[296] 676. Der verwünschte Schatz.

Ein Mann aus Ehnen hatte beim Ausgraben einer alten Mauer einen großen, eisernen Topf voll Geld gefunden, brachte ihn, um nicht bemerkt zu werden, in später Nacht nach Hause und vergrub ihn in seinem Keller. Bald hob sich der Wohlstand des Mannes in auffallender Weise und die Leute im Dorfe erzählten sich, daß Hans einen bedeutenden Schatz gehoben habe, oder daß er ein Verbrecher oder verschuldet sein müsse. Hans, der von diesen Gerüchten hörte und für sein Geld wie für sein Leben fürchtete, schwur und fluchte, er habe keinen Schatz gefunden, und fügte zu besserer Versicherung hinzu, daß, sollte sich ein Schatz in seinem Hause finden, derselbe in die Tiefe der Erde versinken möge.

Als er nun eines Tages Geld bedurfte und seinen Topf ausgrub, sank dieser, als Hans eben nach dem Henkel greifen wollte, unter großem Geklingel und Gerassel einige Fuß tiefer in die Erde. Da gedachte der erschrockene Hans der Verwünschung, die er ausgesprochen. Gleichwohl grub er immer weiter, während das Geld in der Erde fortklirrte. Sobald er aber wieder die Hand nach dem glitzernden Golde ausstreckte, sank es von neuem unter Getöse weiter hinab. Hans mußte endlich die Hoffnung aufgeben, sein Geld wieder zu erhalten, grämte sich aber über den Verlust so sehr, daß er bald darauf starb.


J. Linden, Lehrer zu Rollingen

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 296.
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