37.
Donaghadee.

[68] Donogha lebte mit seiner Frau Vauria im alten Königreiche Kerry.

Er war ein fauler Gesell und sie konnte ihre Zunge nicht recht im Zaume halten, und so kam es denn, daß es ihnen stets an Nahrungsmitteln fehlte, wohingegen sie des Zankes und Streites mehr als genug hatten.

Nun saß Donogha einst an einem Sommertage vor der Hausthüre und rauchte ruhig und gelassen sein Pfeifchen.

»Faulpelz,« herrschte ihn seine Frau an, »es wird dir doch hoffentlich nicht zu viel sein, in den Wald zu gehen und ein Bündel Holz zu holen, da ich kein Reis mehr zu Hause habe!«

Gemüthlich schritt er also nach dem Walde und brauchte ungefähr dreimal mehr Zeit als ein Anderer, um sich ein leichtes Bündel Reisig zusammenzulesen. Darnach setzte er sich darauf und klagte über seine Armuth und sein zanksüchtiges Weib. Da kam dann ein fremder Mann zu ihm und sagte, er wolle ihm zwei Wünsche gewähren, doch solle er sich dieselben vorher erst reiflich überlegen, wenn er sein Glück nicht verscherzen wolle.

Donogha dankte ihm, nahm sein Bündel auf den Rücken und trabte langsam seiner Wohnung zu. Mit jedem Schritte ward seine Last schwerer und als er zuletzt nicht mehr weiter konnte, warf er[68] sie mürrisch hin und rief: »Ich wünsche, der Teufel müßte das Holz und mich dazu nach Hause schleppen!«

Augenblicklich hob er sich nebst dem Bündel von einer unsichtbaren Macht getragen in die Höhe und nach wenigen Minuten stand er wohlbehalten vor seiner Thüre.

»Was soll das heißen, lieber Donogha?« fragte ihn seine Frau, welche aus Furcht auf einmal höflich geworden war.

Er erzählte ihr darauf, was vorgefallen war, und daß er noch einen Wunsch übrig habe.

»Hättest du doch das Holz im Leibe!« schrie seine Frau darauf, »wahrlich, wer so sein Glück verscherzt, der verdient nichts Besseres!«

»Es ist gut, daß ich es nicht gesagt habe,« erwiderte der ruheliebende Ehemann. Aber diese Ruhe brachte sie nur noch mehr auf und sie schimpfte so furchtbar an einem Stücke zu, daß ihm endlich die Geduld ausging und er in seinem Zorne ausrief: »Schreckliche Schlange, ich wünsche, wir wären so weit von einander wie Irland lang ist!«

Gleich darauf befand sie sich mit dem Häuschen in Teagh na Vauria (Maria's Haus) am Ende von Kerry und er stand an dem Platze, der seit jener Zeit Donaghadee genannt wird.

Quelle:
Knortz, Karl: Irländische Märchen. Zürich: Verlagsmagazin J. Schabelitz, 1886, S. 68-69.
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