[410] 867. Die Hexe zu Folschet.

Bei Folschet fuhr ein Bauer mit einem Wagen Heu, den sechs Pferde zogen, auf ebenem Wege dahin. Auf einmal blieb der Wagen stehen. Der Bauer trieb die Pferde an, aber diese vermochten den Wagen nicht von der Stelle zu bringen. Da kam ein anderer Bauer herangefahren. Der erstere spannte des letzteren Pferde noch an seinen Wagen, aber dieser blieb, wie vorher, unbeweglich stehen. Da sagte der zuletzt[410] angekommene Bauer: »Ruf die Frau, welche dort Kräuter sucht, versprich ihr etwas Geld und dann werden die Pferde den Wagen schon wegbringen.« Jener ging hin und sagte zu der Alten: »Ich gebe dir zehn Sous, wenn du es fertig bringst, daß mein Wagen da unten von der Stelle kommt.« Die Frau ging mit ihm. Beim Wagen angekommen, trat sie zu einem der vorderen Räder, betrachtete es, ging dann zu einem hinteren, und so fort. Als sie zu dem letzten gekommen war, rief sie den Bauern und sagte: »Sieh unter diesem Rad liegt ein Sou; der hinderte, daß der Wagen von der Stelle kam.« Darauf nahm sie die Peitsche, trieb die Pferde an und diese liefen so schnell, daß der Bauer nur mit vieler Mühe dem Wagen folgen konnte.

Einst ging dieselbe Hexe an einem Baum vorbei, auf dem zwei Knaben saßen und Obst lasen. »Gebt acht, Kinder, daß ihr nicht vom Baume fallt!« rief sie. Kaum war sie hundert Schritte vom Baum entfernt, so fielen beide Knaben herunter. Die Alte hatte sie behext.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 410-411.
Lizenz:
Kategorien: