Ohrwürmer

[10] Ohrwürmer (richtiger Ohrwürmer [wegen ihrer Gestalt], Forficulidae), Familie der Geradflügler, langgestreckte Insekten mit beißenden Mundteilen, zwei kurzen, hornigen Flügeldecken und dünnhäutigen, fächerförmigen Hinterflügeln, bisweilen flügellos, vor den zusammengesetzten Augen mit fadenförmigen Fühlern, dreigliederigen Tarsen und am letzten Ring des Hinterleibes bei beiden Geschlechtern mit zwei großen gebogenen Zangen, die zur Verteidigung und zum Entfalten und Zusammenlegen der Flügel dienen. Sie leben lichtscheu unter Steinen, in Ritzen, Rinden, in Blüten etc. verborgen und gehen nachts auf Nahrung aus, die aus Blüten, Saft von Früchten und Insekten besteht. In der Gefangenschaft frißt ein Tier das andre auf. Ihren Namen verdanken sie dem irrigen Volksglauben, daß sie sich mit Vorliebe in die Ohren der Menschen verkriechen. O. leben in allen Weltteilen, am zahlreichsten in den Tropen, wo viele Arten nachts fliegen, kaum jenseit des nördlichen Polarkreises. Über 300 Arten in 31 Gattungen. Der gemeine Ohrwurm (Öhrling, Forficula auricularia L. s. Tafel »Geradflügler I«, Fig. 4), 9–20 mm lang, glänzend dunkelbraun, mit rostrotem Kopf und gelblichen Beinen, ist überall in Europa sehr gemein, lebt gesellig, beschädigt Nelkenblüten, Georginen, Blumenkohl, süße Früchte etc., frißt auch Insekten. Das überwinterte Weibchen bewacht die im Frühjahr hinter Rinde oder unter einen Stein gelegten Eier und die nach etwa einem Monat ausschlüpfenden weißen Jungen, die im Juli erwachsen sind. Man fängt die O. in kleinen Blumentöpfen, hohlen Stengeln etc. Der große Ohrwurm (Labidura gigantea L., s. Tafel »Geradflügler I«, Fig. 3), 11–13 mm lang, mit einem Zahn an jeder Zangenhälfte des Männchens, findet sich vereinzelt in Deutschland, England etc., in Vorderasien und Nordafrika.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 10.
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