Weichselzopf

[468] Weichselzopf (Wichtel-o der Judenzopf, Trichoma, Plica polonica, Coma caesarea), eine durch grobe Unreinlichkeit hervorgebrachte, oft auch durch Ekzeme der Kopfhaut (Kopfgrind) und mangelnde Haarpflege bei langem Krankenlager beförderte Verfilzung der Kopfhaare zu einem undurchdringlichen Knäuel, in dem das Ungeziefer eine willkommene Brutstätte findet. Der W. war im Mittelalter, bis zum 16. Jahrh., auch in Deutschland nicht selten und soll sich in der Schweiz, in Belgien, am Rhein, im Elsaß »endemisch« gefunden haben. Jetzt kommt er bei uns nur ganz vereinzelt vor. Am häufigsten findet man ihn im Regbez. Posen (28,4 auf 10,000 Einw., Verhältnis der deutschen zu den polnischen Zopfträgern 1: 6, der Frauen zu den Männern 8: 1), in Polen und in den Donauländern, wo er abergläubisch als gutes Schutz- und Heilmittel gegen allerlei Krankheiten, gegen Behexung etc. gilt und sogar absichtlich erzeugt wird. Kann man den W. nicht einfach abschneiden und den Kopf und andre behaarte Körperstellen durch Waschungen ordentlich reinigen, so muß man den Zopf, wenn Ungeziefer vorhanden, nach gehöriger Durchtränkung mit Petroleum, mit den Fingern möglichst auseinander bringen, die Haare kämmen und jeden Schmutz aus ihnen entfernen, wobei natürlich die inzwischen ausgefallenen, in dem W. mit verfilzten Haare verloren gehen. Wird nach Entfernen des Leidens fortgesetzt für Reinlichkeit gesorgt, so ist es dauernd geheilt. Vgl. W. Neumann, Über den sogenannten W. (Leipz. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 468.
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