Spinalpunktion

[743] Spinalpunktion (Lumbalpunktion), ein von Quincke 1891 angegebenes Verfahren, durch Einstich einer Hohlnadel in den Hohlraum der Wirbelsäule die das Rückenmark umspülende Cerebrospinalflüssigkeit zu entleeren, um diagnostische und Heilzwecke zu erreichen. Es wird bei Seitenlage des Kranken und bei stark gekrümmtem Rücken eine 3–7 cm lange Hohlnadel in der Lendengegend so eingestochen, daß man zwischen dem zweiten und dritten Lendenwirbel in den Wirbelkanal eindringt. Man verletzt dabei das Rückenmark nicht, da es sich hier schon in einzelne Nervenstränge aufgefasert hat. Die aus der Hohlnadel aus fließende Flüssigkeit wird mittels eines Schlauches in ein gläsernes Steigrohr geleitet, um den im Wirbelkanal (und in der mit ihm zusammenhängenden Schädelkapsel) herrschenden Druck (im Mittel 125 mm Wasser) zu messen. Höherer Druck findet sich besonders bei Gehirnhautentzündung und Gehirngeschwülsten. Durch Entleerung von mehr oder weniger Flüssigkeit kann der Druck erniedrigt werden. Die ausgeflossene Flüssigkeit ist meist wasserhell, manchmal, namentlich bei akuten Gehirnhautentzündungen, durch Eitergehalt getrübt, sie enthält Blut, bei manchen Fällen von Hirnblutung und bei Schädelbrüchen. Bei tuberkulöser Gehirnhautentzündung enthält sie Tuberkelbazillen, bei Genickstarre Doppelkokken. Heilerfolge durch die S. sind bei gewissen Formen der Gehirnhautentzündung, auch beim Wasserkopf zu erwarten. Meistens erreicht man nur vorübergehende Besserungen der Hirnerscheinungen, namentlich der Kopfschmerzen, der Krämpfe und der schweren Benommenheit. Um rasche Drucksteigerung durch Wiederersatz der abgelassenen Flüssigkeit zu verhüten, hat man mittels einer Lanzette die harte Rückenmarkshaut geschlitzt, so daß die Flüssigkeit in die umgebenden Weichteile austreten kann. Auch hat man Medikamente (Tetanusheilserum) durch die zur S. dienende Hohlnadel direkt in den Wirbelkanal eingeführt (Duralinfusion).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 743.
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