329. Die spukende Frau.

[406] S. de Vries, De Satan in sijn weesen etc. II, S. 455.


Im Jahre 1669 trug sich eine seltsame Spukerei in einem vornehmen Dorfe in Frießland zu, gelegen halbwegs zwischen den Städten Leeuwarden und Franeker.

In einem adeligen Hause daselbst ließ sich dieser Geist zuerst der Magd merken. Die hieß Aukje Jans. Kam einmal in den Saal, der immer fest geschlossen blieb und von dem sie mit Sicherheit wußte, daß kein Mensch darin gewesen sein konnte. Trotzdem gewahrte sie, daß jemand etwas da verrichtet haben müsse, denn allen Stuhlkissen war eine Höhlung eingedrückt, wie von eines Menschen Faust. Das verursachte allen im Hause große Verwunderung. Kurz nachher bemerkte man in demselben Saale, daß alle aufrecht stehenden Gläser nebst dem Porzellan von ihrer Stelle genommen und auf die Erde geworfen worden waren, ohne daß jedoch das mindeste daran beschädigt gewesen wäre. Dieß geschah zu verschiedenen Malen und nicht nur bei der Nacht, sondern auch am hellen Tage, und das Gesinde hörte ganz deutlich, wie jemand die Gläser klingend niederwarf. Wenn man schnell die Thür aufmachte, fand man alles auf der Erde liegen, jedoch nichts[406] war je zerbrochen. Endlich wurde man das gewohnt; doch es blieb nicht dabei, denn der Geist tobte nun im ganzen Hause herum. Oftmals wurde dem einen oder andern, der in die ob jene Kammer ging, die Thüre zugeworfen, so daß er eingeschlossen saß. Das erweckte größern Schrecken. Selbst die Kellerthüre, welche nie zugemacht wurde und auch nicht leicht zu schließen war, wurde mehrmal mit großer Gewalt zugeschmissen, wenn einer kaum in den Keller getreten war. Auch kam noch das hinzu, daß den Leuten, wenn sie schliefen, die Leintücher und Decken vom Leibe gezogen wurden, und das geschah fast jede Nacht, so daß kein Mensch im Hause mit Ruhe schlafen konnte. Auch geschah dieß nicht nur, wenn sie schliefen, sondern auch, wenn sie mit offenen Augen da lagen und die Decken und das Leinen festzuhalten suchten. Die Pferde mußten gleichfalls viel leiden, sie standen häufig in Schweiß gebadet da und waren unruhig und sprangen, als ob sie von jemand geschlagen worden wären; aber niemals sah man jemand bei den Thieren.

Da nahm sich der Hausherr vor, in Gesellschaft eines andern beherzten Mannes zu versuchen, ob auch ihm die Decke abgezogen würde, und sie legten sich in die Kammer schlafen, wo der Geist zumeist tobte. Als sie nun die Thüren und Fenster wohl verschlossen hatten und eben ins Bett steigen wollten, fühlten sie, daß jemand an den Decken und Leintüchern zog. Beide hielten so fest, wie sie konnten, aber es half nichts, und sie fanden endlich alles zusammengedreht und in einander gewickelt in einer Ecke der Bettstelle wieder. Als die beiden einmal auf den Söller gehen wollten, wurde ihnen ein alter lederner Mantelsack, der seit Jahr und Tag an eisernen Kettchen an den Balken gehangen hatte, nach und über den Kopf geworfen.[407]

Nur ein einziges Mal hat ein dicht bei wohnender Hausmann eine in der Gegend des Schlosses umwandelnde Frau gesehen, welche ganz das Aussehen einer daselbst schon seit lange Gestorbenen hatte, und vermuthet man, daß diese den Spuk angerichtet hat.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 406-408.
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