[317] Kombinationslehre (Kombinatorik, kombinatorische Analysis), Zweig der Arithmetik, der untersucht, auf was für verschiedene Arten eine gegebene Anzahl von Dingen (sogen. Elementen) angeordnet und zu Gruppen von weniger Elementen zusammengefaßt werden können. Auf die Dinge selbst kommt es dabei nicht an, sondern nur darauf, daß man sie voneinander unterscheiden kann, daß man also, wenn n die Zahl der Dinge ist, festsetzen kann, eines ist das erste, eines das zweite, eines das n-te, und daß umgekehrt jedes der n Dinge durch seine Nummer vollständig bestimmt ist. Jede Zusammenfassung von beliebig vielen der n Dinge heißt eine Komplexion, und zwar unterscheidet man die Komplexionen ohne Wiederholung, d. h. die, in denen jedes der n Elemente bloß einmal auftritt, von denen mit Wiederholung. Die erstern sind am wichtigsten und zerfallen in drei Gattungen: a) Permutationen (Vertauschungen), das sind die Komplexionen, die alle vorhandenen n Elemente und zwar jedes nur einmal enthalten, die sich also nur durch die Stellung der Elemente voneinander unterscheiden. Ihre Zahl ist: Pn=1.2.3...n oder n!, gelesen n Fakultät. b) Variationen unterscheiden sich von den Permutationen dadurch, daß in jeder Komplexion nur eine bestimmte Zahl, etwa m der n Elemente, eintreten; diese Zahl m bestimmt die Klasse der Variationen. Die Variationen erster Klasse, die nur je ein Element enthalten, heißen Unionen, die der zweiten Amben oder Binionen, die der dritten Ternen etc. Die Zahl der Variationen m-ter Klasse ist Vnm = n(n-1)(n-2)...(n-[m-1]). c) Kombinationen m-ter Klasse sind diejenigen Variationen m-ter Klasse, in denen alle vorkommenden Elemente in der durch ihre Nummern bestimmten natürlichen Reihenfolge auftreten, so daß also in einer Kombination auf jedes Element nur solche mit höhern Nummern folgen. Z. B. sind die Kombinationen der fünf Elemente 1, 2, 3, 4, 5 zur dritten Klasse diese: 123, 124, 125, 134, 135, 145, 234, 235, 245, 345, dagegen ist 341 keine solche Kombination, weil die Elemente 1 und 3 nicht die natürliche[317] Anordnung haben, so daß 3 auf 1 folgt, sondern eine sogen. Inversion bilden, da die höhere Nummer 3 der niedrigern 1 vorangeht. Die Kombinationen m-ter Klasse sind daher diejenigen Variationen m-ter Klasse, die keine Inversion enthalten; ihre Zahl ist:
gelesen n über m oder nm, gelesen n tief m. Endlich bildet man auch Variationen u. Kombinationen mit Wiederholungen, d. h. solche Komplexionen, in denen jedes Element mehrmals auftreten kann. So sind 11, 12, 13, 21, 22, 23, 31, 32, 33 die Variationen zweiter Klasse mit Wiederholungen aus den Elementen 1, 2, 3, und 11, 12, 13, 22, 23, 33 sind die entsprechenden Kombinationen. Auf der K. beruht der binomische Satz, die Theorie der Determinanten und die Wahrscheinlichkeitsrechnung; zu ihrer Entwickelung haben Wallis, Leibniz, Newton, Euler, besonders aber Jakob Bernoulli beigetragen, dessen »Ars conjectandi« (s. Wahrscheinlichkeit) die K. ziemlich erschöpft. Ende des 18. Jahrh. gehörten in Deutschland die Mathematiker fast alle der sogen. kombinatorischen Schule an, die in der erschöpfenden Ausstellung aller möglichen Kombinationen ihre Hauptaufgabe erblickte und deren einflußreichster Vertreter Hindenburg (s. d.) war. Heutzutage ist diese Schule und ihre Arbeiten mit Recht der Vergessenheit anheimgefallen. Vgl. Netto, Lehrbuch der Kombinatorik (Leipz. 1901).