Rechtsprecher

[669] Rechtsprecher (Rechtsmann, Gesetzsprecher), in den altschwedischen und westnordischen Rechtsverbänden ein Beamter, der das mündlich überlieferte Recht periodisch in der Landesversammlung vortrug (laghsaga). Durch unwidersprochenes Anhören des Vortrags seitens der Versammlung wurde derselbe zum Gesetz. Die ältesten Rechtsaufzeichnungen der Nordgermanen sind der schriftliche Niederschlag dieser mündlichen Überlieferung. Vgl. K. Maurer, Das Alter des Gesetzsprecheramtes in Norwegen (Münch. 1875). Anders ist die Bedeutung des Rechtsprechers oder Rechtweisers (êsago, urteilo, asega) bei den Friesen und bei einigen südgermanischen Völkerschaften, wie den Bayern und Schwaben; hier ist der R. mit dem Urteilsvorschlag in der Gerichtsversammlung betraut. In der Schweiz wird R. (Fürsprech) vielfach gleichbedeutend mit Rechtsanwalt gebraucht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 669.
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