[642] 547. Die Roodestraet zu Veurne.

Mündlich.

H. de Wandele in J.W. Wolf's Wodana, Museum voor nederduitsche oudheidskunde. Eerste Stuck, S. 37.


Oestlich von Veurne liegt eine Straße, die von uralten Zeiten her die rothe Straße heißt; sie führt nach dem Duivekot, einem großen Hofe mit Kapelle, der ehedem dem Kloster der Predigerherren zugehörte. Vor der französischen Revolution sah man in jeder Nacht einen Wagen ohne Pferde in der Straße; der fuhr bis auf den Markt von Veurne, blieb da einige Zeit still stehen und verschwand. In den Weiden um den genannten Hof sah man häufig umwandelnde Kälber, Ochsen und Schafe. Die Halbwinnerin bemerkte Nachts stets, daß sich etwas an das Fußende ihres Bettes auf die Decken legte; griff sie darnach, so fühlte sie ein zottiges Thierfell.

Am Eingange des Hofes befindet sich ein kleines Sträßchen, welches das Zauberinnensträßchen heißt; da sah man Nachts die Hexen im Kreise tanzen, und die machten oft einen so schrecklichen Spektakel, daß kein Mensch vorbeizugehen wagte.

Ein Bauersknecht hörte Nachts gegen zwölf Uhr im Vorbeigehen an dem Duivekot ein Pferd wiehern; er sah um und bemerkte eine Gestalt, wie die eines Pferdes, welche ihn verfolgte. Er lief natürlicherweise, so schnell er konnte, und das Pferd lief immer hinter ihm drein. Endlich hörte er nichts mehr und wagte es, zum ersten Male umzusehen: da war nun das Pferd verschwunden,[642] aber es kam dagegen eine große Erdwalze von selbst auf ihn zugerollt. Da begann er von neuem zu laufen und hielt auch nicht eher an, als bis er an der Hecke des Meierhofes war, wo er wohnte. Als er jedoch hereingehen wollte, stand plötzlich ein großer rother Mann sonder Haupt vor ihm, und der setzte ihm durch das Thor und bis an die Thüre des Kuhstalles nach: da schlüpfte der Knecht hinein und in sein Bett und zog die Decke über die Ohren; als er nach einiger Zeit es wagte, einmal herauszulauern, sah er nichts mehr.

Von dem oben vermeldeten Wagen geht auch ein Liedchen rund, welches also heißt:


Bruno heeft een koets gemaekt

op vier wielen sonder peerden;

Bruno heeft een koets gemaekt,

die alleen naer Brüssel gaet.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 642-643.
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