfen!« »O nein, Frau, ich habe ihn nicht einmal gesehen; ich kümmere mich wenig um Euren Firosette, Euren windigen Firosette!« Sie wollte nicht merken lassen, daß sie ihn liebte.
Ein andermal sagte die Fee zu Julie: »Geh und bring diesen Brief meiner Schwester, die in Effincourt wohnt, sie wird dich dafür belohnen.« Auf dem Wege begegnete Julie dem Firosette, der zu ihr sagte: »Julie, wohin gehst du?« »Ich soll einen Brief zu deiner Tante bringen, die in Effincourt wohnt.« »Höre, was ich dir sage!« erwiderte Firosette. »Wenn du bei meiner Tante eintrittst, wirst du den Besen mit den Reisern nach oben finden, du mußt ihn hinstellen, wie es sich gehört. Dann wird dir meine Tante eine Schachtel mit Bändern geben und wird dir sagen, du sollest das schönste davon zu einem Gürtel für dich nehmen. Nimm es, aber hüte dich wohl, dich damit zu schmücken. Wenn du auf freiem Feld bist, so legst du das Band um einen Strauch und du wirst sehen, was geschieht.«
Das junge Mädchen trat in das Haus der Fee und sagte: »Frau, hier ist ein Brief, den Eure Frau Schwester Euch sendet.« Die Schwester der Fee las den Brief und sagte zu Julie: »Laß sehen, mein Kind, was könnte ich dir wohl geben für deine Mühe? Halt, hier ist eine Schachtel mit Bändern, nimm das schönste davon und mach dir einen Gürtel daraus; du sollst sehen, wie gut er dich kleidet.« Julie nahm das Band und kehrte heim. Als sie in Gerbaux war, legte sie das Band um einen Strauch, und auf der Stelle ging der Strauch lichterloh in Flammen auf.
Als sie wieder daheim war, sagte die Fee zu ihr: »Ah, Julie! Mein Firosette hat dich beraten!« »O nein, Frau, ich habe ihn nicht einmal gesehen, ich kümmere mich wenig um Euren Firosette, Euren windigen Firosette!« Sie wollte nicht merken lassen, daß sie ihn liebte.
Eines Abends ließ man das alte Hinkebein am Kopfende eines Bettes liegen und Julie am andern Ende mit Kerzen zwischen den zehn Zehen ihrer Füße. Um Mitternacht begann[55] die Fee, welche im Zimmer darüber war, zu rufen: »Mein Firosette, soll ich hexen?« »Nein, Mutter, noch einen Augenblick!« Dann sagte er zur Alten: »Möchtet Ihr nicht den Platz mit diesem armen Mädchen tauschen?« Die Fee rief zum zweiten Male: »Mein Firosette, soll ich hexen?« »Nein, Mutter, noch einen Augenblick!« Und er sagte wieder zur Alten: »Möchtet Ihr nicht den Platz mit diesem armen Mädchen tauschen?« Die Fee rief zum dritten Male: »Mein Firosette, soll ich hexen?« Und Firosette sagte zum dritten Male zur Alten: »Möchtet Ihr nicht den Platz mit diesem armen Mädchen tauschen?« Die Alte mußte wohl oder übel nachgeben und die Kerzen zwischen die zehn Zehen ihrer Füße stecken. Dann rief Firosette: »Ja, ja, Mutter, jetzt hext geschwind!« »Ich will,« sagte die Fee, »daß die, welche die Kerzen zwischen den zehn Zehen ihrer Füße stecken hat, in eine Ente verwandelt werde, damit ich sie zum Frühstück essen kann.« Im selbigen Augenblick wurde die Alte in eine Ente verwandelt, sprang vom Bett herab und begann rings um das Zimmer zu watscheln: »quak, quak, quak, quak.« Als die Fee sah, daß sie betrogen war, geriet sie in einen so großen Zorn, daß sie tot umfiel.