569. Sankt Lievenssträßchen zu Herzeele.

[658] Mündlich.

Jaek van de Velde im Kunst- en Letter-Blad. 1842. S. 60.


Bekannterweise wurde dem heiligen Livinus zu Houthem von den grimmen Heiden das Haupt abgeschlagen; davon heißt das Dorf noch heute Sankt-Lievens-Houthem. Einige Tage nach seinem Martertode wandelte der Heilige, das blutige Haupt in der Hand, an einem Meierhofe vorbei, wo ein alt Heidenweib saß und Kraut schnitt, um eine Suppe daraus zu kochen. »Aha, seht doch den Narren«, rief das Weib, »der hat seinen Kopf in der Hand.« Da sprach Sankt Lieven: »Frauchen, der Narr ist nicht so närrisch, als ihr, denn ihr schneidet Kraut für eine Suppe, die ihr nie essen werdet.« Und damit drehte er den Kopf herum und ging weiter. Die Frau starb aber noch ehe es Mittag war.

Zu Herzeele kam Sankt Lieven auf dieselbe Weise durch ein Sträßchen, welches zur Seite dieses Dorfes liegt, und zahllose Blutstropfen fielen von dem Haupte auf die Erde. Dadurch wurde der Boden so geweiht, daß fürder kein Unkraut mehr da wachsen konnte. Das Sträßchen heißt noch heute Sankt Lievenssträßchen.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 658.
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