Vorwort.

Nachstehende Nummern des »Wintergrün« erschienen der Reihe nach vom 14. Dezember, 1889 bis zum 7. Juni, 1890 in der ›Arloner Zeitung‹ und hatten den Zweck, das leider mit jedem Jahr immer mehr abnehmende Interesse an den alten Erzählungen unsrer poesiereichen Provinz Luxemburg unter dem Volke wieder anzuregen.

Ich verfolgte diesen Zweck umso lieber, da sonderbarerweise bis heute noch keine einheitliche Sammlung von Sagen, Legenden u.s.w. in unsrer Provinz besteht. Und doch kann nicht geleugnet werden, daß das Aufsammeln von Sagen, Legenden u.s.w. für die Geschichte und Altertumskunde von sehr ersprießlichem Nutzen ist. Oder sollte der deutsche Gelehrte, J.W. Wolf, seine im Jahre 1843 zu Leipzig veröffentlichten 585 niederländischen Sagen, worunter unsre Provinz Luxemburg nur mit zweien vertreten ist, zum bloßen Zeitvertreib gesammelt haben? Unmöglich! – Mit welchen Mühen, Beschwerden und Hindernissen der Sammler zu kämpfen hat, werde ich gelegentlich einmal später erörtern. – War nicht das ganze gebildete Luxemburgerland dem hochverehrten und verdienten Gymnasialdirektor, meinem ehemaligen Lehrer, dem Herrn Dr N. Gredt, behülflich, als er seinen 1215 Nummern umfassenden »Sagenschatz des Luxemburger Landes« im Jahre 1885 herausgab? U.s.w.U.s.w.

Da das »Wintergrün« besonders an den langen Winterabenden ergötzt und von dem Volke gewürdigt wird, so wollte ich anfangs beim Herannahen des Frühlings mit den Erzählungen aufhören. Auf Verlangen mehrerer Sagenliebhaber fuhr ich weiter und hätte noch länger in die Zeitung[1] schreiben können, da ich bereits über dreihundert Nummern, worunter manche schöne Sage aus dem wollonischen Teile der Provinz, gesammelt habe. Nun erschien es mir ratsam, das Ganze später einmal in einem Buche zu veröffentlichen.

Um dem freundlichen Leser mehr Aufmerksamkeit abzugewinnen, verband ich, da wo ich es für geeignet erachtete, die Sage mit der Geschichte. Da also Ziel und Zweck diese Verschmelzung erheischten, so wird dieselbe, hoffe ich, bei dem allzugewissenhaften Sagenforscher keinen Anstoß erregen. Wem es aber um den Kern einer Sage zu thun ist, der vermag denselben noch immer mit Leichtigkeit aus der geschichtlichen Hülle herauszuschälen. Übrigens deutet der Titel den Inhalt des Werkchens ganz allgemein an. Leider konnten die Märchen den gewünschten Raum nicht erhalten.

Beim Sammeln verließ ich mich meistens auf den Volksmund. Die literarischen Quellen sind bloß zum Teil benutzt, und viele derselben nur zum Vergleichen angegeben worden.

Von vorliegendem Werkchen, welches nicht in den Handel kommt, sind bloß vierunddreißig Exemplare gedruckt worden. Die zahlreichen Druckfehler möge der freundliche Leser gütigst übersehen, da mir vor dem Erscheinen einer Zeitungsnummer immer nur eine Probe zum Verbessern zugestellt ward. Nach dem Druck der Zeitung war kein Verbessern mehr möglich.

Schließlich spreche ich allen, und besonders unsren biedren Landleuten, welche mir beim Sammeln behülflich waren, meinen tiefgefühlten Dank aus und wünsche, daß das begonnene Werk die gewünschten Früchte trage.


Arlon, im Juni, 1890.

N. WARKER.

Quelle:
Warker, N.: Wintergrün. Sagen, Geschichten, Legenden und Märchen aus der Provinz Luxemburg. Arlon: Willems, 1889/90, S. I1-II2.
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