Castellĭ

[802] Castellĭ, Ignaz Franz, Dichter, geb. 6. Mai 1781 in Wien, gest. daselbst 5. Febr. 1862, studierte die Rechte, widmete sich aber bald der literarischen Tätigkeit, erregte 1809 Aufsehen durch sein »Kriegslied für die österreichische Armee«, das bald in aller Mund war, wurde von der Regierung durch Entsendung nach Ungarn vor Nachstellungen der Franzosen gerettet, war 1811–14 Hoftheaterdichter des Kärntnertor-Theaters, bereiste 1815 Frankreich, 1819 und 1822 Süddeutschland und Oberitalien, lebte seitdem teils in Wien, teils auf seinem Landhaus bei Lilienfeld und machte 1848 noch einmal durch mehrere politische Flugschriften von sich reden. C. war der »letzte Vertreter der alten Wiener Gspaßigkeit«. Auf der Bühne hat sich von seinen zahlreichen, einst sehr gern gesehenen Lustspielen und spezifisch wienerischen Possen nichts mehr erhalten. Zu erwähnen sind das eine Zeitlang (seit 1829) allerorten gegebene Drama »Die Waise und der Mörder« und eine nicht unglückliche Travestie der Schicksalstragödien Müllners und Houwalds: »Der Schicksalsstrumpf«. Die besten seiner Erzeugnisse dürften die »Gedichte in niederösterreichischer Mundart« (Wien 1828) sein, womit er die österreichische Dialektpoesie (Seidl, Stelzhamer, Kaltenbrunner) anregte. Eine vollständige Sammlung seiner Gedichte erschien in 6 Bänden (Berl. 1835), eine Ausgabe seiner Werke in strenger Auswahl zu Wien 1844 in 16 Bänden (2. Aufl. 1848; dazu neue Folge, das. 1858, 6 Bde.). Auch gab er ein »Wörterbuch der Mundart in Österreich unter der Enns« (Wien 1847) heraus sowie »Memoiren meines Lebens. Gefundenes und Empfundenes« (das. 1861, 4 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 802.
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