[289] Sehpurpur (Sehrot), ein purpurroter Farbstoff, der die Stäbchen der Netzhaut (s. Gesicht, S. 730) bei den meisten Wirbeltieren durchtränkt und ungemein lichtempfindlich ist. Der S. schwindet, sobald man das Auge einige Zeit hellem Licht aussetzt, bildet sich aber beim Aufenthalt im Dunkeln aufs neue. Durch partielle Belichtung der Netzhaut kann man photographische Bilder, Optogramme, erhalten, indem die Netzhaut nur so weit gebleicht wird, wie das Licht sie trifft, und mit einer so vollkommenen Abgrenzung der Wirkung, daß die von den brechenden Medien auf den Augenhintergrund entworfenen Bilder scharfe, helle Zeichnungen in der purpurnen Fläche der Stäbchenschicht hinterlassen, die sich durch 24stündiges Einlegen in eine 4proz. Lösung von Kalialaun dauernd fixieren lassen. Bald nach der Entdeckung des Sehpurpurs faßte man ihn als wirkliche Sehsubstanz auf und nahm an, daß er den Lichtreiz auf den Sehnerv übertrage; da aber nur die Stäbchen und nicht auch die Zapfen mit S. versehen sind, da ferner dieser dem sogen. gelben Fleck, d. h. derjenigen Stelle der Netzhaut, die gerade als die Stelle des deutlichsten Sehens angesprochen werden muß, völlig fehlt, auch bei verschiedenen Tieren, die unzweifelhaft sehr gut zu sehen vermögen, vermißt wird, und da endlich Tiere, die, wie der Frosch, von Haus aus S. besitzen, auch dann noch gut sehen, wenn dieser durch grelles Licht völlig zerstört ist, so scheint der S. für das Sehen selbst nicht notwendig zu sein. Dagegen hat er Beziehungen zur Adaptation des Auges für die Dunkelheit (s. Gesicht, S. 730), wobei der S. nach Art der Sensibilisatoren in der photographischen Technik zu wirken scheint.