Fichtenrinde

[544] Fichtenrinde, die Rinde mehrerer Pinus-Arten, die zum Gerben benutzt wird. Die Stammrinde der Fichte (Picea excelsa) ist für Österreich-Ungarn, Deutschland, Schweden, Norwegen, Finnland, für die Alpen, den Jura und einen großen Teil Rußlands das wichtigste Gerbmaterial. Lage, Standort und[544] Alter der Fichte üben den größten Einfluß auf die Güte des Produkts. Die alpinen Rinden sind besser als die der Ebene, und etwa 60jährige Bäume liefern bessere Rinde als jüngere Bäume. Starke Borke, die oft fast ebensoviel Gerbstoff wie das Fleisch der Rinde enthält, mindert deren Wert durch den reichen Gehalt an rotbraunem Farbstoff. Der durchschnittliche Gerbstoffgehalt beträgt 8 Proz. (beste Rinde aus den Alpen enthält bis über 14 Proz.), und die Rinde eignet sich daher nur zum Schwellen, nicht zum Ausgerben der Häute. Die beste Rinde erhält man, wo in höhern Lagen die Stämme zur Saftzeit gefällt und sofort geschält werden. Lärchenrinde von Larix europaea mit 9–10 Proz. Gerbstoff eignet sich sehr gut zum Gerben, wird aber wegen der relativen Seltenheit der Lärche wenig verwendet. Tannenrinde von Abies pectinata mit 5 Proz. Gerbstoff ist mit Zusatz von Dividivi, Myrobalanen etc. ein vortreffliches Gerbmaterial und wird in Österreich, der Schweiz und in Rußland verwendet. Die Aleppokiefer (Pinus halepensis) liefert zwei für die Mittelmeerländer wichtige Rinden. In Algerien und Tunis fällt man die Stämme, entfernt die Borke und schält die saftige Innenrinde ab (Snobarrinde, Snoubarrinde). In Süditalien, Griechenland, Dalmatien, in der Türkei etc. nimmt man nur die Borke (Scorza-rossa) von den lebenden Stämmen ab und läßt die saftige Innenrinde unberührt, so daß sie wieder neue Borke bildet. Die Scorzarossarinde enthält 13–15, die Snoubarrinde bis 25 Proz. Gerbstoff. Auch in Frankreich spielt die Rinde der Aleppokiefer eine große Rolle. Das damit gewonnene Leder heißt cuir d'Alger. Übrigens soll schon zur Zeit Theophrasts mit dieser Rinde in Griechenland gegerbt worden sein. Mit der nordamerikanischen Hemlockrinde von Abies canadensis sollen in den Vereinigten Staaten 80 Proz. sämtlichen Leders gegerbt werden. Man bereitet aus der Borke, die gerbstoffreicher ist als das Fleisch, den Hemlockextrakt (Millers Tannin) und bringt ihn in großen Mengen nach Europa.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 544-545.
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