Gangsystem

[320] Gangsystem (v. engl. gang, spr. gäng, »Truppe, Horde«) nennt man in England eine (jetzt kaum mehr übliche) Art der Verwendung wandernder ländlicher Arbeitergruppen, die entweder vom Eigentümer oder Pächter des Gutes selbst gedungen werden (private gangs) oder (als public gangs) im Dienst eines Unternehmers (Gangmeister, gangmaster) stehen, der im Akkord die Ausführung von Arbeiten für den Gutsbesitzer übernimmt. Der Gangmeister wirbt auf eigne Rechnung Gänge an, die, von Ort zu Ort umherziehend, bei ungenügendem Lohn und unzureichender Unterkunft nach Marx ein echtes »wanderndes Ackerbauproletariat« bilden. Da auch Weiber, junge Burschen, Mädchen und Kinder solchen Gruppen angehörten, was zu sittlicher Verwilderung führte, so sah man sich genötigt, durch Gesetz vom 20. Aug. 1867 gegen das G. einzuschreiten. Das Gewerbe des Gangmeisters wurde als konzessionspflichtig erklärt. Frauen dürfen in demselben Gange nicht zugleich mit Männern und nur dann unter einem Gangmeister beschäftigt werden, wenn zugleich eine Frau für den nämlichen Gang als Gangmeisterin konzessioniert ist. Ähnliche wandernde Arbeitertruppen finden sich beim [320] Eisenbahnbau, Zuckerrübenbau (Rübenwanderer, s. Art. »Sachsengängerei«), in der Torfgräberei in Nordwestdeutschland und Holland (s. Hollandgänger). Vgl. W. Hasbach, Die englischen Landarbeiter in den letzten 100 Jahren (Bd. 59 der Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Leipz. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 320-321.
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