5.

[177] Da war ein anderes Dorf, dort ging es den Leuten auch recht zu Herzen, dass sie einen so schmalen niedern Kirchthurm hätten. Sie hielten also Rath, darin beschlossen sie ebenfalls den Thurm zu mästen und der Messner, als Einer, der es am besten verstehen musste, beantragte, eine lange fast bis auf die Erde herabreichende Kette von allerlei geräucherten Würsten und Schinken an die Spitze des Thurmes zu hängen; »denn«, sagte er, »andere Kost frisst er euch nicht!« Dies geschah, der Messner aber schnitt alle Tage heimlich eine Wurst oder ein Stück Schinken ab und mästete damit sich selbst. Die Andern glaubten, der Kirchthurm fresse, weil die Kette immer kürzer[177] ward und riefen voll Freude: »Er geht schon in die Höhe und wächst, denn er frisst!« –

Quelle:
Schneller, Christian: Märchen und Sagen aus Wälschtirol. Innsbruck: Wagner 1867, S. 177-178.
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