Der größte bekannte Stausee war der um 2000 v. Chr. zur Bewässerung der Nilebene von den Ägyptern unter dem Hochwasserspiegel des Nils angelegte Möris-See, der im 3. Jahrh. v. Chr. zerstört wurde. Sein Inhalt wird auf 3000 Mill. cbm geschätzt. Der Nitokris-See in Assyrien soll die Wasser des Euphrat von 22 Tagen gefaßt haben. Diese sowie die uralten zahlreichen Stauseen Indiens und Chinas besitzen Erddämme.
Staudämme sind bis zu Höhen von 30 m als Erdschüttungen mit flachen Böschungen ausgeführt worden. Bei größern Höhen kommen Mauern, Staumauern, in Betracht. Im allgemeinen sind bei Tongrund Dämme, bei Felsgrund Mauern am Platz. Erddämme sollten in der Mitte einen bis über den höchsten Wasserstand reichenden, wasserdichten Kern aus Ton oder aus Gemäuer erhalten (Tafel I, Fig. 1). Zu den Staumauern verwendet man unregelmäßiges Bruchsteingemäuer in Zementmörtel oder Stampfbeton. Die ältesten Staumauern besaßen Italien und Spanien. Sie reichen mindestens bis ins 16. Jahrh. zurück. Wohl das älteste Werk, in dem der Bau von Talsperren erwähnt und als Mittel der Wildbachverbauung empfohlen wird, ist: »Del Tevere« von Andrea Bacci (Vened. 1576). Die 178591 erbaute Talsperre von Puentes in Spanien (Tafel I, Fig. 2) hatte 50 m Höhe und bildete einen Stausee von 53 Mill. cbm, wie er in solcher Größe bis heute in Europa nicht wieder erreicht worden ist. Allein die angewandte Pfahlrostgründung erwies sich hier als verfehlt. Möglicherweise bahnte sich das Wasser unter dem gewaltigen Druck allgemach einen Weg und unterspülte die Mauer, so daß sie 30. April 1802 brach und die Wasserflut 809 Häuser wegriß und 680 Menschenleben vernichtete. Eine der ersten geschichtlich feststehenden Versuche zur Bändigung eines Wildbaches mittels hoher Talsperre ist am obern Ende der Pontaltoschlucht im Fersinabach bei Trient gemacht worden (Tafel I, Fig. 3). Hier ließ 1537 der Bischof Bernhard aus Cles durch den Baumeister Franz Recamatore aus Verona ein hölzernes Wehr errichten, das aber schon 1542 durch Hochwasser zerstört wurde. Eine 1550 neuerbaute Sperre aus Trockenmauerwerk ging 1564 wieder zugrunde. 184750 wurde die Sperre, nachdem sie inzwischen noch dreimal eingestürzt war, aus großen Werkstücken ohne Mörtel 34 m hoch aufgeführt. Als sie aber durch die Hochflut von 1882 beschädigt wurde, entschloß man sich, 80 m weiter flußabwärts, in der 73 m tiefen Schlucht, auf hartem festen Kalkfelsen eine neue Sperre, die Madruzzasperre, zu errichten. Dies Meisterwerk hat 40 m Höhe, wurde durch Karl de Pretis entworfen und 188486 durch Cäsar Scotoni aus Trient ausgeführt. Es ist beschrieben und abgebildet im »Handbuch der Ingenieurwissenschaften«, 3. Teil, 4. Aufl., Band 6: F. Kreuter, Flußbau (Leipz. 1907).
Nach langem Stillstand ist in den 1850er Jahren der Bau großer Staumauern zuerst in Frankreich wieder aufgegriffen worden, und die durch Gräff und Delocre erbaute 50 m hohe, gemauerte Talsperre im Furens bei St.-Etienne (Fig. 4 u. 5) war die erste, die man der schwierigen Anfgabe einer statischen Berechnung unterzogen hat, um die richtige Querschnittform zu finden, obschon eine genauere Lösung dieser Aufgabe erst in neuester Zeit gelungen ist (S. Kreuter, On the design of masonry dams, Min. of. proc. of The Inst. of Civil Engineers, Lond. 189394, Bd. 115, Teil 1, sowie dessen »Berechnung der Staumauern« in der »Zeitschrift für Bauwesen« 1894, S. 465). Nach dem französischen Vorbilde wurde 188186 die Talsperre von Puentes wieder aufgebaut (Tafel I, Fig. 6). Sie ist 72 m hoch, bis heute das gewaltigste Bauwerk dieser Art in Europa. Der neue Stausee von Puentes faßt 40 Mill. cbm. Mit der Gründung ist man diesmal bis auf den Kalkfelsen hinabgegangen. In den folgenden Jahren hat man zunächst in Nordamerika und in Indien ungeheure Stauseen mittels Talsperren angelegt. Die in den 1890er Jahren durch A. Fteley erbaute Talsperre im Crotonfluß (Tafel I, Fig. 7 u. 8, u. Tafel II, Fig. 1) zur Versorgung von New York mit Trinkwasser besteht in einer Staumauer, die am linken Ufer in einen Damm (vgl. Tafel I) übergeht. Diese Staumauer, die größte der Erde, ist 297 Fuß oder 90,6 m hoch und bildet einen See von über 130 Mill. cbm Inhalt. Der 188692 durch W.J.B. Clerke für die Wasserversorgung von Bombay angelegte Tansasee hat einen Fassungsraum von 73 Mill. cbm, der sich auf 142 Mill. cbm erhöhen läßt, und wird gebildet durch eine Staumauer von 2,7 km Länge und 41 m größter Höhe (Tafel I, Fig. 9). Hierher gehört auch die Stauanlage bei Assuan in Ägypten, deren Ausführung 1888 und 1889 beschlossen wurde, um die weitere Entwickelung des Landes zu ermöglichen. Ein Stausee von 985 Mill. cbm Inhalt wird durch eine Talsperre von 39,6 m (Tafel I, Fig. 10) größter Höhe und 2 km Länge hervorgebracht. Die Talsperre enthält unter andern 140 Grundablässe von 7 m Höhe und 2 m Weite. Im ganzen beträgt die Querschnittfläche der Ablässe 2230 qm, so daß das gesamte Nilhochwasser 13,400 cbm hindurchzufließen vermag. Man hätte die Aufspeicherung bis auf 1975 Mill. cbm treiben können, unterließ es jedoch vorläufig, um den auf einer Insel oberhalb gelegenen Tempel von Philä nicht unter Wasser zu setzen. (S. »Zeitschrift für Bauwesen«, 1900, S. 361.)
Die 188896 durch J. Pennycuick erbaute Staumauer im Periyar in Indien (Fig. 11) ist 54 m hoch und besteht aus Stampfmörtel mit Bruchsteinverkleidung. Durch sie wird das Wasser des Periyar aufgestaut und mittels eines Tunnels auf die andre (nördliche) Seite der Wasserscheide zwischen Vaigai und Periyar geleitet, um das seit unvordenklichen Zeiten an Wassermangel leidende Gebiet von Madura zu bewässern, gleichzeitig aber im Stausee Ersatz aufzuspeichern für die nach N. abgegebene Wassermenge.
Die Kosten von 1 Mill. cbm aufgespeicherten Wassers werden im allgemeinen, unter einfachen Verhältnissen, um so geringer, je größer der Fassungsraum des Teiches. Sie betrugen z.B. rund bei
Remscheid | 536000 Mk. |
Alfeld | 400000 Mk. |
Puentes (neu) | 93000 Mk. |
Urfttal | 90000 Mk. |
Croton | 74000 Mk. |
Assuan | 17900 Mk. |
Für die Tansawasserwerke haben die Gesamtkosten 287 Mill. Mk. betragen, 21 Proz. mehr, als veranschlagt war. Die Ursachen waren große Überschreitung der Grundeinlösung, größere Gründungstiefe der Talsperre, Ausführung von 7,2 km Tunnel statt 4 km, schwierige Kreuzung des Kurla-Creek, vermehrte Anstaltkosten wegen des ungesunden Klimas und Aufbesserung der Unternehmer während des fortschreitenden Baues.
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