[412] 873. Die Hexenfahrt.

Die Köricher Heide ist der Sammelplatz der Hexen. Nachts kommen sie dort zusammen und beratschlagen, was sie den Tag über tun sollen.

Wenn eine Hexe sich zu einem weitentlegenen Orte begeben will, reibt sie sich mit einer gewissen Flüssigkeit unter den Armen und ruft: »Iwer all Hecken an Traisch!« Sofort fährt sie mit Gedankenschnelligkeit durch die Luft über Hecken und Gesträusch hinweg und kommt an dem Orte an, wohin sie gewollt.

Ein Junge aus der Gegend von Tüntingen hatte die Tochter einer Hexe zur Geliebten und besuchte dieselbe oft. Als er sich einst spät abends dem Hause näherte, sah er, wie Mutter und Tochter am Fenster standen, aus einem Fläschchen eine Flüssigkeit nahmen, sich damit unter den Armen rieben und, nachdem sie den Spruch getan: »Iwer all Hecken an Traisch!«, fort durch die Luft fuhren. Da der Junge das Fläschchen noch oben am Fenster stehen sieht, läuft er hinauf, schmiert sich mit dem Inhalt des Fläschchens die Achselhöhlen und ruft, da er den Spruch nicht gut verstanden: »Durch all Hecken an Traisch!« Ganz geschunden und zerfetzt kommt er bei den Hexen auf der Köricher Heide an.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 412.
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