Die zwei Knechte.

[49] Diese kamen einmal zu einem geistlichen auf das land und verdingten sich in seine dienste. der eine mußte den stall putzen und den hof reinigen, der andere mußte aber des pfarrers kuh hüten. sie waren nur einen tag bei dem geistlichen im dienste und schon verdroß sie der dienst sehr, denn der eine bekam zu hause von dem geistlichen alle augenblicke derbe stöße an den kopf und mußte dabei[49] sehr schwer arbeiten. der andere mußte über alle felder laufen, so daß ihm wol hundertmal der athem ausging; denn die kuh lief den ganzen tag herum, und der arme knecht meinte, es müsse in sie der teufel gefahren sein. als es abend wurde, kamen beide zusammen und der eine sagte: ›ei wie gut ist dahier der dienst! ich habe nur mit der schaufel mist auf die seite geworfen und bei jeder schaufel hat mir der geistliche geweihtes brod (prescurĭ) gegeben.‹ der andere sagte: ›mir ging es aber noch besser, denn ich habe den ganzen tag nichts gearbeitet, sondern nur geschlafen. nur das eine war mir nicht ganz recht, daß ich auf der feuchten erde, und nicht auf einer großen, schweren koze mein schlaflager hatte.‹ den zweiten tag wechselten die beiden knechte ihre dienste mit einander. der eine, welcher früher zu hause arbeitete, ging auf das feld hin aus und mußte wie der andere am ersten tage alle augenblicke nach der kuh laufen, der andere, der früher im felde war, mußte zu hause sehr schwer arbeiten, und dabei viele, viele stöße an den kopf ertragen. der knecht auf dem felde hatte es aber noch schwerer als der knecht zu hause, denn dieser glaubte wirklich, er werde auf dem felde nur schlafen können und nahm sich eine große, große koze dazu mit, aber die koze war auch sehr schwer und so mußte der knecht mit einer gar schweren last der wilden und scheuen kuh den ganzen tag nachjagen. abends kamen die beiden wieder zusammen. da fragte der welcher vom felde kam den andern: ›wie erging es dir?‹ ›gott soll dich strafen‹, sagte der andere, ›wie hast du mich doch so sehr betrogen. ich habe den ganzen tag nur laufen müssen, daß mir die füße krachen. war es denn nicht genug, auch ohne die große, schwere koze?‹ – ›he‹, sagte der andere. ›auch du hast mich betrogen, denn ich habe bei jeder schaufel mist von dem geistlichen hiebe an den kopf statt geweihtes brod bekommen.‹


Czernowitz.

Ludw. Ad. Staufe.

Quelle:
Staufe, L. A.: Romanische Märchen aus der Bukowina. In: Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde 1 (1853) 42-50, 469-472, Göttingen: Verlag der Dieterichschen Buchhandlung, S. 49-50.
Lizenz:
Kategorien: