[205] 1. Die kluge Bauerntochter.

In Bezug auf die in diesem M. vorkommende Zerlegung und Vertheilung des Huhns vgl. die von mir im Orient und Occident I, 444 ff. zusammengestellten Erzählungen, denen ich noch folgende hinzufügen kann: 1) eine arabische in v. Hammer's Rosenöl II, 138 (Ein Beduine legt von einem Rephuhn dem Hausvater den Kopf, der Frau den Steiß, den Söhnen die Füße, den Töchtern die Flügel, sich selbst das Gerippe vor). 2) Scala celi fratris Joannis Junioris, Ulm 1480, fol. 37a (Ein Kleriker, von einem Ritter aufgefordert, eine Gans »secundum scientiam naturalem« zu vertheilen, »caput dedit domino, collum et alas filiabus, pedes famulis, crura filiis, et ait: mihi clerico debetur ecclesia«). 3) Zwei inhaltlich übereinstimmende Erzählungen Francesco Sacchetti's, die eine in seinen Novellen Nr. 123, die andere in seinen Sermoni evangelici und daraus in dem von Fr. Zambrini herausgegebenen Libro di novelle antiche tratte da diversi testi, Bologna 1868, No. 79, abgedruckt (Ein Student, von seiner Stiefmutter aufgefordert, einen Kapaun nach der Grammatik zu zertheilen, gibt dem anwesenden Priester den Kamm, dem Vater den Kopf, der Stiefmutter die Füße, den Schwestern die Flügel, den Rumpf sich selbst). 4) Afanasjew's russische Volksmärchen VI, 7 (Hier überbringt – nach A. Schiefner's freundlicher Mittheilung – ein Bauer seinem Herrn eine Gans zum Geschenk und wird von diesem aufgefordert, sie zu zertheilen, worauf er dem Herren den Kopf, der Frau den Steiß, den Söhnen die Füße, den Töchtern die Flügel, sich selbst den Rumpf gibt). 5) Knust Nr. 1 (Ein Königssohn zerlegt bei einem Bauer ein Huhn und gibt den Kopf dem Bauer, den Bauch der Frau, die Beine und Flügel der Tochter, er selbst und sein Diener essen das Fleisch. Also hier wie im sicil.[205] M. ist es ein Königssohn, der bei einem Bauer ein Huhn zerlegt. Daß die Bauerntochter die Art, wie der Königssohn das Huhn zerlegt und vertheilt hat, erklärt, fehlt bei Knust, wird aber nach Analogie des sicil. M. anzunehmen sein. In beiden heiratet der Königssohn die Bauerntochter).

Die Erzählung im »Schertz mit der Warheyt«, Frankfurt 1550, S. LXII ist aus Pauli's Schimpf und Ernst, Nr. 58 (s. Orient u. Occ. a.a.O. 446) entlehnt, und das Gedicht von Frider. Widebramus »Capus geometrica proportione distributus« (Delitiae germanorum poetarum VI, 1115) stimmt ebenfalls fast durchaus mit Pauli.

Quelle:
Gonzenbach, Laura: Sicilianische Märchen. Leipzig: Engelmann 1870, S. 205-206.
Lizenz:
Kategorien: