871. Das getaufte Sennentunscheli in Ursern.

[245] 1. Da machten sie aus Lumpen ein Titti, und dieses Titti haben sie getauft (mündlich: indem sie Wasser über sein Haupt gossen und einer den Götti machte) und ihm den Namen Maria gegeben. Und dann haben sie dem Titti Brei gekocht und wollten anfangen, ihm zu essen zu geben. Dann nach und nach sei es lebendig geworden, dann haben sie es mit sich genommen von einer Hütte zur andern. Da habe es nach und nach zu essen angefangen. Und im Herbst, als sie von der Alp nach Hause wollten, habe der Senn zum Tinder gesagt, was sie mit dem Titti wollen? Und dann habe der Tinder gesagt, er solle nur gehen; er wolle das Titti dann schon auf die Seite schaffen. Da sei der Senn gegangen. Am Abend, als der Tinder nicht nachgekommen sei, mussten sie dann nachsehen. Als sie zur Hütte gekommen seien, habe das Titti den Tinder geschunden gehabt und die Haut auf dem Hüttendach ausgespreitet. Aus dem Titti sei dann der Teufel geworden.

»Das isch de z'Urschälä friëhner än allgimeini Sag g'sy, aber seeligs isch natyrli nur Lari-fari,« meint ein kritisch veranlagter Erzähler.

2. Sie machten aus »Chäsbudärä« einen Tolgg, legten ihm Kleider an, tauften ihn und trieben Unfug; der Senn am schlimmsten. Im Herbst fordert der Tolgg, dass sie »findlen,« wer dableiben muss. Es traf den Senn. Die Haut war auf dem Hüttendach ausgespreitet, als sie zurückschauten.

3. Ohne Taufe und ohne den Namen. Das Titti galt als Kind. Im Herbst bei der Abfahrt musste einer der Älpler zurück, um das Chessi zu holen. Als er damit fortging, sass das Titti, nun ein Gespenst, auf einer Steinplatte und rief ihm nach: »Wär d'r ander cho (ja, der wo villems d'r Vatter g'sy isch), sä hätt-ä zerribä wië ds Gstybb a d'r Sunnä.«


Maria Anne Schmid, Hospental.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 245-246.
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