[189] Es hatte einmal eine Gemeinde einen gar kläglichen Pfarrer, mit dem es aber am allerschlimmsten ging, wenn er predigen sollte, so dass die Leute sich endlich keinen anderen Rath wussten, als dass sie sich an den Bischof wandten und ihn um Abhilfe baten. Dieser versprach ihnen auch wirklich, dass er selbst zu ihnen kommen und nachsehen würde, wie es mit dem Pfarrer stünde. Und so langte er denn auch in der That eines Sonnabends in dem Pfarrhof an, fand jedoch den Priester schwer erkrankt, so dass er dalag, als wäre er mausetodt. Der Bischof war allerdings sehr erschrocken und wollte zusehen, ob sich in dem Pfarrer noch etwas Leben regte oder er wirklich das Zeitliche gesegnet hätte. So zündete er ihm den Bart an, vermeinend, dass er sich wol rühren würde, wenn sich in ihm noch eine lebendige Ader fände. Aber umsonst; er lag bewegungslos. Da versuchte es der Bischof auf andere Weise und tropfte ihm heissen Talg auf die Brust; jedoch auch[190] dies blieb ohne Erfolg. Endlich gab ihm der Bischof einen tiefen Schnitt in die grosse Zehe; allein auch das war vergeblich, und sah dann der Bischof, dass es mit dem Priester vorbei war.
Während nun der Bischof so mit dem Priester diese verschiedenen Experimente machte, brach der Abend herein und er musste die Nacht im Pfarrhause zubringen, da ihm natürlich oblag, am nächsten Tage für den verstorbenen Pfarrer zu predigen; wobei aber der Umstand eintrat, dass er in der Frau Pastorin eine gar junge und schöne Person fand. Da nun ihr Mann tot war, so machte sich der Bischof viel mit ihr zu schaffen, und es kam am Ende so weit, dass sie mit einander zu Bett gingen, und der Bischof benahm sich ganz wie andere Menschen; er betastete sie von allen Seiten und griff ihr an die Brüste, wobei er sie fragte, wie man die hiesse: »Jesaiae Glocken!« antwortete sie. Dann griff er ihr an den Bauch und fragte, wie man den hiesse. »Berg Tabor!« versetzte sie. Hierauf fasste er ihr an eine andere Stelle, die ich nicht nennen mag, und fragte, wie man die hiesse. »Mose Grab!« erwiderte sie und dabei blieb es dann. Die muthmassliche Wittwe war wol[191] anfänglich ziemlich verschämt, aber am Ende fing sie doch an zu fragen, nahm des Bischofs Quoniam in die Hand und fragte wie man den hiesse: »Papst«, antwortete jener, indem er hinzufügte; »Lasse den Papst in Mose Grab ruhn!« und so geschah es auch. Der Papst ruhte die ganze Nacht in Mose Grab und wachte nicht eher auf, als bis am Sonntag Morgen die Sonne hoch am Himmel stand und die Glocke bereits die Gemeinde zusammenrief. Da sprang der Bischof in höchster Eile aus dem Bette, warf rasch den Ornat über und eilte in die Kirche, wo er zu seiner grössten Ueberraschung den Gemeindepfarrer vor dem Altar stehen fand und hörte wie er sang: »Gestern kam ein Priester zu mir, der mir den Bart verbrannte, der mir heissen Talg auf die Brust tropfte und mir in die grosse Zehe einen tiefen Schnitt gab.« Der Küster, mit dem der Pfarrer dich verabredet hatte, fragte ihn hierauf singend: »Und wann geschah das?« worauf der Pfarrer fortfuhr: »Als er Jesaiae Glocken läutete, über den Berg Tabor zog und dann den Papst in Mose Grab ruhen liess.«
Der Bischof hörte natürlich diesem Gesang still und andächtig zu, und als dann[192] die Predigt geschlossen war, sagte er zu der Gemeinde, dass sie einen wackeren Pfarrer hätten und einen besseren könnten sie nimmer bekommen; worauf er seinen Abzug nahm.