[170] 396. Der wilde Jäger bei Boxhorn.

In Beischent, einem Waldteil zwischen Klerf und Boxhorn oberhalb des von der Klerf durchströmten Jennertales, jagte allnächtlich der wilde Jäger. Gegen Mitternacht ungefähr, so berichten noch lebende Personen, die in ihrer Jugend als Pferdehüter dem Spektakel zugehört zu haben behaupten, nahm die wilde Jagd ihren Anfang. Dann konnte man das Bellen und »Hupsen« zweier Hunde, das Stampfen und Wiehern eines Rosses, den Doppelknall einer Büchse hören. Doch hatte der wilde Jäger sein bestimmtes Jagdrevier, dessen Grenzen, vom Jennertal an bis an die Doberdell, er nie überschritt.

Oft ritt er auch auf weißem Roß zu einem Weiher im Jennertal, dicht an der Straße von Klerf nach Boxhorn, und peitschte dann mit einer Reitgerte das Wasser, um dem verspäteten Wanderer Schrecken einzujagen.

Wer um Mitternacht an Beischent vorüberkam, konnte deutlich das Hundegebell, das Schießen und das Geräusch vernehmen, womit der wilde[170] Jäger durch den Wald zog. Wehe dem Wanderer, den er auf seinem Durchzug traf! Die Hunde hetzte er an ihn und jagte ihm eine Kugel durch den Leib.

Einst fuhr nächtlicherweile ein Bauer aus Asselborn mit einem von vier Ochsen gezogenen Wagen den Weg von Klerf nach Boxhorn herauf. Während er so in Gedanken neben dem Gespann einhergeht – da auf einmal, als er in Beischent ankam, waren seine vier Ochsen zu gleicher Zeit ausgespannt und stoben nach vier verschiedenen Richtungen in den Wald. Der Mann hatte alle Mühe, seine Zugtiere wieder zusammenzubringen und tat daher am anderen Tag den Ausspruch: »Niemand, der bei Tage durch Beischent herauffahren kann, soll bis in die Nacht hinein warten.«

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 170-171.
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