1056. Der grausame Vater.

[33] Wir wohnten damals im alten Steinhaus auf dem Bürtschen zu Erstfeld. Ich und mein Bruder wollten in die Küche gehen, um heisses Wasser anzumachen. Aber da stand in der Küchentüre eine Mannsperson in schwarzen Hosen, weissem Hirthemd, eine Zittelkappe auf dem Kopf. Bleich vor Schrecken waren wir eine Zeitlang wie angenagelt. Dann flüchteten wir uns in die Stube zurück und erzählten alles der Mutter. Die wollte es uns nicht glauben und ging selber hinaus. Aber sie sah das nämliche. Am folgenden Tag holten wir den Pfarrer, der musste uns die Küche benedizieren. Er sagte, es sei der Geist eines ehemaligen Besitzers dieses Hauses gewesen, der, obwohl reich, seine in eine Kammer eingesperrte Tochter habe verhungern lassen.


Zacharias Indergand.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 33.
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