Die zur Zeit gültigen Gesichtspunkte und Regeln für die Anlage von Ausstellungsbauten, die sich aus der geschichtlichen Entwickelung ergeben haben und zum Teil aus dem im Artikel Ausstellungsbauten Gesagten erhellen, sind etwa folgende. Wichtig ist zunächst die Wahl des Ausstellungsplatzes. Er soll bei ausreichender Größe und einer für zweckmäßige Bebauung geeigneten Form womöglich mäßige Bodenerhebungen, Baumbestand und Wasserflächen oder einen größern Wasserlauf aufweisen. Letztere beleben nicht mir das Bild und tragen zur Kühlung bei, sondern sie geben auch willkommene Gelegenheit zur Veranstaltung von Schaustellungen und Belustigungen aller Art. Die venezianischen Gondelfeste auf der Pariser Ausstellung von 1900 gehörten zu deren gelungensten und zugkräftigsten Unternehmungen und haben erhebliche Einnahmen gebracht. Von großer Bedeutung ist die Lage des Platzes. Die Stadtgegend, in der er angelegt wird, muß bequem für die Fremden sowohl als für den besser situierten Teil der Einwohnerschaft liegen. Es darf weder die Entfernung vom Verkehrsmittel punkte der Stadt zu groß sein noch darf es an bequemen Verkehrsmitteln für die Besucher sowohl als für den Transport von Ausstellungsgütern (Wasserläufe, Eisen- und Straßenbahnen, Omnibusse etc.) fehlen. Die Erfolge der Pariser und auch der amerikanischen Ausstellungen sind wesentlich mit auf die günstigen Platzverhältnisse zurückzuführen, während das bisherige Scheitern des Planes einer Weltausstellung in Berlin zum guten Teil mit auf die Schwierigkeit der Platzfrage zurückzuführen ist. Die Zahl der Ausstellungsbauten und ihre Gesamtanordnung auf dem Platze wird von der Art der Ausstellung abhängen. Für Sonderausstellungen genügt in der Kegel ein Hauptgebäude, für Welt- und größere Landesausstellungen empfehlen sich mehrere solche (für Industrie, Kunst, Maschinen, Berg- und Hüttenwesen, Ackerbau, Gartenbau, Verkehrswesen etc.); dazu werden in beiden Fällen fast immer Annexbauten treten. Darunter sind einmal Bauten für die Unterbringung von Gegenständen zu verstehen, die aus irgend welchen Gründen im Hauptgebäude nicht Platz fanden; dann aber auch, und zwar im weitern Sinne, sind es Baulichkeiten zur Ermöglichung von allerhand Darbietungen, die teils der Verpflegung, teils der Unterhaltung der Ausstellungsbesucher dienen (Erfrischungsgebäude aller Art, Schaubuden und alle erdenklichen, dem Vergnügen und der Unterhaltung gewidmeten Einrichtungen, Zeitungskioske, Panoramen und Theater, Anlagen für Sonderveranstaltungen, wie Vorführung alter Stadtbilder, kolonialer Zustände u. dgl. m.; auch Bäder, Waschräume und Aborte, Anlagen für Wasser-, Gas- und Elektrizitätszufuhr, Stufenbahnen, Kessel- und Maschinenhäuser etc.). Die Stellung der Hauptgebäude hat nach großen architektonischen Rücksichten derart zu erfolgen, daß zwischen und neben ihnen weite, übersichtliche Plätze gewonnen werden, auf die sich die Annexbauten malerisch verteilen. Die Restaurationen sind mit gutem Überblick über das Ganze, die Verwaltungsgebäude nahe dem Haupteingang, die Kessel- und Maschinenhäuser, Kistenmagazine etc. versteckt, unter Umständen auf Nebenterrains unterzubringen; die Aborte müssen über den ganzen Platz leicht auffindbar und doch nicht ins Auge fallend verteilt werden. Gärtnerische Anlagen, Wasserkünste (Springbrunnen, Kaskaden und leuchtende Fontänen), Konzertpavillons und dergl. Einrichtungen auch für abendliche Unterhaltungen dürfen nicht fehlen. Bei der Einrichtung der Gebäude, insbesondere der Hauptgebäude, im einzelnen ist vor allem für Erweiterungsfähigkeit, leichte Zugänglichkeit von allen Seiten, Übersichtlichkeit und doch wieder richtige Absonderung der Gruppen sowie für Gewinnung von Wandfläche zu sorgen. Dabei dürfen die großen, von den Ausstellungsunternehmern hergerichteten Räume, in die sich die Gruppen einbauen, durch diese nicht verbaut werden. Anderseits dürfen sie durch ihre der Allgemeinheit dienenden Einrichtungen, ihre Konstruktion, die Anbringung der Orientierungsvorkehrungen etc. die Ausstellungsgegenstände nicht so beeinträchtigen, wie dies z.B. in Paris im Jahre 1900 der Fall war. Von den beiden Hauptsystemen, dem einheitlichen Hallenbau, insbesondere in seiner zweckmäßigen Form des Pavillonsystems, einerseits und dem linear, sei es fischgrätenartig oder strahlenförmig oder sonstwie gegliederten, vielleicht mit Kojen versehenen Bau anderseits, wird je nach den Verhältnissen und dem Ausstellungsbedürfnis das eine oder andre zu wählen sein, unter Umständen empfiehlt sich auch Vereinigung beider Systeme. Die weitere Einteilung des freien Ausstellungsraums in Standplätze und Wege innerhalb der obigen Grenzen ist von der Bauanlage ziemlich unabhängig, mehr Rücksicht auf die bauliche Gesamterscheinung hat die dekorative Behandlung der einzelnen Ausstellungen zu nehmen. In allen Fällen ist ein angemessener Platz für Repräsentationszwecke frei zu halten; auch dürfen Nebenräume für Verwaltung, Personal, Polizei, Feuerwehr, ferner Büfetts, Toiletten, Aborte, Garderoben etc. nicht fehlen. Besonderes Gewicht wird gern auf eine anziehende, eigenartige Ausbildung des Haupteingangsbaues gelegt, mit dem zweckmäßig die Räume für die Verwaltung verbunden werden, vorausgesetzt, daß die Ausstellung keinen zu großen Umfang hat. Die Maschinenhallen sind wegen der Transmissionen und des Gleistransports als langgestreckte Bauten über rechteckigem Grundriß zu gestalten. Häufig baute man einzelne Ausstellungsgebäude in monumentaler Weise, um sie dauernd für gewisse Zwecke zu erhalten. So stehen die Londoner und Münchener Glaspaläste von 1851/52 und 1854 heute noch. Das Hauptgebäude der Pariser Weltausstellung von 1855 ist fast ein halbes Jahrhundert hindurch als Industriepalast benutzt worden. Das Trocadéro-Gebäude, der Eiffelturm, die große Maschinenhalle der spätem Pariser Ausstellungen sind erhalten geblieben und haben teils erneut Ausstellungszwecken gedient, teils ist ihnen eine andre Bestimmung zugewiesen worden. Von der letzten Pariser Weltausstellung (1900) werden die beiden Kunstpaläste bestehen bleiben und ähnlichen Zwecken wie während der Ausstellung dienen. Auch bei der rheinisch-westfälischen Ausstellung in Düsseldorf (1902) bleibt das Kunstgebäude dauernd erhalten. Die Konstruktion der Ausstellungsbauten erfolgt am besten in Eisen und Glas oder in Holz. Hervorragendste Beispiele für die erstgenannte Bauweise, auch im ästhetischen Sinne, sind die Bauten der verschiedenen Pariser Weltausstellungen (vgl. Tafel I, Fig. 3; Tafel II, Fig. 7, und Tafel Eisenbau II, Fig. 2 u.4); eine bemerkenswerte Leistung ist auch der Berliner Pavillonsystembau (s. Tafel II, Fig. 8 u. 9). Vorzügliche Holzbauten wies namentlich auch die Kopenhagener Ausstellung von 1888 auf (vgl. Tafel I, Fig. 1). Im Gegensatze zu diesen frühern ersten Arbeiten ist man in neuerer Zeit mehr und mehr dazu übergegangen, mit Surrogaten zu arbeiten und den Ausstellungsbauten ein den strengern ästhetischen Anforderungen nicht entsprechendes Scheingewand anzulegen. So in Chicago 1893 und in Paris 1900. Dort sind die teils klassisch ernsten, teils dekorativ spielenden Architekturen dadurch hergestellt worden, daß man auf Eisen- und Holzgerüsten eine Frontarchitektur aus Gips und Drahtgewebe aufgebracht hat, womit man also über das wahre Wesen des Gebäudes hinwegtäuscht und somit gegen eine Regel gesunden Bauschaffens verstößt, von der die Ausnahme selbst bei dergleichen Eintagswerken nicht gemacht werden sollte. Die Beleuchtung erfolgt am besten durch hohes Seitenlicht, wie es sich bei der basilikalen Querschnittgestaltung der linearen Systeme von selbst ergibt. Bei einheitlichen Hallenbauten beleuchtet man entweder in ähnlicher Weise durch Laternen oder durch Oberlichte. Neuerdings wird auch elektrische Erleuchtung den Ausstellungsbauten nicht mehr fehlen dürfen.
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