[895] Lyell (spr. lai-ĕl), Sir Charles, Geolog, geb. 14. Nov. 1797 zu Kinnordy in Forfarshire, gest. 22. Febr 1875 in London (begraben in der Westminsterabtei), studierte seit 1816 in Oxford die Rechte, widmete sich aber bald der Geologie und wurde 1823 Sekretär der Geologischen Gesellschaft in London, 1831 Professor der Geologie am King's College. 1848 wurde ihm der Adel verliehen. Seine epochemachende Tätigkeit begann mit der Herausgabe der »Principles of geology« (Lond. 183033, 3 Bde.; 12. Aufl. 1876, 2 Bde.; deutsch von Hartmann, Weim. 184142, 3 Bde., und von Cotta, Leipz. 185758, 2 Bde.), in denen er den damals herrschenden gewaltsamen geologischen Methoden entgegentrat und zeigte, daß die gegenwärtig beobachtbaren geologischen Vorgänge vollkommen ausreichen, um den Bau der festen Erdkruste zu erklären, wenn sie sich nur oft genug in hinreichend großen Zeiträumen wiederholen. Diese Anschauung, die in ähnlicher Weise bereits v. Hoff in Deutschland ausgesprochen hatte, brach sich, weil L. sie beständig durch zahlreiche spezielle und unwiderlegbare Beobachtungen stützte, sehr schnell Bahn und[895] wurde bald die allein herrschende. Dem genannten Werk schlossen sich die »Elements of geology« (1837, 6. Aufl. 1865) an. Zur Prüfung seiner Prinzipien unternahm L. Reisen durch Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, die Schweiz, Skandinavien und Nordamerika; die Resultate veröffentlichte er in den »Travels in North America, with geological observations« (1845, 2 Bde.; neue Aufl. 1855; deutsch von Wolff, Halle 1846) wie in »A second visit to the United States« (1846, 2 Bde.; 3. Aufl. 1855; deutsch, Braunschw. 1851). L. bewies, daß die meisten Erhebungskrater Reste eingestürzter Aufschüttungskrater sind; er bestätigte die seit mehreren Jahrhunderten stetige Erhebung der Küsten Schwedens, gab eine einleuchtende Erklärung der Entstehung des Niagaratals durch das Zurückweichen der Fälle und eine Einteilung der tertiären Ablagerungen in eocäne, miocäne und pliocäne. In seinem letzten Werk: »Geological evidences of the antiquity of man« (1863, 4. Aufl. 1873; deutsch von L. Büchner, 2. Aufl., Leipz. 1874), zeigte L., daß das Alter des Menschengeschlechts sehr weit über die gewöhnliche Annahme zurückweiche. Er hat auch eine englische Übersetzung von Dantes lyrischen Gedichten (1845) geliefert. Sein Bildnis s. Tafel »Naturforscher II«. Vgl. die von seiner Schwägerin, Mrs. Lyell, herausgegebene Biographie: »Life, letters and journals of Sir Charles L.« (Lond. 1881, 2 Bde.) und Bonney, Charles L. and modern geology (das. 1895).