Zopf [1]

[993] Zopf (niederd. top), eigentlich das spitz zulaufende Ende eines Dinges, daher im Forstwesen der Baumgipfel, besonders des Nadelholzes, und (Topp) die Spitze des Mastes, vorzugsweise aber das lang zusammengeflochtene oder zusammengebundene Haupthaar, während Schopf das freie oder gebüschelte Haupthaar bezeichnet. Die Sitte, das Haar in einen Z. zusammenzufassen, war bei den Frauen zu allen Zeiten und überall verbreitet (vgl. Haare, S. 575 f.). Im Mittelalter trug man besonders in Frankreich und Italien die Zöpfe gern über die Schultern nach vorn gelegt und durchflocht sie auch wohl mit Goldfäden, Perlenschnüren und Borten. Bei Leistung gewisser Eide galt der Z. sogar als Rechtssymbol (man schwur »mit Hand und Mund, mit Z. und Brust«). Denn auch bei Männern begegnet der Z. im Mittelalter, anfangs nur an den Schläfen, in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. auch im Nacken. Eine ritterliche, von Albrecht 111. von Österreich (1365–95) gestiftete Gesellschaft trug ihn als Abzeichen, meist in silbernem, zopfähnlichem Futteral, im Nacken über der Rüstung. Allgemeiner war der Z. bei Männern im 18. Jahrh., nachdem Friedrich Wilhelm I. von Preußen ihn 1713 in seinem Heer eingeführt und er auch bei andern Ständen, besonders in Preußen, Eingang gefunden hatte. Seit dem Anfang der 1780er Jahre begann er zu schwinden, und nur auf den Köpfen einzelner älterer Leute erlebte er noch das 19. Jahrh. Wichtig ist das Verbot des Kaisers Franz vom 30. Juli 1805, das Soldaten und Offizieren den Z. verbot; ferner, daß in Kurhessen nach der Vertreibung der Franzosen beim Militär der Z. wieder eingeführt wurde, der sich dann noch bis 1821 hielt. Jetzt ist der Z. der Männer noch bei einigen slawischen Volksstämmen, namentlich bei den Morlaken in Dalmatien, üblich, die ihn mit schwarzwollenen Bändern durchflechten, mit Quasten und Zieraten von Zinn, Seide, Glas u. dgl. schmücken und oft noch irgend einen beschriebenen Zettel in Briefform (zapis) als Amulett daran hängen. Bildlich versteht man unter Z. altfränkisches Wesen, Pedanterie, Borniertheit und Unnatur etc. In der Kunst nennt man Zopf- oder Perückenstil denjenigen Stil, der eine Reaktion gegen die Üppigkeit des Rokokostils bildete und sein Ideal in geradliniger Steifheit, Nüchternheit und pedantischer Einfachheit sah. Die Formen der Antike wurden dabei, jedoch ohne tieferes Verständnis, nachgeahmt. Der Zopfstil ist der letzte Ausläufer des Renaissancestils und umfaßt etwa die Zeit der Regierung Ludwigs XVI. von Frankreich. Vgl. Rokoko.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 993.
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