[542] 1116. Besser den Hut als den Kopf verloren.

[542] Im vierzehnten Jahrhundert hauste zu Vianden ein schlimmer Graf, der die Edlen aus der Umgegend in sein Schloß lockte, sie umbrachte und sich unter irgend einem Vorwande ihrer Güter bemächtigte. So war auch einst auf des Grafen Einladung der Ritter von Burscheid mit einem Knappen auf Burg Vianden erschienen. Während die Ritter zechten, saßen die Knappen beisammen, erzählten von Fehden und blutigen Schlachten und rühmten ihrer Herren Stärke und Tapferkeit. »Mein Herr«, rief Burscheids Knappe, »ist der tapferste Ritter im ganzen Lande; er nimmt's mit einem Dutzend von Feinden auf!« Diese Prahlerei, meinten die Knappen des Grafen, habe bald ein Ende, da noch kein Gast die Burg Vianden lebend verlassen habe. Als Burscheids Knappe das hörte, schlich er sich unbemerkt weg, sattelte die Rosse und benutzte dann eine Gelegenheit, seinen Herrn von dem Verrate in Kenntnis zu setzen. Dieser eilte ohne Hut mit seinem treuen Knappen zu den Rossen, sie schwangen sich hinauf und suchten ihr Heil in der Flucht. Der Graf bemerkte den flüchtigen Ritter erst vor den Toren und rief ihm wie zum Scherze zu: »Ihr habt ja Euern Hut vergessen; kommt, holt ihn!« Aber Burscheid entgegnete: »Schon gut! Besser den Hut als den Kopf verloren!«


v. Cederstolpe, 83

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 542-543.
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