Weinstock

Zur Tafel ›Weintrauben‹: Übersicht der Rebsorten.

Durch die Kultur des Weinstocks sind zahlreiche Varietäten entstanden. Die Klassifikation und Beschreibung der Sorten bildet eine eigne Wissenschaft, die Ampelographie; zu deren Förderung wurde 1873 auf dem internationalen Önologenkongreß in Wien eine internationale ampelographische Kommission gegründet, die seitdem Jahresversammlungen gehalten und Berichte veröffentlicht hat.

Das Babosche Traubensystem, das von den meisten Ampelographen angewandt wurde, unterscheidet zunächst weiße und rote, blaue und schwarze Trauben und zerlegt jede Gruppe in drei Abteilungen: Beere länglich, Beere rund ins Längliche übergehend und Beere kugelig. Die Abteilungen zerfallen in drei Unterabteilungen: Blätter filzig, wollig-zottig und fast kahl. In den Unterabteilungen unterscheidet man Blätter mit kuppelförmigem, mit halbkugeligem und mit spitzem Endzahn. Lucas teilt die Trauben in rundbeerige, ovalbeerige und langbeerige und jede Gruppe in grüne, gelbe, graue, rote, blaue. So erhält er 15 Klassen, deren jede in drei Ordnungen zerfällt: großbeerige, mittelbeerige und kleinbeerige. Jede Ordnung zerfällt in drei Unterordnungen: frühreife, mittelfrühe und spätreife.

Ein ohne Berücksichtigung der Synonymen aufgestelltes Verzeichnis der Sorten umfaßt über 2000 Nummern; eine Sichtung führt auf etwa 350 Sorten, von denen jedoch nur 228 in den verschiedenen Rebschulen und Gärtnereien zu erhalten sind. Für den Weinbau sind besonders die folgenden Sorten von Wichtigkeit.

(K. = Keltertraube, T. = Tafeltraube.)

Blaufränkische, blaue (Limberger), K. für Rotwein, wie Portugieser, und mit dieser gemischt gebaut, besonders in Niederösterreich.

Blusard, blauer oder früher blauer (Poulsard), T., Frankreich.

Burgunder, blauer (Kläfner, blauer oder schwarzer), beste Rotweintraube für flache Hügellagen bei langem Schnitt und kräftigem Boden.

Burgunder, früher blauer (früher Kläfner, Augusttraube, Jakobitraube, Laurenzitraube), früheste blaue K. und T. für rauhere Gegenden; Deutschland und Österreich (Fig. 1 der Tafel).

Burgunder, weißer (weißer Kläfner, echter oder früher weißer Burgunder), sehr edle Weißweintraube, selbst in geringen Bodenverhältnissen und höhern Lagen noch gedeihend, besonders zur Champagnerfabrikation; Deutschland und Österreich.

Damaszener, früher weißer (Malagatraube), T. (Fig. 3 der Tafel).

Damaszener, weißer Muskat (Muskat-Alexandriner), K. und T., verlangt langen Schnitt, sehr gute Lage und hohe Erziehungsart.

Elbling, weißer (Weißalbe, weißer Sylvaner), äußerst tragbare K. für leichte Tischweine, in Deutschland sehr verbreitet, besonders für Massenproduktion.

Feigentraube, weiße (Sylvaner, weißer Muskat), T.

Gros Colman, blauer, T. (Fig. 5 der Tafel).

Gutedel, früher weißer (Diamant-, Perltraube), T.

Gutedel, geschlitzt-blätteriger grüner (Petersilientraube, spanische Traube), T.

Gutedel, halbgeschlitzt-blätteriger grüner (große Petersilientraube, große spanische Traube), T.

Gutedel, königsroter (königlicher Gutedel), T.

Gutedel, Muskat, weißer, T.

Gutedel, roter, K. und T. (Fig. 6 der Tafel).

Gutedel, weißer Krach- (gelber oder weißer Gutedel), K. und T. (Fig. 4 der Tafel).

Imperialrebe, feigenblätterige weiße, T.

Kadarka, blaue Keltertraube in sehr warmen Lagen, Ungarn.

Kölner, blauer, K. und T., Steiermark.

Malvasier, früher weißer, T.

Mosler (Shipon, Zapfner, Furmint), K., Steiermark.

Müllerrebe, blaue (Meunier), K., Deutschland, Frankreich.

Muskateller (Schmeckende, Kümmeltraube, Katzendreckler), gelber oder grüner, K. und T. für warme, steile Lagen und kräftigen Boden.

Muskateller, roter und schwarzblauer, blauer, T.

Orangentraube, gelbe, T.

Orléans, grüner oder gelber, T. und K., Deutschland.

Ortlieber, blauer, K., Steiermark.

Ortlieber, gelber (Kniperle), Elsaß, sehr tragbare, gute K. für höhere Lagen und langen Schnitt.

Portugieser, blauer (Porto), Deutschland und Österreich, eine fast in allen Verhältnissen ertragreiche T. und K. für Rotwein.

Portugieser, roter (Kralovina), Steiermark, K., sehr reich tragend für höhere Lagen.

Riesling, roter, K., Deutschland.

Riesling, weißer (Rheinriesling, Kleinriesling, Pfefferl), edelste und bukettreichste K. für trockene, warme Lagen, verlangt Spätlese.

Rotgipfler, weißer (Reifler), reich tragende, edle K., auch für höhere Lagen.

Ruländer, graurot (grauer und roter Kläfner), für guten Boden, flache Hügellagen und langen Schnitt empfehlenswerte, früh reifende K., auch zur Champagnerfabrikation.

St.-Laurent, blauer, frühzeitige, reich tragende K. für mittlere Lagen, zur Rotweinbereitung.

Seidentraube, gelbe oder grüne (Frühleipziger, früher Kienzheimer), T.

Steinschiller, roter (Rusitza), K., Ungarn, gibt in guten Lagen vielen, aber leichten Wein.

Sylvaner, grüner (Muska, Schönfeilner), selbst für ärmere Bodenarten und geringere höhere Lage noch eine gute, reich tragende K., verlangt langen Schnitt und gilt in rauhern Lagen auch als frühe T. (Fig. 2 der Tafel).

Traminer, roter, in gutem Boden mittlerer Lage und bei langem Schnitt eine sehr edle K.

Trollinger, blauer oder schwarzer (Fleischtraube, Frankenthaler, Schwarzwetscher), T. und K. mit bis 2 kg schweren Trauben, Deutschland.

Vanilletraube (geschlitzt-blätterige Basilikumtraube), T.

Veltliner, früher roter (rote Babotraube, früher roter Malvasier), K. und T., Niederösterreich.

Welscher, früher blauer, T. und K., Steiermark.

Welschriesling, weißer, für gute geschützte Gebirgslagen sehr tragbare und zur Erzeugung guter Tischweine geeignete K.

Zierfahndler, roter (roter Reifler, Gumpoldskirchner Spätrot), sehr ertragreiche, edle K. für warme Lagen und kurzen Schnitt.


Zur Erzielung eines guten Qualitätsweines sind für Weißweine zur Anpflanzung zu empfehlen: Weißer Riesling, Weißer Burgunder, Weißer Muskateller, Ruländer und Traminer; für Rotweine: Blauer Burgunder, Blauer Trollinger (Welscher). Zur Erzielung einer größern Quantität in geringern Lagen für Weißweine: Weißer Gutedel, Früher roter Malvasier, Gelber Ortlieber und Österreicher weißer Sylvaner; für Rotwein: Blauer Portugieser, St. Laurent, Müllerrebe, Blauer Sylvaner, Grauer Klävner.

Beste Tafeltrauben für Deutschland. Reifezeit Ende August: Madeleine Angevine, königliche Magdalenentraube, Frühe Malingre, Früher blauer Burgunder, Frühe von Saumür; Mitte bis Ende September: Grauer Tokajer, Früher weißer Malvasier, Früher Leipziger, Früher von der Lahn, Diamant-Gutedel, Österreicher, Blauer Portugieser, Früher roter Malvasier; Anfang bis Mitte Oktober: Rotstieliger Dolcedo, Pariser, Königs-, Roter und Weißer Gutedel, Blauer, Roter, Weißer Muskateller, Vanilletraube, Blauer Alexandriner. Mitte bis Ende Oktober (nur für Süddeutschland an rein nach Süden gelegenen Mauern anzupflanzen): Blauer Trollinger (blauer Welscher), Muskat Hamburg, Kalabreser, Gelber St. Lorenz, Veltliner und Blauer Damaszener. Empfehlenswerte amerikanische Traubensorten: York Madeira, Isabella, Senasqua, Lindley, Delaware, Agawam und Royers Hybrid.

Zum Treiben benutzt man besonders Frankenthaler (Blauer oder Schwarzer Trollinger, Black Hamburgh, Fleischtraube und in Tirol Vernatsch), der den höchsten Ertrag liefert, weil er sehr gut ansetzt, sich gut befruchtet und schöne, große, dunkelblaue Trauben von erster Qualität im Geschmack liefert, die den Versand gut ertragen, weil die Beeren nicht zu weich und dünnschalig sind. Andre gute Treibsorten sind: Alphonse Lavallée, Gros Guillaume, Black Alicante, Lady Down Seedling, Buckland Sweetwater, Waltham Cross, Queen Victoria, Mister Penn, Golden Champion.


Literatur über Weinbau und Weinbereitung.

1) Ampelographie und Weinbau. Babo und Metzger, Die Wein- und Tafeltrauben (2. Ausg., Stuttg. 1853, 72 Tafeln); Babo, Der Weinstock und seine Varietäten (2. Ausg., Frankf. 1857); Bronner, Die wilden Trauben des Rheintals (Heidelb. 1857); Thudichum und Dupré, Origin, nature and varieties of wine (Lond. u. New York 1871); H. Goethe, Ampelographisches Wörterbuch (Wien 1876) und Handbuch der Ampelographie (2. Aufl., Berl. 1887); R. Goethe, Handbuch der Tafeltraubenkultur (das. 1895), Die Obst- und Traubenzucht an Mauern, Häuserwänden und im Garten (das. 1901) und der von H. und R. Goethe herausgegebene ›Atlas der für den Weinbau Deutschlands und Österreichs wertvollsten Traubensorten‹ (Wien 1874–78); Odart, Ampélographie universelle (5. Aufl., Par. 1862); Jullien, Topographie des tous les vignobles connus (6. Aufl., das. 1871); Guyot, Études des vignobles de la France (2. Aufl., das. 1876, 3 Bde.); Rendu, Ampélographie française (2. Aufl., das. 1857); Viala und Vermorel, Ampélographie, Traité générale de viticulture (das. 1902 ff., 6 Bde.); Molon, Ampelografia (Mailand 1906, 2 Bde.); Bronner, Klassifikation der Traubenvarietäten (Heidelberg 1878); Guillon, Étude générale de la vigne (Par. 1905); Barron, Die Weinrebe und ihre Kultur unter Glas (a.d. Engl., Stuttg. 1895); Rathay, Die Geschlechtsverhältnisse der Reben und ihre Bedeutung für den Weinbau (Wien 1888–89, 2 Tle.); Eisen, The raisin industry (kalifornische Weinkultur, San Francisco 1892); Ravaz und Viala, Les vignes américaines (Montpellier 1892); v. Babo und Rümpler, Kultur und Beschreibung der amerikanischen Weintrauben (Berl. 1885); Sahut, Die amerikanischen Reben, ihr Schnitt und ihre Veredelung (deutsch, Hannov. 1891); Vetter, Die Kultur der amerikanischen Reben (Ödenb. 1894); Teleki, Die Rekonstruktion der Weingärten mit Rücksicht auf die richtige Auswahl der amerikanischen Unterlagsreben (2. Aufl., Wien 1907); Piaz, Handbuch des praktischen Weinbaus (das. 1898); Stiegler, Der Rebschnitt und die wichtigsten Erziehungsarten (Graz 1898); Erdmann, Moderner Weinbau (Erfurt 1899); Betten, Erziehung, Schnitt und Pflege des Weinstocks (2. Aufl., Frankf. a.O. 1901).

2) Krankheiten des Weinstocks. Thümen, Die Pilze des Weinstocks (Wien 1878) und Die Blackrotkrankheit der Weinreben (das. 1891); Rathay, Der Blackrot (Klosterneuburg 1891); Viala, Les maladies de la vigne (3. Aufl., Montpellier 1893); Vetter, Die gefährlichsten Schädlinge des Weinstocks (Preßb. 1900); Kirchner u. Boltshauser, Atlas der Krankheiten und Beschädigungen des Weinstockes etc. (Stuttg. 1902).

3) Chemie des Weines, Weinbereitung, Kellerwirtschaft. Shaw, The wine and the cellar (Lond. 1863); Roth, Chemie der Rotweine (Heidelb. 1878) und Weinbereitung und Weinchemie (das. 1877, 2 Tle.); Hamm, Das Weinbuch (3. Aufl. von A.v. Babo, Leipz. 1886); Rawald, Das Buch vom Wein (4. Aufl. von Götz, Leipz. 1901); Grünhut, Chemie des Weines (Stuttg. 1897); Windisch, Die chemischen Vorgänge beim Werden des Weins (das. 1906); Maier, Die Ausbrüche, Sekte und Südweine (5. Aufl., das. 1906); Pasteur, Études sur le vin (2. Aufl., Par. 1872); Mohr, Der Weinstock und der Wein (Kobl. 1864); Neßler, Der Wein und seine Bestandteile (2. Aufl., Chemn. 1866) und Bereitung, Pflege und Untersuchung des Weins (8. Aufl. von Windisch, Stuttg. 1908); v. Babo und Mach, Handbuch des Weinbaues und der Kellerwirtschaft (3. Aufl., Berl. 1896, 2 Bde.); Goldschmidt, Der Wein von der Rebe bis zum Konsum nebst Beschreibung der Weine aller Länder (4. Aufl., Mainz 1906); Barth, Die Kellerbehandlung der Traubenweine (3. Aufl., Stuttg. 1907); über das Gallisieren die Schriften von Gall (s.d. 2) und Pohl, Behelfe zum Gallisieren (Wien 1863); Maumené, Traité théorique et pratique du travail des vins (3. Aufl., Par. 1890); Wortmann, Anwendung und Wirkung reiner Hefen in der Weinbereitung (Berl. 1895), Vorkommen und Wirkung lebender Organismen in fertigen Weinen (das. 1898) und Die wissenschaftlichen Grundlagen der Weinbereitung und Kellerwirtschaft (das. 1905); Kulisch, Anleitung zur Weinverbesserung (2. Aufl., das. 1903); Zawodny, Weinbau und Kellerwirtschaft in Frankreich (Innsbr. 1894); Piaz, Die Verwertung der Weinrückstände (3. Aufl., Wien 1895) und Die Weinbereitung u. Kellerwirtschaft (4. Aufl., das. 1896); Hellenthal, Hilfsbuch für Weinbesitzer etc. (11. Aufl., das. 1908).

4) Untersuchung des Weines. Borgmann, Anleitung zur chemischen Analyse des Weins (2. Aufl. von Fresenius, Wiesbad. 1898); Eckenroth, Die chemische Untersuchung des Weins (Würzb. 1895); Windisch, Die chemische Untersuchung und Beurteilung des Weins (Berl. 1896); ›Anweisung zur chemischen Untersuchung des Weins. Nach dem Beschluß des Bundesrates vom 29. Juni 1901‹ (das. 1901); Piaz, Die Untersuchung von Most und Wein in der Praxis (Wien 1897).

5) Kulturgeschichtliches, v. Carlowitz, Versuch einer Kulturgeschichte des Weinbaues (Leipz. 1846); Schultze, Geschichte des Weins und der Trinkgelage (Berl. 1867); Samuelson, History of drink (2. Aufl., Lond. 1880); Bassermann-Jordan, Geschichte des Weinbaus unter besonderer Berücksichtigung der bayerischen Rheinpfalz (Frankf. a.M. 1907, 3 Bde.); v. Zobeltitz, Der Wein (Bielef. 1901).

6) Zeitschriften. ›Annalen der Önologie‹ (Heidelb. 1869–83); ›Die Weinlaube‹ (Wien, seit 1869); ›Weinbau und Weinhandel‹ (Mainz, seit 1884); ›Deutsche Weinzeitung‹ (das., seit 1864); ›Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft‹ (Wiesbad., seit 1889); ›Weinmarkt‹ (Trier, seit 1881); ›Allgemeine Weinzeitung‹ (Wien, seit 1884); ›Rheinische Weinzeitung‹ (Kreuznach, seit 1897); ›Der deutsche Wein‹ (Trier, seit 1905); ›Weinbaukalender‹ (Klosterneuburg, seit 1872); ›Weinbau- und Weinkellerei-Kalender‹ (Kreuznach) u.a.

Eine Zusammenstellung der gesamten Weinliteratur gibt Blankenhorn, Bibliotheca oenologica (Heidelb. 1875). Vgl. außerdem die Literatur zu den Artikeln: Rheinweine, Moselweine, Pfälzer Weine, Italienische Weine etc.


Weintrauben.
Weintrauben.
Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909.
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