[46] Stirn (Frons), bei den Wirbeltieren diejenige Gegend des Kopfes, welche die Stirnbeine zur knöchernen Grundlage hat. Im gewöhnlichen Leben wird die S. mit zum Gesicht gerechnet, das für den Anatomen erst unterhalb davon anfängt. Beim Menschen ist sie haarlos und ragt hervor, während sie bei den übrigen Säugetieren gewöhnlich behaart ist und stark hinter dem Mundteil zurücktritt. Die menschliche S., deren beide Stirnbeine gewöhnlich vor dem zehnten Lebensjahre noch nicht völlig verwachsen sind, erhält ihr besonderes Gepräge durch die starke Entwickelung des Vorder- oder Großhirns, das für den Sitz der Intelligenz gilt, weshalb auch die hohe, gerade, offene S. stets als Charakter der höhern Rassen und geistig bedeutender Persönlichkeiten gegolten hat, während die niedrige, zurückliegende S. den niedern Rassen eigen ist und bei ihnen den Eindruck der Prognathie (s. d.) vermehrt. Die hohe, gerade aufsteigende, wohlgewölbte S. gilt daher beim Mann als ein Schönheitsmerkmal, weil sie dem Gesicht einen majestätischen Eindruck verleiht; ein weibliches Gesicht verliert aber durch eine solche an Lieblichkeit, weil der Eindruck des Kindlichen und Jugendlichen verloren geht; die S. wird deshalb gern durch Herunterziehen des Haares verdeckt. Mit der Form der S. und ihrer Deutung beschäftigte sich bereits die Physiognomik der Alten, die eine besondere Stirnschau (s. Metoposkopie) ausgebildet hatte. Obwohl die S. am Mienenspiel nur durch die Augenbrauenmuskeln (musculi corrugatores supercilii) beteiligt wird, die das Stirnrunzeln hervorbringen, spielt die offene, eiserne, freche, trotzige etc. S. doch in der Sprache des täglichen Lebens eine große Rolle; »er hatte die S.« wird z. B. für »er war frech genug« gesagt. Bei den Gliedertieren (Insekten, Krebsen etc.) wird der zwischen den Augen liegende Teil des Kopfes gleichfalls S. genannt.