4.

Am 30. October trafen die Reisenden in Mannheim ein. Der Aufenthalt daselbst dauerte länger als beabsichtigt war, und obwohl die günstigen Aussichten, welche sich anfangs eröffneten, nicht in Erfüllung gingen, bildeten die in Mannheim verlebten Monate für Wolfgangs musikalische Ausbildung wie für sein Gemüthsleben eine entscheidende Epoche.

Churfürst Karl Theodor1 hatte in seiner Jugend Schulstudien nach jesuitischem Zuschnitt gemacht, die Universitäten Leyden und Löwen besucht und Sinn für wissenschaftliche Beschäftigung, für Poesie, Kunst und Musik gezeigt, die letzte übte er selbst aus2. Der verschwenderische Glanz, welcher seine ganze Hofhaltung auszeichnete und in den Parkanlagen von Schwetzingen, wo er ein pfälzisches Versailles schuf, das die begeisterten Zeitgenossen als ein Paradies der [78] Cultur priesen, seinen Höhepunkt hatte, fiel zum Theil auch auf Wissenschaft und Künste.

Die im Jahr 1763 gestiftete pfälzische Akademie der Wissenschaften beförderte historische und naturwissenschaftliche Forschungen; Gemälde- und Kupferstichsammlungen, so wie der Antikensaal mit einer Auswahl erlesener Gipsabgüsse3 sollten in Verbindung mit einer Akademie die bildende Kunst heben; durch die im Jahr 1775 vom Churfürsten bestätigte deutsche Gesellschaft in Mannheim wollte man sich an dem regen Aufschwung der deutschen Litteratur bethätigen4. Klopstocks Anwesenheit in diesem Jahr war nicht ohne Einfluß geblieben; man suchte, nicht zufrieden mit den Schriftstellern, welche die neu erwachende Theilnahme für deutsche Litteratur in Mannheim erweckt hatte5, Männer von anerkanntem Ruf zu gewinnen, namentlich Lessing6 und Wieland7, obwohl ohne Erfolg. Erhöht wurde dieser Eifer durch den Plan an der Stelle des früher üblichen französischen Schauspiels ein deutsches zu gründen; das Nationaltheater wurde gebauet8, man hoffte in Lessing den ersten dramatischen Dichter, und in Eckhoff den ersten Schauspieler für die Leitung desselben zu gewinnen9, und da dieses mißlang wurde wenigstens durch [79] das Engagement Marchands eine der besseren Schauspielergesellschaften gewonnen10.

Unstreitig war aber die Musik das Gebiet, in welchem Mannheim, »das Paradies der Tonkünstler«11, den ersten Rang nicht erst zu erobern brauchte12. Auch hier machte sich das vaterländische Interesse geltend; anstatt der italiänischen großen Opern, denen sich Uebersetzungen komischer Opern anschlossen, die man jetzt auch schon aus Frankreich borgte, wollte man originale deutsche Opern haben13. Professor[80] Klein14 hatte die Oper Günther von Schwarzburg geschrieben, an der man freilich gar vieles auszusetzen fand15, allein die Mängel des Textes wurden durch die Musik des alten Kapellmeisters Holzbauer16 verdeckt, von der man nicht bloß im Allgemeinen rühmte daß sie vortrefflich gerathen [81] sei, sondern daß weder der französische noch der italiänische Geschmack darin herrsche, Holzbauer vielmehr »wahre deutsche originelle Gedanken darin angebracht habe«17. Im großen Operntheater18 wurde diese Oper mit Ballets und allem Glanz scenischer Ausstattung, den man nur an italiänische Opern verwendet zu sehen gewohnt war, im Carneval 1777 aufgeführt. Mozart, der sie gleich nach seiner Ankunft in Mannheim sah19, berichtete seinem Vater (16. Nov. 1777): »Die Musik von Holzbauer ist sehr schön; die Poesie ist nicht werth einer solchen Musik. Am meisten wundert mich daß ein so alter Mann wie Holzbauer noch soviel Geist hat, denn das ist nicht zu glauben, was in der Musik für Feuer ist«20.

[82] Auch Wielands von Schweizer componirte Alceste wurde auf die Bühne gebracht und beide aufgefordert eine neue Oper für Mannheim zu schreiben; als Mozart dort anlangte war man bereits mit den Vorbereitungen für die Rosamunde beschäftigt, zu welcher sowohl der Componist als der Dichter selbst erwartet wurde.

Die ausgezeichneten Sänger und Sängerinnen der Mannheimer Oper waren, Dank der trefflichen Gesangschule Holzbauers, fast nur Deutsche21. Unter diesen erregte Dorothea Wendling22 »die deutsche Melpomene der goldenen [83] Zeit zu Mannheim« wie Heinse (Schriften II S. 221) sagt, die allgemeine Bewunderung durch technisch vollendeten und seelenvollen Gesang23, welche durch ihre Schönheit24 und ihr treffliches Spiel25 gehoben wurde. Weniger [84] bedeutend, aber immer doch eine sehr achtbare Sängerin war die Schwiegerin Elisabeth Auguste Wendling26; eine Sängerin vom ersten Rang sowohl durch die Schönheit und den Umfang der Stimme als die allen Anforderungen der Kunst entsprechende Ausbildung derselben war aber Franciska Danzi27, welche zu der Zeit von Mozarts Aufenthalt in Mannheim auf Urlaub in London war28.

[85] Den Glanz dieser jugendlichen Sängerin überstrahlte indeß noch der europäische Ruhm des bereits alternden Tenoristen Anton Raaff29. Er war 1714 in dem Dorf Gelsdorf in Jülich geboren, studirte bei den Jesuiten in Köln und wurde Secretär des Oberhofmarschalls v. Gudenau. Seine schöne Stimme, die Leichtigkeit mit welcher er nach dem Gehör sang, veranlaßte ihn für sich allein nicht ohne Anstrengung die Noten zu lernen. Churfürst Clemens August, der ihn 1736 singen hörte, ließ ihn eine Partie in einem Oratorium einstudiren30 und nahm ihn mit nach München, wo er auf Ferrandinis (I S. 219) Aufforderung in einer Oper auftrat. Dies wurde die Veranlassung daß er sich zu Bernacchi nach Bologna begab, aus dessen strenger Schule, die er gewissenhaft durchgemacht hatte, er als einer der ersten Tenoristen seines Jahrhunderts hervorging. Er sang 1738 in Florenz bei der Vermählung der Maria Theresia, kehrte 1742 aus Italien nach Köln zurück und sang an verschiedenen deutschen Höfen, 1749 in Wien in Metastasios und Jomellis Didone31. Nach einem kurzen Aufenthalt in Italien ging er 1752 auf drei Jahre unter glänzenden Bedingungen nach [86] Lissabon, und von da 1755 nach Madrid, wo er mit Farinelli, obgleich er unter dessen Direction stand, in steter Freundschaft lebte32. Im Jahr 1759 ging er mit ihm fort und wieder nach Neapel, wo Naumann 1767 mit ihm zusammentraf. Hier, wird erzählt, machte sein Gesang einen so tiefen Eindruck auf die Fürstin Belmonte-Pignatelli, daß sie dadurch von einer tiefen Melancholie geheilt wurde, in welche der Tod ihres Gemahls sie versetzt hatte. Als er 1770 wieder nach Deutschland kam und Karl Theodor ihn aufforderte in seine Dienste zu treten, erklärte der bescheidene Mann, er werde sich glücklich schätzen, wenn der Churfürst mit seinen geringen Ueberresten zufrieden sein wolle. Indeß berief man ihn noch im Jahr 1772 nach Stuttgart um in Jomellis glänzend ausgestattetem Fetonte zu singen33, und in Günther von Schwarzburg gewann er neue Lorbeern. Seine Stimme war, wie auch Schubart (Aesthetik S. 137f.) versichert, der schönste Tenor den man hören konnte, von der Tiefe des Basses bis in die Region der Althöhe alle Töne gleichmäßig, voll und rein. Mit einer vollkommenen Meisterschaft in der Kunst des Gesanges, welche sich auch in einer bewundernswürdigen Fertigkeit vom Blatt zu singen und in der Kunst zu variiren und zu cadenziren kund gab, vereinigte er einen gefühlvollen Vortrag daß »sein schönes Herz in seinem Gesange wiederzuhallen schien«, und die einsichtigste Beurtheilung und ruhigste [87] Ueberlegung34. Diesen Vorzügen gesellte sich noch die reinste und deutlichste Aussprache zu, daß auch im größten Saale keine Silbe verloren ging. Als Mozart ihn zuerst hörte, machten die Schwächen des schon alten Mannes den Haupteindruck auf ihn; nachdem er ihn öfter gehört hatte, ließ er seiner Kunst mehr Gerechtigkeit widerfahren – er schrieb auch eine Arie für ihn –, doch war seine Weise zu singen ihm nicht einfach genug. In einem Brief aus Paris (12. Juni 1778) giebt er ausführlicher sein Urtheil ab, dem man ansieht daß er dem trefflichen Mann, den er liebte, nicht zu nahe treten und doch auch seine Ueberzeugung nicht verläugnen mag. In Mannheim, schreibt er seinem Vater, habe ihm Raaff nicht gefallen, weil er ihn dort auch nicht ordentlich gehört habe. »Hier endlich als er im Concert spirituel debutirte, sang er die Scene von Bach: Non sò d'onde viene, welches ohnedem meine Favoritsache ist, und da habe ich ihn das erstemal singen gehört. Er hat mir gefallen – das ist in dieser Art zu singen, aber die Art an sich selbst, die Bernacchische Schule, die ist nicht nach meinem gusto. Er macht mir zu viel ins Cantabile. Ich lasse zu, daß er, als er jünger und in seinem Flor war, seinen Effect wird gemacht haben, daß er wird surprenirt haben – mir gefällts auch, aber mir ists zu viel, mir kommts oft lächerlich vor. Was mir an ihm gefällt ist, wenn er so kleine Sachen singt, so gewisse Andantino, wie er auch so gewisse Arien hat, da hat er so seine eigene Art. Jeder an seinem Ort. Ich stelle mir vor, daß seine Hauptforce war die bravura, welches man auch noch an ihm bemerket, so weit es sein Alter zuläßt, eine gute [88] Brust und langer Athem – und dann diese Andantino. Seine Stimme ist schön und sehr angenehm. Wenn ich so die Augen zumache wenn ich ihn höre, so finde ich an ihm viel gleiches mit dem Meißner, nur daß mir Raaffs Stimme noch angenehmer vorkommt. Meißner hat wie Sie wissen die üble Gewohnheit daß er oft mit Fleiß mit der Stimme zittert, (I S. 508) – – nun das hat der Raaff nicht, das kann er auch nicht leiden. Was aber das rechte Cantabile anbelangt, so gefällt mir der Meißner (obwohl er mir auch nicht ganz gefällt, denn er macht mir auch zu viel) aber doch besser als der Raaff. Was aber die bravura, die Passagen und Rouladen betrifft, da ist der Raaff Meister, und dann seine gute und deutliche Aussprach, das ist schön, und dann, wie ich oben gesagt habe, Andantino oder kleine Canzonetti. Er hat hier teutsche Lieder gemacht, die sind recht herzig.« Daß er auch auf der Bühne nur Sänger und als Schauspieler bei einem ansprechenden Aeußeren doch immer steif und hölzern war wurde von Allen zugestanden, und wir werden auch Mozart später, als er Idomeneo für ihn schrieb, sich darüber beklagen hören. Im Leben aber bewährte Raaff eine Ruhe und Gleichmäßigkeit der Stimmung, welche auf der Festigkeit eines ehrenwerthen Charakters und einer echten Frömmigkeit beruhete, die er von Jugend auf bewährt hat35. Sein Wandel war sittlich rein, und so war auch sein Urtheil [89] wo die Moralität in Frage kam so gut wie über seine Kunst ernst und streng. Mitunter polterte er wohl heraus, übrigens war er von Herzen gutmüthig und wohlwollend, ein treuer zuverlässiger Freund und mit eigener Aufopferung hülfreich und wohlthätig36. Kein Wunder daß ihm auch Mozart, nachdem er ihm nahe gekommen war, stets mit herzlicher Anhänglichkeit zugethan blieb37.

Neben Raaff zeichnete auch sein Schüler Hartig38 sich als Tenorist aus39.

Nicht auf gleicher Höhe mit der Oper stand in Mannheim die Kirchenmusik40. Schubart (Selbstbiogr. 14 I S. 214) klagt, daß man den Kirchenstil geringer Aufmerksamkeit würdige, [90] die alten Messen verschmähe und neue einführe, die im weichsten und winzigsten Opernstil hingetändelt seien. Auch Holzbauers Compositionen für die Kirche findet er nicht so gelungen als seine dramatischen. »Seine Fugen und Allabreven jagen so furchtsam durcheinander und die Harmonie in denselben ist so dünne, daß man wohl sieht, Holzbauer habe den Contrapunct nicht tief genug studirt« (Aesthetik S. 132). Mozarts Urtheil lautete anders. Er hörte eine Messe von Holzbauer, »die schon 26 Jahre alt ist und aber recht gut ist« wie er seinem Vater schreibt (4. Nov. 1777). »Er schreibt sehr gut, einen guten Kirchenstil, einen guten Satz der Vocalstimmen und Instrumenten.« Dennoch war er mit der Kirchenmusik im Allgemeinen keineswegs zufrieden und getrauete sich nicht, wie er in demselben Briefe schreibt, eine von seinen Messen dort zu produciren. »Warum? – Wegen der Kürze? – Nein, hier muß auch Alles kurz seyn. – Wegen dem Kirchenstil? – Nichts weniger, sondern weil man hier jetzt bey den dermaligen Umständen hauptsächlich für dieIstromenti schreiben muß, weil man sich nichts Schlechteres gedenken kann, als die hiesigen Vocalstimmen. Sechs Soprani, sechs Alti, sechs Tenori und sechs Bassi zu zwanzig Violini und zwölf Bassi verhält sich just wie 0 zu 1; nicht wahr Hr. Bullinger? Dieß kommt daher, die Welschen sind hier jetzt miserabel angeschrieben. Sie haben nur zwey Castraten hier, und diese sind schon alt. Man läßt sie halt absterben. Der Sopranist möchte schon auch lieber den Alt singen, er kann nicht mehr hinaus. Die etliche Buben, die sie haben, sind elendig, und die Tenori und Basti wie bey uns die Todtensinger.« Noch schlechter war es mit der Orgel bestellt, [91] und über die beiden Hoforganisten gießt er die volle Schale seines Spottes41 aus.

Vor allen aber war es die Instrumentalmusik, durch welche Mannheim sich auszeichnete, und das dortige Orchester galt nach dem einstimmigen Urtheil für das erste in Europa. Es war zahlreicher und vollständiger besetzt, namentlich in den Blasinstrumenten als sonst damals gebräuchlich war42; Mozart lernte hier zuerst die Clarinetten als Orchesterinstrument [92] kennen43. Burney wußte nur einen Mangel zu bemerken, der damals aber in allen Orchestern hervortrat und auch heute nicht leicht zu beseitigen ist, die nicht immer ganz reine Intonation der Blasinstrumente44. Uebrigens war es nicht allein die Kraft eines wohlbesetzten, die Sicherheit und Gleichmäßigkeit eines tüchtigen Orchesters, welche man lobte, sondern ein sein schattirter Vortrag, wie man ihn früher nicht kannte45. Man verstand es Piano und Forte in den verschiedensten [93] Abstufungen wiederzugeben, das Crescendo und Diminuendo wurde in Mannheim erfunden und lange Zeit dort in einer Weise ausgeführt, die man an anderen Orten nicht nachzuahmen vermochte46; man wußte endlich diese und andere Mittel des Vortrags, wie die geschickte Verschmelzung der Blasinstrumente mit den Saiteninstrumenten47, in einer Weise zu verwenden daß ein wohlgegliedertes, sein nuancirtes Ganze zum Vorschein kam. Diese außerordentlichen Leistungen des Mannheimer Orchesters, welche bei den Zeitgenossen eine ähnliche Bewunderung erregten48 wie die des [94] Pariser Orchesters unter Habenecks Leitung in unserer Zeit, wurden dadurch begünstigt, daß dasselbe nicht bloß in der Oper, sondern in den regelmäßigen Musiken des Churfürsten spielte, der sich mit lebhaftem Interesse an denselben betheiligte49; und hier wurde in Symphonien und Concerten die eigentliche Instrumentalmusik gebildet und gepflegt50. So ausgezeichnete Leistungen setzten natürlich ausgezeichnete Kräfte voraus, und es befanden sich in der That in der Mannheimer Kapelle die trefflichsten und berühmtesten Künstler für jedes Instrument51; allein ihre Größe beruhte ebensosehr auf der vortrefflichen Disciplin des Orchesters, welche gerade so vielen bedeutenden Künstlern gegenüber festzuhalten kein kleines Verdienst war52. Dies hatte sich nach Stamitz [95] dessen Schüler und Nachfolger Cannabich53 erworben. Mochten seine Compositionen seiner Zeit von manchen Seiten überschätzt werden; er war ein ausgezeichneter Geiger, nicht allein als Solospieler, sondern vielleicht in höherem Grade als Anführer des Orchesters, und ein vorzüglicher Lehrer. Der größte Theil der Violinspieler im Mannheimer Orchester war aus seiner Schule hervorgegangen und diese Uebereinstimmung der Bildung trug nicht wenig zu der Einheit in der Ausführung bei. Cannabich, mehr nachdenklich als erfinderisch, hatte alle Mittel und Bedingungen von Orchestereffecten zum Gegenstand seiner Untersuchung gemacht, er strebte die Technik des Geigenspiels besonders nach dieser Richtung hin zu vervollkommnen und ging darauf aus tüchtige Ripienspieler zu bilden. Da er mit großer Einsicht und dem angebornen Talent zu dirigiren54 die Zuverlässigkeit [96] eines rechtschaffenen Charakters55 und den Ruf eines sittlichen, nüchternen Lebenswandels56 vereinigte, besaß er die Achtung und Zuneigung seiner Kapelle, und weil man sich ihm willig unterordnete, war er im Stande den Leistungen derselben einen so hohen Grad von Vollendung zu geben.

In Mannheim bildete sich ein eigenthümlicher Geschmack schon durch die Vielseitigkeit der Leistungen aus und Karl Theodor war darauf bedacht Componisten und Virtuosen verschiedener Art an seinen Hof zu ziehen oder für denselben zu beschäftigen57. Wenn auch italiänische Musik und Schule den Grund bildete, so mußte doch schon der Umstand daß es je länger je mehr deutsche Künstler waren, welchen die Pflege der Musik anvertrauet wurde, auf eine eigenthümliche Ausbildung derselben hinwirken, selbst ehe das nationale Element als solches mit ausgesprochener Absicht in den Vordergrund gestellt wurde. Ferner konnte in Mannheim sich am ehesten neben italiänischem auch französischer Einfluß auf die Musik geltend machen, und die Verbindung, welche der Churfürst von der Pfalz mit Paris unterhielt, wurde auch von seinen Musikern [97] nicht vernachlässigt, die von dort Geld, Anerkennung und mancherlei Impulse erhielten. Endlich mußte die Vorliebe für Instrumentalmusik, die weder bei Italiänern noch Franzosen gepflegt wurde, eine selbständige Richtung der musikalischen Production hervorrufen.

Der Aufenthalt in einer Stadt, welche an Bildungsmitteln, an bedeutenden Persönlichkeiten so reich war58, mußte auf Mozart einen tieferen und nachhaltigeren Einfluß haben, als dies in Salzburg, Augsburg oder auch in München der Fall sein konnte, und er kam zu einer Zeit nach Mannheim, wo das künstlerische und litterarische Streben sich frisch und thätig regte und zwar gerade auf dem Gebiet, für welches er sich vorzugsweise berufen fühlte, auf dem dramatischen, am lebhaftesten. Wir sehen aber nicht daß dieser Reichthum ihm irgend imponirte; im Gefühl seiner Selbständigkeit, im Vertrauen auf seine Kräfte und Leistungen gab er sich den neuen Eindrücken und dem anregenden Verkehr hin, in dem er sich es wohl sein ließ ohne sich irgendwie beschränkt zu fühlen. Anfangs wunderte er sich, daß man ihm nicht als einem schon bekannten mit mehr Achtung entgegenkam. »Heute bin ich mit Hrn. Danner59 bei Mr. Cannabich gewesen« schreibt er seinem Vater den Tag nach seiner Ankunft (31. Oct. 1777). »Er war ungemein höflich. Ich habe ihm etwas auf seinem Pianoforte gespielt (welches sehr gut ist) und wir sind mit einander in die Probe gegangen. Ich habe [98] geglaubt, ich kann das Lachen nicht enthalten, wann man mich den Leuten vorgestellt hat. Einige, die mich per renommée gekannt haben, waren sehr höflich und voll Achtung; Einige aber, die weiter nichts von mir wissen, haben mich groß angesehen, aber auch so gewiß lächerlich. Sie denken sich halt, weil ich klein und jung bin, so kann nichts Großes und Altes hinter mir stecken; sie werden es aber bald erfahren.« Das mochte freilich Mozart auch in späteren Jahren nicht gern ertragen, wenn seine kleine Gestalt, sein im gewöhnlichen Verkehr nicht bedeutendes Aeußere, von Anderen bemerkt, wohl gar hervorgehoben wurde, wenn auch im Gegensatz zu seinen Leistungen. Nach den Bildern früherer Zeit zu urtheilen mußte er damals auch einen sehr jugendlichen Eindruck machen, der nicht viel versprach; aber es kam so wie er sagte: er hatte bald durch seine Leistungen als Virtuos und Componist sich die Achtung und Bewunderung der Mannheimer Musiker erworben; die Gefälligkeit, mit welcher er sich ihnen durch seine Talente nützlich machte60, [99] seine Munterkeit und Behaglichkeit im Verkehr machten ihn beliebt. Je mehr die Erinnerung an die Salzburger Zustände zurücktrat, um so besser befand er sich. Schon von München konnte er seinem Vater schreiben (26. Sept. 1777): »Ich bin immer in meinem schönsten Humor. Mir ist so federleicht, seitdem ich von dieser Chicane weg bin! ich bin auch schon fetter.« Wie wohl wurde es ihm erst in Mannheim, wo er sich in einem Verkehr mit gebildeten Künstlern fand, der ihn anregte und befriedigte. Die Mitglieder der Kapelle, welche sich auszeichneten, waren dort gut bezahlt61 und auch sonst gut gehalten; die Vorliebe Karl Theodors für diese Kunst, seine wohlwollende Leutseligkeit im persönlichen Verkehr gab ihnen eine freie und leichte Stellung, so daß der Ton des Umgangs auch in diesen Kreisen ein liberaler und in jeder Hinsicht bequemer war. Schubart (Selbstbiogr. 14 I S. 210) rühmt ihnen nach, daß er in seinem Leben keine höflicheren Leute angetroffen habe; Haus, Tisch und Herz derselben habe ihm die ganze Zeit seines Aufenthaltes zu Gebote gestanden, und an allen Kunstübungen und Ergötzungen habe man ihn Theil nehmen lassen. Dieselbe Erfahrung machte auch Mozart, auch das konnte ihm bei längerem Verkehr freilich nicht entgehen, daß die frivole Leichtfertigkeit einer üppigen Hofhaltung, deren Einfluß Mannheim sich [100] nicht entziehen konnte62, auch manche Künstlerkreise berührt hatte.

Die freundliche Aufnahme, welche er bei Cannabich fand63, führte bald zu einer vertraulichen Freundschaft und einem täglichen Verkehr mit der Familie, an welchem auch die Mutter Theil nahm. Er speiste oft Mittags mit ihnen und es dauerte nicht gar lange, so fand er sich »al solito« zum Nachtessen bei Cannabichs ein und blieb den Abend dort; da wurde discurrirt, bisweilen auch gespielt, dann pflegte aber Wolfgang ein Buch aus der Tasche zu ziehen und zu lesen64. Daß er beim Musiciren nicht fehlte, versteht sich [101] von selbst; gleich in den ersten Tagen spielte er dort einmal seine sechs Sonaten alle hinter einander fort. Cannabich erkannte und würdigte das außerordentliche Talent, und wenn er sich dasselbe auch bei guter Gelegenheit nutzbar zu machen nicht verschmähete65, so war doch nicht Eigennutz der Grund seines Wohlwollens; er sowohl als seine Frau liebten Wolfgang aufrichtig wie einen Sohn, interessirten sich mit Eifer für sein Wohlergehen und bewährten sich ihm auch ferner als treue Freunde. Der Magnet, welcher Mozart gleich anfangs in dies Haus zog und eine Zeitlang dort fesselte, war Cannabichs älteste Tochter Rosa, die damals dreizehn Jahr alt war »ein sehr schönes, artiges Mädl«, wie er sie dem Vater beschreibt (6. Dec. 1777). »Sie hat für ihr Alter sehr viel Vernunft und gesetztes Wesen; sie ist serios, redet nicht viel, was sie aber redet, geschieht mit Anmuth und Freundlichkeit«66 [102] . Den Tag nach seiner Ankunft spielte sie ihm etwas vor, er fand daß sie ganz artig Klavier spiele und fing an einer Sonate für sie zu arbeiten an, um Cannabich eine Aufmerksamkeit zu erweisen. Das erste Allegro wurde auf denselben Tag fertig. »Da fragte mich derjenige Danner«, berichtet er dem Vater weiter »wie ich das Andante zu machen im Sinne habe. – Ich will es ganz nach demCaractere der Mlle. Rose machen. – Als ich es spielte, gefiel es halt außerordentlich. Der junge Danner erzählte es hernach; es ist auch so: wie das Andante, so ist sie«67. Aus dem Einstudiren der Sonate wurde dann ein förmlicher Unterricht, er gab dem jungen Mädchen täglich eine Stunde und war mit dem Erfolg sehr zufrieden. »Gestern hat sie mir wieder ein [103] recht unbeschreibliches Vergnügen gemacht«, schreibt er (6. Dec. 1777) »sie hat meine Sonate ganz vortrefflich gespielt. Das Andante (welches nicht geschwind gehen muß) spielt sie mit aller möglichen Empfindung; sie spielt sie aber auch recht gern«68.

Auch mit dem Flötisten Wendling69 trat er bald in näheren Verkehr. Cannabich führte ihn dort ein; »da war Alles in der größten Höflichkeit« berichtet er dem Vater. »Die Tochter, welche einmal Maitresse vom Churfürsten war, spielt recht hübsch Clavier70. Hernach habe ich gespielt. Ich war heute in einer so vortrefflichen Laune, daß ich es nicht beschreiben kann, ich habe nichts als aus dem Kopf gespielt und drei Duetti mit Violine, die ich mein Lebtage niemalen gesehen und dessen Autor ich niemalen nennen gehört habe. [104] Sie waren allerseits so zufrieden, daß ich – die Frauenzimmer küssen mußte. Bey der Tochter kam es mir gar nicht hart an; denn sie ist gar kein Hund«71. Er componirte der Mselle. Gustl auch gleich ein französisches Lied, wozu sie ihm den Text gab, das sie unvergleichlich vortrug, und das »beym Wendling« alle Tage gesungen wurde, wo sie »völlig Narren darauf waren«; er versprach ihr deren noch mehr zu machen, von denen eins wenigstens später auch angefangen wurde72. Auch für die Mutter wurde eine Arie mit Recitativ, welche er ihr zu componiren versprochen hatte, wenigstens skizzirt; sie hatte sich den Text aus Metastasios Didone73 selbst ausgesucht und war ebenso wie die Tochter »ganz närrisch auf diese Arie«74. Und Wendling selbst ging auch nicht leer aus; wir erfahren daß bei Cannabich ein Concert von ihm probirt wurde, zu welchem Mozart ihm die Instrumente gesetzt hatte (22. Nov. 1777).

[105] Wenn die stete Bereitschaft im Componiren Mozart Bewunderung und Zuneigung verschaffte, so machte er sich nicht minder als Orgel- und Klavierspieler geltend, während wir nicht mehr hören, daß er Violine gespielt habe. Er erzählt seinem Vater launig (13. Nov. 1777), wie er bald nach seiner Ankunft die Mannheimer durch sein Orgelspiel in Verwunderung gesetzt habe. »Vergangenen Sonntag« sagt er »spielte ich aus Spaaß die Orgl in der Kapelle. Ich kam unter dem Kyrie, spielte das Ende davon, und nachdem der Priester das Gloria angestimmt, machte ich eine Cadenz. Weil sie aber gar so verschieden von den hier so gewöhnlichen war, so guckte sich Alles um, und besonders gleich der Holzbauer. Er sagte zu mir: Wenn ich das gewußt hätte, so hätte ich eine andere Messe aufgelegt. – Ja, sagte ich, damit Sie mich angesetzt hätten! – Der alte Toeschi75 und Wendling [106] stunden immer neben mir. Die Leute hatten genug zu lachen, es stund dann und wann pizzicato, da gab ich allezeit den Tasten Bazln. Ich war in meinem besten Humor. Anstatt des Benedictus muß man hier allezeit spielen; ich nahm also den Gedanken vom Sanctus und führte ihn fugirt aus. Da stunden sie Alle da und machten Gesichter. Auf die letzt nach dem Ite missa est spielte ich eine Fuge. Das Pedal ist anderst als bey uns, das machte mich anfangs ein wenig irrig, aber ich kam gleich drein.« Später ließ er sich auch auf den vortrefflichen Orgeln der lutherischen und reformirten Kirchen hören76.

Auch als Klavierspieler erregte er allgemeine Bewunderung. »Der Wolfgang« schreibt die Mutter (28. Dec. 1777) »wird überall hochgeschätzt; er spiellet aber viel anderst als zu Salzburg, denn hier sind überall Pianoforte, und diese kann er so unvergleichlich tractiren, daß man es noch niemals so gehört hat: mit einem Wort, Jederman sagt, der ihn hört, daß seines gleichen nicht zu finden sey. Obwohl hier [107] Beecké gewesen, sowie auch Schubart, so sagen doch Alle daß er weit darüber ist in der Schönheit und gusto und Feinigkeit; auch daß er aus dem Kopf spiellet und was man ihm vorleget, das bewundern sie Alle aufs höchste.« Es fehlte ihm, obgleich in Mannheim das Klavierspiel gegen die Virtuosität auf den Orchesterinstrumenten zurücktrat77, doch nicht an Gelegenheit sich mit anderen Klaviervirtuosen zu messen. Der Abbe Sterkel78, einer der berühmtesten Klavierspieler jener Zeit, kam während jener Zeit nach Mannheim. »Vorgestern [108] auf den Abend« berichtet er dem Vater (26. Dec. 1777) »war ich al solito beym Cannabich und da kam der Sterkel hin. Er spielte fünf Duetti, aber so geschwind daß es nicht auszunehmen war, und gar nicht deutlich und nicht auf den Tact; es sagten es auch alle. Die Mlle. Cannabich spielte das sechste und in Wahrheit besser als der Sterkel.« Was ihm an Sterkel mißfiel, das Bestreben durch rasches Tempo und noch dazu beim a vista Spielen zu imponiren, während es doch nur ein Nothbehelf war um das zu verdecken was an einem wirklich künstlerischen Vortrag mangelte, das tadelte er auch an dem Spiel Voglers, des einzigen Mannheimer Klaviervirtuosen, und ungleich härter. Sein Urtheil über diesen ist zu wichtig für Mozarts Ansicht von den wesentlichen Erfordernissen eines guten Klavierspielers, als daß es hier nicht mitzutheilen wäre. Er erzählt seinem Vater (17. Jan. 1778) wie er bei einer großen Gesellschaft mit Vogler zusammengetroffen sei. »Nach Tische ließ er zwey Claviere von ihm holen, welche zusammen stimmen, und auch seine gestochenen langweiligen Sonaten. Ich mußte sie spielen und er accompagnirte mir auf dem andern Claviere dazu. Ich mußte auf sein so dringendes Bitten auch meine Sonaten holen lassen. NB. Vor dem Tische hat er mein Concert (welches das von der Litzau ist79)prima vista – herabgehudelt80. [109] Das erste Stück gingprestissimo, das Andante allegro und das Rondo wahrlich prestissimo. Den Baß spielte er meistens anders als es stand, und bisweilen machte er eine ganz andere Harmonie und auch Melodie. Es ist auch nicht anders möglich in der Geschwindigkeit; die Augen können es nicht sehen und die Hände nicht greifen. Ja, was ist denn das? so ein prima vista spielen, und – ist bey mir einerley. Die Zuhörer (ich meyne diejenigen, die würdig sind so genannt zu werden) können nichts sagen, als daß sie Musik und Clavierspielen – gesehen haben. Sie hören, denken und – empfinden so wenig dabey – als er. Sie können sich leicht vorstellen, daß es nicht zum Ausstehen war, weil ich es nicht gerathen konnte ihm zu sagen: Viel zu geschwind. Uebrigens ist es auch viel leichter, eine Sache geschwind, als langsam zu spielen; man kann in Passagen etliche Noten im Stiche lassen, ohne daß es Jemand merkt; ist es aber schön? – [110] Man kann in der Geschwindigkeit mit der rechten und linken Hand verändern, ohne daß es Jemand sieht und hört; ist es aber schön? – Und in was besteht die Kunst, prima vista zu lesen? In diesem: das Stück im rechten Tempo, wie es seyn soll, zu spielen, alle Noten, Vorschläge etc. mit der gehörigen Expression und Gusto, wie es steht, auszudrücken, so daß man glaubt, derjenige hätte es selbst componirt, der es spielt. Seine Applicatur ist auch miserabel: der linke Daumen ist wie beym seligen Adlgasser, und alle Läufe herab mit der rechten Hand macht er mit dem ersten Finger und Daumen.«

Das Urtheil ist in einer Weise ausgesprochen daß man – auch abgesehen davon daß ein junger Mann es vertraulich mittheilt – eine tiefe Abneigung gegen Vogler81 nicht verkennen kann, und diese tritt in allen Aeußerungen Mozarts über denselben, welche ihn nach keiner Seite hin anerkennen, [111] deutlich hervor82. Er hatte sich persönlich über Vogler nicht zu beklagen; vielmehr war dieser ihm entgegengekommen und hatte seine Bekanntschaft gesucht, während Mozart ihm aus gewichen war83. Daß nicht die Rivalität, in welcher beide als Componisten, Orgel- und Klavierspieler zu einander standen, Mozart bewog große ihn überragende Verdienste zu verkennen und gehässig zu verkleinern bedarf kaum einer Versicherung, obgleich sie beitragen konnte sein Urtheil zu schärfen. Von wesentlicherem Einfluß auf seine Stimmung war es wohl daß »das ganze Orchester von unten bis oben« gegen Vogler eingenommen war. Man betrachtete ihn als einen Eindringling, der seine angesehene Stellung in Mannheim erschlichen, Anderer Rechte gekränkt habe und gegen verdiente Männer wie Holzbauer intriguire; man legte ihm die Art wie er seine priesterliche Würde und seine Andachtsübungen zur Schau trug als Heuchelei aus84; man klagte über seinen Hochmuth, der nichts wolle gelten lassen, und fand seine eigenen Leistungen weit unter den Erwartungen welche er selbst rege machte. So war das Urtheil über ihn [112] in den Kreisen, welchen Mozart befreundet war, und es konnte nicht fehlen daß es auf diesen einen bestimmenden Einfluß übte. Wenn man aber auch von Allem absieht, was durch Partheileidenschaft und Klatscherei getrübt und entstellt sein mag, so wird es doch begreiflich daß zwei so verschiedenartige Menschen einander vielmehr abstoßen als anziehen mußten. Vogler war ohne Zweifel eine ungewöhnliche und bedeutende Natur; schon daß er so enthusiastische Anhänger und geschworne Feinde fand und seine Zeitgenossen in lebhafter Bewegung für oder gegen seine mannigfachen Versuche zu erhalten wußte dient als Beweis dafür. Er besaß musikalisches Talent, Verstand und Scharfsinn, und verband mit vielseitiger Beweglichkeit Energie des Willens, so daß er in Kunst und Wissenschaft Erhebliches erreichte, soweit das Technische – im weiteren Sinn gefaßt – reicht. Aber diese Eigenschaften können, wenn nicht eine wahrhaft schöpferische Kraft sie sich dienstbar macht und verwendet, weder ist Kunst noch Wissenschaft das letzte Ziel des unvergänglich Schönen und Wahren erreichen. Und diese Schöpferkraft fehlte ihm und mit ihr die innere Einheit, die verschiedenen ihm zu Gebote stehenden Kräfte scheinen sich einander zu hemmen statt zu fördern, der Musiker tritt dem Denker, der Denker dem Musiker in den Weg. Daher finden wir, daß er um starke Wirkungen hervorzubringen zu einer reflectirten Technik seine Zuflucht nimmt, welche zuletzt ihre Mittel außerhalb der Kunst sucht; mag es die Illustration eines ausgedachten Programms gelten, wobei die Charakteristik immer mehr in eine Häufung rein sinnlicher Effecte ausartet, oder ein Spiel mit raffinirten Schwierigkeiten theoretisch-musikalischer Art – und nach beiden Seiten hin ist er bis zur Charlatanerie gegangen –: immer bleibt der Hauptreiz solcher Leistungen das Interesse für dasjenige, was nicht aus dem Wesen des Kunstwerks [113] nothwendig hervorgeht, sondern von außen hinzugebracht ist. Diese Richtung der musikalischen Thätigkeit, bei welcher die allgemeine Geistesbildung stets das Deficit der künstlerischen Schöpferkraft decken soll, und daher je stärker sie zur Mitwirkung herangezogen wird um so entschiedener die natürliche Entwickelung des rein Künstlerischen hemmen muß, ist zuerst von Vogler eingeschlagen worden; die Weise, wie seine berühmtesten Schüler Weber und Meyerbeer dieselbe verfolgt haben, ist für die Entwickelung der modernen Musik verhängnißvoll geworden. Ein solches künstlerisches Streben läßt voraussetzen daß auch dem Menschen die innere Einheit fehle, welche der Ehrgeiz und die ihn begleitende Berechnung dem sittlichen Charakter sowenig als dem künstlerischen zu geben vermag; und die Widersprüche in Voglers Leben und Wesen, welche nicht etwa nur die sich entgegenstehende Urtheile verschiedener Personen sondern auch seine Anhänger bezeugen85, erscheinen ebenso begreiflich wie die Widersprüche seiner künstlerischen Natur. Stellen wir einem solchen Mann Mozart gegenüber dessen schöpferisches Genie in sich selbst Gesetz und Maaß trug, sein ganzes Wesen in jedem Moment durchdrang und bestimmte und auch die angestrengte Arbeit zur künstlerischen Freiheit erhob, dessen sittliche Natur durch [114] strenge Erziehung ohne an ihrer Gesundheit und Wahrheit einzubüßen seiner und edler geworden war, so begreift man, daß er sich instinctmäßig von ihm abgezogen fühlen mußte, und daß es tief in seiner eigenen Natur begründet lag, wenn er ihm entgegentrat, ihm selbst nicht völlig Gerechtigkeit widerfahren ließ. Daß Mozart durch sein Urtheil über Vogler, mit dem er sicher nicht hinter dem Berge hielt und dem sein Benehmen entsprochen haben wird, diesen empfindlich kränkte kann nicht zweifelhaft sein; ob dieser ihm, wie der Vater vermuthete86, durch seinen Einfluß geschadet habe ist nicht zu sagen, Wolfgang deutet nirgends darauf hin. Zu denjenigen, welche Vogler in Mannheim anhingen, gehörte Peter Winter87, damals Violinist in der Kapelle. Er war, wie es hieß88 »Voglers beinahe einziger Freund und Gesellschafter, wenigstens Herzensfreund«, und man bedauerte daß er dessen Eitelkeit täglich Opfer brachte; obgleich er selbst später nie Voglers Schüler genannt sein wollte89. Er scheint damals eine Abneigung gegen Mozart gewonnen zu haben, die dieser später empfindlich fühlen mußte.

[115] Den übrigen Mitgliedern der Kapelle wurde Mozart durch diese Stellung, welche er Vogler gegenüber nahm, nur noch vertrauter. Wendling hatte sich vorgenommen mit Ramm in den Fasten nach Paris zu reisen, wohin ihnen der Fagottist Ritter vorangehen sollte, um dort gemeinschaftlich Concerte zu geben; ein Componist und Klavierspieler wie Wolfgang war für eine solche Unternehmung der wünschenswertheste Gesellschafter und Wendling schlug ihm vor mit ihnen zu reisen. Dieser hatte die größte Neigung. »Wenn ich hier bleibe«, schreibt er seinem Vater (3. Dec. 1777) »so soll ich in den Fasten en compagnie mit Hrn. Wendling, Ramm, Oboist, welcher sehr schön bläst, Hrn. Balletmeister Lauchery nach Paris. Hr. Wendling versichert mich daß es mich nicht gereuen wird. Er war zweymal in Paris – er ist erst zurückkommen – er sagt, das ist noch der einzige Ort, wo man Geld und sich recht Ehre machen kann: Sie sind ja ein Mann, der Alles im Stande ist; ich will Ihnen schon den rechten Weg zeigen; Sie müssenOpera seria comique, Oratoire und Alles machen. – Wer ein Paar Opera in Paris gemacht hat, bekommt etwas Gewisses das Jahr; hernach ist das Concert spirituel, Academie des amateurs, wo man für eine Sinfonie 5 Louisdors bekömmt. Wenn man Lection giebt, so ist der Brauch für 12 Lectionen 3 Louisdor. Man läßt sonach Sonaten, Trio, Quatuor stechen par souscription. Der Cannabich, Toeschi, die schicken viel von ihrer Musik nach Paris. Der Wendling ist ein Mann der das Reisen versteht. Schreiben Sie mir Ihre Meinung darüber, ich bitte Sie. Nützlich und klug scheint es mir. Ich reife mit einem Mann der Paris (wie es jetzt ist) in und auswendig kennt; denn es hat sich viel verändert. Ich gebe noch so wenig aus, ja ich glaube daß ich nicht halb so viel depensire, weil ich nur für mich zu bezahlen habe, indem meine Mama[116] hier bleiben würde und glaublicherweise bei Wendling im Hause90. Den 12ten dieses wird Hr. Ritter, der den Fagott sehr schön bläst, nach Paris reisen. Wenn ich nun allein gewesen wäre, hätte ich die schönste Gelegenheit gehabt; er hat mich selbst angesprochen. Der Ramm Oboist ist ein recht braver lustiger ehrlicher Mann, etwa 35 Jahr, der schon viel gereist ist und folglich viel Erfahrung hat. Die ersten und besten von der Musik hier haben mich sehr lieb und eine wahre Achtung, man nennt mich nie anderst als Hr. Kapellmeister.«

Fußnoten

1 Karl Theodor, geb. 1724, trat im Jahr 1743 die Regierung als Churfürst von der Pfalz an und starb 1799 als Churfürst von Bayern.


2 Vgl. I S. 543.


3 Goethe Wahrheit und Dichtung B. 11 z. E. (Werke XVIII S. 48ff.) Schubart Selbstbiogr. 14 I S. 200f.


4 Häusser Geschichte der rhein. Pfalz II S. 943ff.


5 Ich nenne u. A. nur Gemmingen, Klein, Dalberg, Maler Müller, von denen die meisten uns als Mozarts Bekannte begegnen werden.


6 Guhrauer Lessing II, 2 S. 286ff.


7 Vgl. Wielands Briefe an Merck (bei Wagner I S. 105ff. II S. 104).


8 Eine Beschreibung giebt Müller Abschied von der Bühne S. 204f.


9 Müller, der im December 1776 in Mannheim war, berichtet (Abschied von der Bühne S. 267ff.) nach den eigenen Aeußerungen des Churfürsten und des Ministers v. Hompesch, wie voll man damals in Mannheim von diesen Aussichten war. Es ist bekannt daß, nachdem Lessing zu Anfang 1777 dort gewesen war, die Sache sich zerschlug, nicht zur Ehre des pfälzischen Hofes; Eckhof, der 1775 in Gotha eine ehrenvolle Stellung gefunden hatte, wollte diese nicht verlassen.


10 Devrient Geschichte der deutschen Schauspielkunst II S. 303ff.


11 So nennt es F.H. Jacobi (Briefe I S. 273). Wieland schreibt an Merck (Wagner II S. 116): »Nach Mannheim muß ich, denn ich will und muß einmal in meinem Leben mich recht an Musik ersättigen, und wann oder wo werde ich jemals dazu bessere Gelegenheit finden?«


12 Lord Fordice erklärte, wie Schubart (Aesthetik S. 131) erzählt, preußische Taktik und Mannheimer Musik setzten die Deutschen über alle Völker hinweg.


13 Der Churfürst sagte nach Müllers (Abschied von der Bühne S. 212f.) Bericht: »Sie wollten von nun an kein ausländisches Spektakel mehr an Ihrem Hofe halten. Sie hätten daher den Entschluß gefaßt auch auf ihrem Operntheater große deutsche Singspiele aus der vaterländischen Geschichte vorstellen zu lassen und würden damit den 5 Jänner den Anfang machen. Sie hatten Günther von Schwarzburg durch Holzbauern in Musik setzen lassen und wären von der Frankfurther Kaufmannschaft bereits angegangen, da die Geschichte dieses Singspiels für ihre Stadt interessant wäre, gegen Erlegung von 2000 fl. bei der ersten Vorstellung sich der zweyten und dritten Etage im Opernhause bedienen zu dürfen. Sie hätten ihnen aber sagen lassen, sie möchten nur kommen, denn die Oper würde unentgeltlich gegeben.« In diesem Sinne heißt es auch in einem Bericht aus Mannheim im Berliner litterarischen Wochenblatt 1776 z. E. (bei Guhrauer Lessing II, 2 S. 299): »Der Kapellmeister Holzbauer ist wie es heißt mit der Composition einer von Hrn. Prof. Klein verfertigten deutschen Oper fertig. Eine deutsche Oper, aus der deutschen Geschichte, von einem deutschen Dichter! deutsche Composition und auf dem besten deutschen Theater aufgeführt! Wer sollte sich nicht über diese heilsame Revolution des Geschmacks freuen!«


14 Anton Klein, geb. 1744 zu Molsheim, früher Jesuit, entwickelte später in Mannheim als dramatischer Dichter und Dramaturg sowie durch historische Schriften eine große litterarische Thätigkeit, in welcher er beharrlich eine nationale Tendenz verfolgte. Er starb 1810 als Freiherr und Geheimerath in Mannheim.


15 »In Mannheim höre ich« schreibt Wieland an Merck (Wagner I S. 100) »ist großer Lärm mit des Exjesuiten Kleins sogenannter Oper Günther von Schwarzburg. So monströs das Ding ist, so fürcht ich doch die Mannheimer möchtens mir für Neid und Mißgunst aufnehmen, wenn der Merkur davon spräche, wie sichs gebührt.«


16 Ignaz Holzbauer, geb. 1711 in Wien, sollte die Rechte studiren, gab sich aber der Musik hin und bildete sich selbst nach dem Gradus ad Parnassum von Fux. Er war anfangs Musikdirector bei Graf Rottal in Mahren in Wien, hielt sich auf wiederholten Reisen mit seiner Frau längere Zeit in Italien auf, wurde 1750 Kapellmeister in Stuttgart und 1752 in Mannheim, von wo aus er noch mehrere Reisen nach Italien unternahm um dort seine Opern aufzuführen; in den späteren Jahren war er besonders mit Compositionen für die Kirche und das Orchester und dem Unterricht beschäftigt. Er war ein gebildeter und kenntnißreicher Mann, dessen »inhaltschwere Gespräche über die Tonkunst« Schubart (Selbst. biogr. 14 I S. 213) rühmt, und Heinse (Briefe von Gleim und Heinse I S. 324) nennt ihn die lebendige Chronik der Musik des Jahrhunderts. Er starb 1783 in Mannheim. Eine Selbstbiographie von ihm findet sich in der musikalischen Correspondenz Speier 1799 S. 197ff. mit einem Nachtrag S. 132ff.


17 So äußerte sich der Minister v. Hompesch gegen Müller (Abschied von der Bühne S. 208f.). Schubart, der die Oper naher charakterisirt, bezeichnet als Holzbauers musikalische Eigenthümlichkeit »Deutschheit mit welscher Anmuth colorirt« (Aesthetik S. 131).


18 Müller (a.a.O. S. 213f.) beschreibt dasselbe als groß und prächtig. Burney hatte man gesagt, daß die Kosten der Beleuchtung des Hauses jeden Abend 480 fl. ausmachten und daß eine neue Oper in Scene zu setzen 48909 fl. aufgewendet würden (Reise II S. 72). Da der Zutritt unentgeltlich war, so brachten diese Opern nie eine Einnahme.


19 Die Mutter schreibt ihrem Mann (8. Nov. 1777): »Den zweyten Tag ist die große deutsche Opera betitelt Günther von Schwarzburg ausgeführt worden, welche sehr schön ist und eine unvergleichliche Music hat, ist auch ein wunderschönes Ballet dabey gewesen.«


20 Seine Kritik der Darstellung lautet so: »Die Prima Donna war die Mad. Elisabetha Wendling, nicht die Fluttraversisten Frau sondern des Geigers; sie ist immer kränklich und zudem war auch die Oper nicht für sie sondern für eine gewisse Danzi geschrieben, die jetzt in England ist; folglich nicht für ihre Stimme sondern zu hoch. Herr Raaff hat unter 4 Arien und etwa beiläufig 459 Täct einmal so gesungen daß man gemerkt hat, daß seine Stimme die stärkste Ursache ist, warum er so schlecht singt. Wer ihn eine Arie anfangen höret und nicht in demselben Augenblicke denkt, daß Raaff der alte vormals so berühmte Tenorist singt, der muß gewiß von ganzem Herzen lachen. Denn es ist halt doch gewiß; ich habe es bey mir selbst bedenkt: wenn ich jetzt nicht wüßte daß dies der Raaff ist, so würde ich mich zusammenbiegen vor Lachen, so aber – ziehe ich nur mein Schnupftuch heraus und schmutze. Er war auch sein Lebtag, wie man mir hier selbst gesagt hat, kein Acteur; man mußte ihn nur hören und nicht sehen; er hat auch gar keine gute Person nicht. In der Oper mußte er sterben, und das singend, in einer langen langsamen Arie, und da starb er mit lachendem Munde und gegen Ende der Arie fiel er mit der Stimme so sehr daß man es nicht aushalten konnte. Ich saß neben dem Flut. Wendling im Orchestre; ich sagte zu ihm, weil er vorher critisirte daß es unnatürlich seye so lange zu singen, bis man stirbt, man kanns ja kaum erwarten. Da sagte ich zu ihm: Haben Sie nur eine kleine Gedult, jetzt wird er bald hin seyn, denn ich höre es. Ich auch, sagte er und lachte. Die zweite Sängerin, eine gewisse Mlle Straßerin, singt sehr gut und ist eine treffliche Actrice. Hier ist eine teutsche Nationalschaubühne, die immer bleibt, wie zu München. Teutsche Singspiele giebt man bisweilen, aber die Singer und Singerinnen sind elend.« Mit dem Urtheil über Raaff stimmt auch die Mutter überein, indem sie schreibt (14. Nov. 1777): »Raaff ist ein guter ehrlicher Mann, der sonst weiter nichts machen kann; man kennt, daß er ein braver Sänger gewesen ist, nunmehro aber einbacket.«


21 In dem gleich zu erwähnenden Verzeichniß vom Jahr 1756 finden wir noch eine Reihe italiänischer Sänger aufgeführt, welche im Jahr 1767 nicht mehr fungiren.


22 Dorothea Spurni war geboren in Stuttgart 1737 und erhielt den ersten Unterricht von ihrem Vater, einem Hofmusiker. Im Jahre 1752 kam sie nach Mannheim und wurde als Hofsängerin engagirt; nachdem sie 1758 in Holzbauers Nitetti aufgetreten war, wurde sie die erklärte Prima Donna. Daß Jomelli von seiner Oper Cajo Fabrizio ursprünglich nur die große Partie der Giunia für Dor. Wendling geschrieben habe, wie Heinse (Schriften III S. 290) erzählt, beruht wohl auf Irrthum oder Verwechslung, da diese Oper bereits 1750 in Mannheim aufgeführt wurde. Schon im Jahr 1756 hatte sie den Flötisten Joh. Bapt. Wendling geheirathet; sie wurde mit ihm 1778 nach München versetzt, und lebte dort, nachdem er 1800 gestorben, als geschätzte Gesanglehrerin bis zu ihrem Tode im Jahr 1809.


23 Wieland schreibt aus Mannheim (24. Dec. 1777) an Sophie La Roche (S. 191): »Die Bekanntschaft mit Mad. Wendling, die meine Rosemund sein wird, und die Stunde, worin sie mir ihre Rolle zum erstenmal vorsang und voragirte, gehört unter das Angenehmste meines Lebens. Ihre Art zu singen übertrifft alles, was ich jemals, selbst von der berühmten Mara, gehört habe. Dies allein ist wahrer Gesang – Sprache der Seele und des Herzens, jeder Ton lebendiger Ausdruck des reinsten, innigsten Gefühls; der ganze Gesang eine fortwallende Schönheitslinie. Kurz ich könnte Stundenlang von dem herrlichen Weibe schwatzen und würde es nicht müde. Sie müssen sie hören, liebe Sophie! für eine Empfindsamkeit wie die Ihrige wirds ein wahres Fest sein.« Kritischer äußert sich Schubart (Aesthetik S. 144): »Sie hat sich als eine unserer besten Theatersängerinnen ausgezeichnet. Sie figurirte im französischen, welschen und deutschen Spiele, doch im komischen Fache weit mehr als im tragischen Sinn, fing früh an zu schettern – was im ernsten Vortrag die widrigste Wirkung macht.«


24 »In der Comödie« schreibt Heinse an Jacobi im Juli 1780 (Briefe von Gleim und Heinse I S. 324) »habe ich die Dorothea Wendelin mit ihrer Tochter gesehen, deren Stimme Seelenklang mir das Glück leider nicht vergönnt hat. Sie hat viel von dem in ihrem Gesicht, was ich bei den vortrefflichsten ihres Geschlechtes schon empfunden habe; das anschmiegende, feuchte, gluthstillende von Weibesliebe und dabei das schnelle, leicht bewegliche der Leidenschaft.«


25 »Ein Aerger erwartet Dich«, meldet Jacobi Wieland 29. Oct. 1777 (S. 279) »nämlich das Spiel der Sänger und Sängerinnen, die einzige Wendling ausgenommen.«


26 Sie war 1755 geboren und starb in München, wohin sie 1778 mit ihrem Mann dem Violinspieler Franz Anton Wendling versetzt wurde, im Jahr 1794.


27 Franciska Danzi, die Tochter des Violoncellisten Innocenz Danzi, war 1756 in Mannheim geboren, und zeichnete sich früh als eine bedeutende Sängerin aus. Burney, der sie im Jahr 1772 hörte, als sie kaum die Bühne betreten hatte, rühmt sie (Reise II S. 71) als ein »deutsches Frauenzimmer, deren Stimme und Singart brillant sind; sie hat dabei einen artigen Wuchs, einen guten Triller und einen Vortrag, der so wahr italiänisch ist, als ob sie ihr ganzes Leben in Italien zugebracht hätte.« Schubart (Aesthetik S. 143) preist ihre Höhe, indem sie das dreigestrichene a mit Klarheit und Deutlichkeit angebe, und ihre Fertigkeit in den schwierigsten Coloraturen; nur sei in rührenden und gefühlvollen Arien ihr Ton nicht dick genug, auch scheine sie mehr glänzen als das Herz treffen zu wollen; ähnlich urtheilt Busby (Gesch. der Musik II S. 404). Sie heirathete 1778 den berühmten Oboisten Ludw. Aug. Le Brun, mit welchem sie wiederholte Kunstreisen machte, die beiden großen Ruhm brachten, und starb 1791 in Berlin, wohin sie mit ihrem Mann auf Urlaub gegangen, ein Jahr nachdem Le Brun dort gestorben war.


28 Im höchsten Unmuth schreibt Wieland an Merck (Wagner I S. 108): »Stellen Sie sich einmal vor, – daß sie ihrer besten Actrice, einem Engel an Jugendreiz und Stimme, Urlaub auf ein Jahr gegeben haben nach Paris und London zu wallfahrten, – und daß sie nun keine Rosemunde haben und daß mein Stücklein, das vermittelst der holden Nymphe Danzi den allergewaltigsten Effect hätte machen sollen, können und müssen, nun aus Mangel einer Actrice die wie eine Rosemunde aussieht, und wie eine Rosemunde singt, vor die Hunde gehen wird.«


29 Lebensabriß und Charakteristik von Raaff ist gegeben A. M. Z. XII S. 857ff.


30 Es ist also nicht ganz richtig, wenn Heinse sagt (Schriften III S. 26): »So hat der Kurfürst Clemens von Bonn aus einem Bauerbuben den großen Raaff gebildet, zur Bewunderung auf den ersten Buhnen von Europa.« Denn die tüchtige Schulbildung, welche Raaff genossen hatte, trug wesentlich zu seiner eigenthümlichen Bedeutung als Sänger bei.


31 Metastasio schreibt der Fürstin Belmonte (opp. post. I p. 359): Un Tedesco nominato Raff eccellentissimo cantore, ma freddissimo rappresentante, nel carattere di Iarba à cambiato a suo vautaggio natura con maraviglia universale.


32 Einige Züge der Freigebigkeit und Huld, welche ihm in Portugal und Spanien zu Theil wurde, theilt Reichardt mit (Berlin. musik. Zeitg. 1801 I S. 278).


33 »Es läßt sich nicht beschreiben« sagt ein Augenzeuge (A. M. Z. XXIII S. 660) »mit welchem Glanz der Mohrenkönig – der zu dieser Rolle von Mannheim verschriebene Tenorist Raaff – im Gefolge von 300 berittenen Mohren unter einem kriegerischen Marsch auf der Bühne ans weiter Ferne erschien.«


34 »Raaff ist der reifste Sänger, den ich in meinem Leben gehört habe« sagt Schubart (Selbstbiographie 14 I S. 214). »Er beurtheilt sein Pensum mit dem Verstande und trägts dann mit dem Gefühl vor.«


35 »Raaff ist auch in anderem Betracht ehrwürdig«, sagt Schubart (Selbstbiographie 14 I S. 214) »denn er ist, was wenig Virtuosen sind – fromm.« Er hatte in seiner Jugend in den geistlichen Stand treten wollen, und als er 1742 aus Italien im vollen Glanz eines gefeierten Virtuosen zurückkam, suchte er beim Churfürsten um ein Canonicat nach, was dieser abschlug, weil er glaubte Raaff erfülle seine Bestimmung als Sänger besser. In seinem Alter theilte er seine Zeit fast ausschließlich zwischen Religionsübungen und Lecture.


36 Charakteristisch ist die Erzählung (A. M. Z. XII S. 876), wie ein ihm befreundeter Familienvater seine Unterstützung in einer großen, aber selbstverschuldeten Verlegenheit in Anspruch nahm. Raaff hielt ihm aufrichtig und ernst seinen Leichtsinn vor, dann verkaufte er unter der Hand seine Pretiosen und half mit dem Erlös jener Familie aus ihrer Noth.


37 Raaff lebte, nachdem er im Idomeneo 1781 zuletzt aufgetreten war, still und zurückgezogen im Verkehr mit wenigen Freunden in München und starb dort 1797.


38 Franz Hartig, geb. 1750, trat in Mainz, wo er die Rechte studirte, 1770 als Sänger in die Marchandsche Schauspielergesellschaft; auf Karl Theodors Veranlassung wurde er von Raaff ausgebildet und sodann als Opernsänger angestellt.


39 »Wir hatten dieser Tage den virtuoso Hartig hier« schreibt Jacobi an Wieland (8. Juni 1777 I S. 272) »Du solltest diesen Menschen singen hören! Das Recitativ aus der Alceste: O Jugendzeit, o goldne Wonnetage – haben wir viermal executirt. Ich wünschte Dir die Freude nur dieses Recitativ von diesem Sänger singen zu hören.«


40 Daß sie auswärts kaum geringeren Ruhm genoß als die Oper sieht man aus Wielands Eifer in Mannheim zeitig genug zur Christmette einzutreffen. »Denn ich wollte lieber ein Paar Finger als die Christmette in der Hofkirche zu Mannheim verlieren«; schreibt er an Merck (Wagner II S. 118) »das ist für mich eine Fête, die über alle Fêten und Opern geht.«


41 »Zwey Organisten haben sie hier, wo es der Mühe werth wäre, eigenst nach Mannheim zu reisen. Ich habe Gelegenheit gehabt, sie recht zu hören; denn hier ist es nicht üblich, daß man ein Benedictus macht, sondern der Organist muß dort allezeit spielen. Das erste Mal habe ich den zweyten gehört, und das anderte Mal den ersten. Ich schätze aber nach meiner Meynung den zweyten noch mehr als den ersten; denn wie ich ihn gehört habe, so fragte ich, wer ist der, welcher die Orgl schlägt? Unser zweyter Organist. Er schlägt miserable. Wie ich den Andern hörte, wer ist denn der? – Unser erster. Der schlagte noch miserabler. Ich glaube, wenn man sie zusammenstöße, so würde noch was Schlechteres heraus kommen. Es ist zum Todtlachen, diesen Herren zuzusehen. Der zweyte ist bey der Orgl wie das Kind beym Dreck; man sieht ihm seine Kunst schon im Gesichte an. Der erste hat doch Brillen auf. Ich bin zur Orgl hingestanden und habe ihm zugesehen, in der Absicht, ihm Etwas abzulernen. Er hebt die Hände bey jeder Note in alle Höhe auf. Was aber seine Force ist, ist, daß er sechsstimmig spielt, meistentheils aber quintstimmig und octavstimmig; er laßt auch oft für Spaaß die rechte Hand aus und spielt mit der linken ganz allein. Mit einem Worte, er kann machen, was er will, er ist völlig Herr über seine Orgl.«


42 Eine Uebersicht der Mannheimer Kapelle aus dem Jahr 1756 findet sich in Marpurgs kritischen Beiträgen II S. 567ff., aus dem Jahr 1767 in Hillers wöchentl. Nachrichten II S. 167ff., wo die Clarinettisten sich finden, die dort noch fehlten. Mozart schreibt seinem Vater (4. Nov. 1777): »Das Orchester ist sehr gut und stark; auf jeder Seite zehn bis eilf Violin, vier Bratschen, zwey Oboe, zwey Flauti und zwey Clarinetti, zwey Corni, vier Violoncelli, vier Fagotti, vier Contrabassi und Trompetten und Pauken.« Für die starken Trompetenchöre waren im Opernsaal auch hier (I S. 262) zwei Tribunen gebaut.


43 »Ach, wenn wir doch nur Clarinetti hätten!« schreibt Wolfgang seinem Vater von Mannheim (3. Dec. 1778). »Sie glauben nicht was eine Sinfonie mit Flauten, Oboen und Clarinetten einen herrlichen Effect macht.« Seitdem gebrauchte er sie, wenn es die Umstände zuließen, mit Vorliebe und hat durch die Art, wie er die vielseitigen Vorzüge dieses Instruments ausgebeutet hat, demselben seine Stelle im Orchester fest angewiesen. – Ursprünglich wurde die Clarinette, wie der Name (Clarinetto Diminutiv vonClarino) zeigt, der Trompete nahegestellt, wie denn auch das kunstmäßige Clarinblasen den hohen Tonlagen der Trompete einen der Clarinette verwandten Klang abzugewinnen verstand. Sie wurde daher meist bei Militair- oder Harmoniemusik verwendet, im großen Orchester erst später; auch dann selten und, wo sie nicht etwa einmal als Soloinstrument auftritt, meist nur zur Verstärkung der Blasinstrumente als Masse. In älteren Partituren, zum Theil auch in den Mozartschen, kann man noch wahrnehmen, wie sich die Clarinetten nicht selten, den Flöten und Oboen gegenüber, zu den Blechinstrumenten halten, und allmählich – wie die Fagotts sich von den Bässen und Bratschen losmachen und ihre Stellung bei den übrigen Blasinstrumenten einnehmen (I S. 533) – den Holzinstrumenten beigesellen, bis sie frei und selbständig in der Mischung der Klangfarben für das ganze Orchester verwendet werden.


44 Burney Reise II S. 74f.


45 Burney Reise II S. 74: »Seit der Entdeckung, auf welche Stamitzens Genie zuerst verfiel, sind alle Wirkungen versucht worden, deren eine solche Zusammensetzung von unartikulirten Tönen fähig ist. Hier ist der Geburtsort des Crescendo und Diminuendo, und hier war es, wo man bemerkte daß das Piano (welches vorher hauptsächlich als ein Echo gebraucht wurde und gemeiniglich gleichbedeutend genommen wurde) sowohl als das Forte musikalische Farben sind, die so gut ihre Schattirungen haben als Roth oder Blau in der Malerei.« Schubart Selbstbiographie 14 I S. 212: »Nirgends wird Licht und Schatten besser markirt, die halben, mittel und ganzen Tinten fühlbarer ausgedruckt, der Töne Gang und Verhalt dem Hörer so einschneidend gemacht, und die Katarakte des Harmoniestroms in seiner höchsten Höhe allwirkender vorgetragen als hier.« Vgl. auch den Bericht über das Mannheimer Orchester A. M. Z. I S. 882.


46 Reichardt sagt (Briefe eines aufmerksamen Reisenden I S. 11) vom Berliner Orchester: »Von dem Anwachsen und Verschwinden eines langen Tones oder auch vieler aufeinanderfolgender Töne, welches, wenn ich mich so ausdrücken darf, die ganze Schattirung einer hellen oder dunkeln Farbe durchgehet, und welches in Mannheim so meisterhaft ausgeführet wird, von diesem will ich hier gar nicht reden, denn Hasse und Graun haben sich desselben niemals bedient.« Er erzählt daß, als Jomelli dasselbe zum erstenmal anwandte, sich die Zuhörer beim Crescendo allmählich von den Sitzen erhoben und beim Diminuendo wieder Luft geschöpft und bemerkt hatten, daß ihnen der Athem ausgeblieben wäre; und diese Wirkung habe er in Mannheim an sich selbst empfunden.


47 Schubart Aesthetik S. 130: »Die blasenden Instrumente sind alle so angebracht, wie sie angebracht sein sollen: sie heben und tragen, oder füllen und beseelen den Sturm der Geigen.«


48 Schubart Aesthetik S. 130: »Kein Orchester der Welt hat es je in der Ausführung dem Mannheimer zuvorgethan. Sein Forte ist ein Donner, sein Crescendo ein Katarakt, sein Diminuendo wie in die Ferne hin plätschernder Krystallfluß, sein Piano ein Frühlingshauch.«


49 Der Baron von Montmorency, dessen Bericht Schlosser (Geschichte des achtzehnten Jahrh. II S. 252) mittheilt, erzählt, daß sowohl der Churfürst als die Churfürstin sich in dem Concert hören ließ welches nachmittags bei Hofe gegeben wurde, nicht ohne Spott, der sich aber besonders gegen den Fürstbischof von Augsburg richtet, welcher in einem Anzug, der sich eher für einen Knaben geschickt hätte, als Sänger in diesem Concert auftrat. Schubart, der zu einem Hofconcert zugezogen wurde, hörte den Churfürsten ein Flötenconcert »beinahe etwas furchtsam« spielen (Selbstbiogr. 14 I S. 209).


50 Burney Reise II S. 73.


51 Als Violinspieler sind Cannabich, Toeschi, Cramer, Stamitz, Fränzel zu nennen; Wendling als Flötist, Le Brun und Ramm als Oboisten, Ritter als Fagottist, Lang als Hornist zählten unter den ersten Virtuosen ihrer Zeit.


52 Burney Reise II S. 73: »Natürlicherweise hat ein stark besetztes Orchester große Kraft. Die bei jeder Gelegenheit richtige Anwendung dieser Kraft aber muß die Folge einer guten Disciplin sein. Es sind wirklich mehr Solospieler und gute Componisten in diesem als vielleicht in irgend einem Orchester in Europa. Es ist eine Armee von Generälen, gleich geschickt einen Plan zu einer Schlacht zu entwerfen als darin zu fechten.«


53 Christian Cannabich, geboren in Mannheim 1731, wurde von seinem Vater, einem Flötisten, dann von Stamitz unterrichtet und vom Churfürsten auf drei Jahre nach Italien geschickt, wo er namentlich Jomellis Unterricht genoß. Im Jahr 1765 wurde er Concertmeister, 1775 Musikdirector der Kapelle in Mannheim, ging als solcher 1778 mit nach München und starb dort 1798. Außer einigen Opern, die sich nicht auszeichneten, schrieb er Ballets, die großen Beifall fanden, mehrere Sinfonien und Quartetts, welche ihrer Zeit Glück machten. Schubart (Aesthetik S. 137f.) charakterisirt ihn naher; was Junker (Zwanzig Componisten S. 22ff.) von ihm sagt kann als Beleg für den Jargon seichter Kritiker jener Zeit dienen.


54 Schubart (Aesthetik S. 137): »Cannabich, von der Natur selbst zum Concertmeister gebildet; – er besitzt die Gabe mit dem bloßen Nicken des Kopfes und Zucken des Ellnbogens das größte Orchester in Ordnung zu erhalten. Er ist eigentlich der Schöpfer des gleichen Vortrags, welcher im pfälzischen Orchester herrscht. Er hat alle jene Zaubereien erfunden, die jetzt Europa bewundert. Das Colorit der Violinen hat vielleicht noch Niemand so durchstudirt wie dieser Meister. – So groß er als Concertmeister ist, so groß ist er auch im Unterricht. – Man kann die Pflichten des Ripienisten nicht vollkommner verstehen als Cannabich.«


55 Als seinen Freund, der mit der schönsten Kunsteinsicht das beste deutsche Herz verbindet bezeichnet ihn Schubart (Selbstbiogr. 14 I S. 210f. vgl. S. 227); ebenso werden wir ihn in seinem Verhältniß zu Mozart kennen lernen. Daß er durch seinen männlichen festen Charakter sich allgemein Liebe und Hochachtung erwarb wird ihm auch von München bezeugt A. M. Z. V. S. 276.


56 Schubart meint (Aesthetik S. 138), Cannabichs Erfindungskraft werde vielleicht dadurch geschwächt, daß er in seinem Leben keinen Wein trank.


57 Vgl. Schubart Aesthetik S. 129f. Ein Verzeichniß der großen Opern, welche unter Karl Theodor in Mannheim aufgeführt sind, giebt Lipowsky Baierisches Musik-Lexikon S. 387.


58 Schubart schildert die mannigfachen Anregungen, welche Mannheim damals darbot (Selbstbiogr. 14 I S. 196ff.).


59 Christian Danner, geb. 1745, war seit 1761 als Violinist in der Hofkapelle angestellt und später Concertmeister in Karlsruhe. Vielleicht kann auch sein Vater Georg Danner gemeint sein, der ebenfalls Mitglied des Orchesters war.


60 So schreibt er bald nach seiner Ankunft dem Vater (4. Nov. 1777): »Es waren einige von der Musik gerade dort [bei Cannabich], der junge Danner, der Waldhornist Lang und der Hautboist, dessen Namen ich nicht mehr weiß, welcher aber recht gut bläst und einen hübschen seinen Ton hat. Ich habe ihm ein Präsent mit dem Hautbois-Concert gemacht; es wird im Zimmer bey Cannabich abgeschrieben. Der Mensch ist närrisch für Freude. Ich habe ihm das Concert heute auf dem Pianoforte bey Cannabich vorgespielt, und obwohl man wußte daß es von mir war, so gefiel es doch sehr.« Und es gefiel so sehr daß Ramm in einer Akademie am 13. Februar 1778 »(zur Abwechslung) fürs fünfte mal« das Oboe Concert für Ferlendi spielte, welches dort »großen Lärm machte und des Hrn. Ramm sein cheval de bataille war.« Charakteristisch ist es daß ihn an dem Künstler, dem er mit einem so werthvollen Geschenk entgegenkam, nicht der Name, sondern nur sein Spiel interessirte. Er täuschte sich nicht. Friedrich Ramm, geb. 1744, zeichnete sich schon so früh auf der Oboe aus daß er 1758 in die Kapelle eintrat; häufige Kunstreisen stellten seinen Ruhm als eines der ersten Virtuosen auf seinem Instrument fest; an Größe des Tons und Vortrags stellte man ihn sogar über Le Brun, mit dem er, obwohl sie Rivalen waren, im freundschaftlichsten Vernehmen lebte. Im Jahr 1808 wurde in München sein Dienstjubiläum feierlich begangen (A. M. Z. X. S. 541ff.).


61 Man sagte daß auf Musik und Oper jährlich 209000 Gulden verwandt wurden; K. R[isbeck] Briefe I S. 332.


62 Schubart (Selbstbiogr. 14 I S. 223. 225) charakterisirt auch diese Seite des damaligen Lebens. K. R[isbeck] Briefe I S. 341: »Auch die Wellust ist durch das Beispiel der Großen bis in die Winkel der geringsten Bürger ausgebreitet worden. Es wimmelt da von Maitressen und eine Bürgersfrau halt es für unartig ihrem Mann getreu zu sein. – Das Frauenzimmer dieser Stadt ist übrigens sehr schön, artig und reizend.«


63 Eine Aeußerung, welche Mozart anfangs gegen seinen Vater über Cannabich thut (4. Nov. 1777): »er ist ganz ein anderer Mann als er vorher war; es sagt es auch das ganze Orchestre« läßt schließen, daß bei der Anwesenheit der Mozartschen Familie im Jahr 1763 die Berührungen mit Cannabich weniger freundlich waren.


64 Daß es mitunter auch lustig und ausgelassen herging bezeugt folgende humoristische Beichte, welche Wolfgang seinem Vater ablegt (14. Nov. 1777): »Ich Johannes Chrisostomus Amadeus Wolfgangus Sigismundus Mozart giebe mich schuldig, daß ich vorgestern und gestern (auch schon öfters) erst bei der Nacht um 12 Uhr nach Haus gekommen bin, und daß ich von 10 Uhr an bis zur benenneten Stund beym Cannabich in Gegenwart und en compagnie des Cannabich, seiner Gemahlin und Tochter, Herrn Schatzmeister, Ramm und Lang, oft und nicht schwer, sondern ganz leichtweg gereimet habe, und zwar lauter Unflätereyen, und zwar mit Gedanken, Worten und – – aber nicht mit Werken. Ich hätte mich aber nicht so gottlos aufgeführt, wenn nicht die Rädlführerin, nämlich die sogenannte Liesel mich gar so sehr dazu animiret und aufgehetzt hätte; und ich muß bekennen daß ich ordentlich Freude daran hatte. Ich bekenne alle diese meine Sünden und Vergehungen von Grund meines Herzens, und in Hoffnung sie öfter bekennen zu dürfen nimm ich mir kräftig vor mein angefangenes sündiges Leben noch immer zu verbessern. Darum bitte ich um Dispensation, wenn es leicht seyn kann; wo nicht, so gilt es mir gleich, denn das Spiel hat doch seinen Fortgang, lusus enim suum habet ambitum spricht der selige Sänger Meißner Cap. 9 p. 24, weiters auch der heilige Ascenditor, Patron des brennsuppigen Coffe, der schimmelichten Limonade, der Mandlmichel ohne Mandeln, und insonderheitlich des Erdbeer-Gefrornen voll Eisbrocken, weil er selbst ein großer Kenner und Künstler in gefrornen Sachen war.« Dergleichen war freilich nicht nach dem Sinne des Vaters, der in ernster Sorge. und großer Bedrängniß war, und ihm antwortete: »Du glaubst vielleicht mich in gute Laune zu bringen, wenn Du mir hundert Narrenspossen schreibst!«


65 »Cannabich muß von seinen Balletten ein recueil herausgeben aufs Clavier;« schreibt Wolfgang dem Vater (6. Dec. 1777) »er kann ohnmöglich das Ding so schreiben daß es gut herauskommt und doch leicht ist. Zu diesem bin ich ihm (wie ich es auch mit einigen contredanses schon war) sehr willkommen.«


66 Daß sie damals sehr anziehend gewesen sei bezeugt auch eine Aeußerung des Malers Kobell in einem ungedruckten Brief an Dalberg: »Wie viel solcher süßer unschätzbarer Augenblicke schenkte mir der Himmel in dem lieben Umgang mit der schönen Rose Cannabich. Ihre Erinnerung ist meinem Herzen ein Eden!« – Ich kann nicht angeben, ob die Sängerin und Klavierspielerin Cannabich, welche in Prag auftrat und dort den Advokaten Deveechy heirathete (A. M. Z. II S. 513), diese Rosa oder eine Schwester derselben war.Rosa Cannabich wird später von Leop. Mozart als Mad. Schulz erwähnt.


67 Das wäre also Programm-Musik und Mozart, wenn man wie billig den großen Abstand von Rosa Cannabich zu Child Harold und Mazeppa der fortschreitenden Zeit zurechnet, nach dieser Seite hin rehabilitirt. Indeß ist hier doch wohl noch ein Unterschied. Das anmuthige Wesen des jungen Mädchens hatte auf ihn den Eindruck gemacht, als sei darin eine Stimmung verkörpert, welche er musikalisch empfand; diese Erscheinung gab den Impuls ab, welcher seine productive Kraft in Thätigkeit setzte, die dann das musikalische Kunstwerk selbständig und frei gestaltete. Daß er diese Veranlassung anzumerken der Mühe werth hielt, ist ein Beweis daß es für ihn einen gemüthlichen Werth hatte und dies giebt ihm auch für uns ein Interesse; zum Verständniß des Kunstwerks ist die Kenntniß desselben nicht von Bedeutung, sowenig als ein Psycholog mit Hülfe dieser Notiz aus jenem Andante den Charakter der Rosa Cannabich zu construiren vermöchte.


68 Am 8. Nov. schrieb er: »Ich habe heute bey Hrn. Cannabich das Rondo zur Sonate für seine Mlle. Tochter geschrieben, folglich haben sie mich nicht mehr weggelassen.« Er schickte sie dann seiner Schwester und der Vater meinte (11. Dec. 1777): »Die Sonate ist sonderbar! Sie hat etwas vom vermanierirten Mannheimer goût darinnen, doch nur so wenig, daß Deine gute Art dadurch nicht verdorben wird.« Leider kann ich diese Sonate nicht nachweisen.


69 Joh. Bapt. Wendling, ein Elsässer, trat 1754 in die Mannheimer Kapelle und war als einer der ersten Flötenspieler berühmt. Er war, wie Schubart (Aesthetik S. 143) angiebt, mehr darauf aus das Schöne und Rührende hervorzubringen als das Schwere, Schnelle, Ueberraschende. Im Jahr 1778 wurde er mit nach München versetzt und starb dort 1800.


70 Schubart (Aesthetik S. 144) sagt von ihr: »Sie war zwar ehemals die erste Schönheit im Orchester; aber die natürliche Kälte ihres Charakters machte sie im Sang und Flügelspiel beinahe unbedeutend.« Eine Tochter von Elisabeth Wendling, Dorothea, wurde von ihrer Tante gleichen Namens ausgebildet und im Jahr 1788 in München als Virtuosa di camera für die Opera seria angestellt und man versprach sich eine zweite Mara und Todi von ihr (musik. Real-Zeitg. 1788 S. 23). Gerber wußte diese Damen nicht zu unterscheiden.


71 Wieland schreibt an Sophie La Roche (S. 192), daß sie einer Madonna von Rafael oder Dolce so ähnlich sehe, daß man sich kaum erwehren könne ihr, sobald man sie ansehe, ein Salve Regina zu adressiren; Heinse meinte, sie sehe aus wie eine völlige hundertblättrige Rose (Briefe von Gleim u. Heinse I S. 324).


72 Diese Arie gefiel auch dem Vater gar sehr; »sie machte mich wieder etwas leichter schnauben«, schreibt er (16. Febr. 1778), »da ich wieder etwas von meinem lieben Wolfgang sahe und etwas so Vortreffliches.« – Unter Mozarts Liedern (Oeuvres cah. V) sind auch zwei französische gedruckt Oiseaux, si tous les aus (11) und Dans un bois solitaire (18). Da sie in Mozarts späterem Verzeichniß nicht aufgeführt sind, so wird man sie wohl für die in Mannheim componirten zu halten haben; gegen welche Annahme der Stil derselben wenigstens nicht spricht.


73 Metastasio Didone II, sc. 4 Ah! non lasciarmi, no, bell idol mio.


74 Mozart pflegte in seinen Skizzen (ein Beispiel findet sich bei Nissen Anh. S. 28) die Singstimme und den Baß vollständig auszuschreiben, auch wohl einzelne Züge der Begleitung anzudeuten. Nach einem solchen Entwurf konnte man also von der Arie sich eine bestimmte Vorstellung bilden, man konnte sie singen und allenfalls begleiten. Ob diese Arie je ausgeführt worden ist, kann ich nicht sagen; ich finde weiter keine Spur davon.


75 Vielleicht ist Alessandro Toeschi gemeint, welcher in dem Verzeichniß bei Marpurg (krit. Beitr. II S. 567) im Jahr 1756 als Concertmeister und Director der Instrumental-Kirchenmusik angeführt ist, und ein geborner Romaner heißt. Zu gleicher Zeit werden als erste Violinisten Carl Joseph und Johann Toeschi genannt, wahrscheinlich seine Söhne. Carl Joseph Toeschi war bereits 1767 Concertmeister neben Cannabich und führte in der deutschen und französischen Oper an, wie Cannabich in der italiänischen (Burney Reise II S. 68). Er war bis zu seinem zwei und zwanzigsten Jahr ein vortrefflicher Sologeiger; dann legte er sich mehr aufs Componiren (Hiller wöchentl. Nachr. II S. 92). Mit der Mannheimer Kapelle wurde er nach München versetzt und starb dort 64 Jahr alt 1783. Johann Toeschi, den Burney im Jahr 1772 unter den bedeutenden Geigern Mannheims nennt (Reise II S. 68), ist also wohl der schon erwähnte, und mithin der jüngere Bruder, nicht, wie Fetis angiebt, der Sohn Josephs; er starb in München im Jahr 1893. Der Vater beider, von dem sonst nichts Näheres bekannt ist, müßte also, wenn er hier gemeint ist, seine Stelle bei Lebzeiten niedergelegt haben; doch kann der »alte Toeschi« allerdings auch den älteren Bruder bezeichnen. Offenbar herrscht eine Verwirrung in den Nachrichten über diese Familie, die ich nicht mit Sicherheit auflösen kann.


76 Als die neue Orgel in der lutherischen Kirche probiret wurde (18. Dec.), wozu man alle Kapellmeister einlud, kam ein vornehmer Lutheraner, wie die Mutter schreibt, und lud den Wolfgang mit aller Höflichkeit ein. Er fand dieselbe sehr gut, sowohl im Pieno als in einzelnen Registern, nur mit Vogler, der sie spielte, war er nicht zufrieden; deshalb spielte er selbst auch nicht viel, nur ein Präludium und eine Fuge, nahm sich aber gleich vor in der nächsten Zeit mit den befreundeten Familien wieder hinzugehen, und dann wollte er »sich auf der Orgl köstlich divertiren.« Auch in der reformirten Kirche – deren Orgel von Schubart (Selbstbiogr. 14 I S. 203f.) als eine ganz ausgezeichnete gepriesen wird – spielte er einmal einem Freunde anderthalb Stunden vor.


77 Winter, als ein echter Zögling der Mannheimer Kapelle, konnte wie sein Biograph berichtet (A. M. Z. XXVIII S. 466) gar nicht Klavier spielen, so daß er sich – wie Cannabich – seine Klavierauszüge von Andern machen lassen mußte. »Geschmack an diesem Geklimper, wie er es unter Freunden nannte, hatte er ohnehin nie finden können und Bogler, bei dessen Phantasien die Saiten herumflogen, die Tasten borsten, war eben auch nicht geeignet Mannheimer Virtuosen – deren Streben dahin ging ihr Instrument in eine vox humana umzuschaffen und auf demselben alle Schönheit des Portaments, des Schatten und Lichtes in Ton und Vortrag hervorzubringen – die Uebung des Pianoforte anzuempfehlen.« Später, nachdem er J.B. Kramer kennen gelernt hatte – von Mozart hatte er es also nicht lernen wollen – gab er unter Freunden wohl zu, Bekanntschaft mit dem Klavierspiel könne auch dem Componisten nicht schaden; aber die großen italiänischen Meister Jomelli, Paisiello, Piccini wären auch keine Klavierspieler gewesen, dafür wären ihre großen Conceptionen aus dem Innern gekommen, nicht durch äußeres Geklimper hineingebracht, und würden länger dauern als alle neueren durch Klaviervirtuosität erzeugten Zauber- und Teufelsopern zusammen.


78 Joh. Franz Xav. Sterkel, geb. in Würzburg 1750, trat nach vollendeten Studien in den geistlichen Stand, beschäftigte sich aber von Jugend auf so eifrig mit Musik, daß er sich als Klavierspieler und Componist Ansehen erwarb und 1778 vom Churfürsten von Mainz als Pianist und Kaplan berufen wurde. Im Jahr 1781 erhielt er ein Canonikat in Mainz und wurde 1793 nach Righinis Abgang ebendaselbst Kapellmeister. Nach mancherlei Wechselfällen des Lebens starb er 1817 in Würzburg. – Seine Spielart wird als eine leichte, geläufige, reich verzierte charakterisirt.


79 Vgl. I S. 716.


80 »In Absicht des Spielens vom Blatt weg« heißt es musik. Real-Zeitg. 1788 S. 61 »ist Vogler vielleicht unvergleichbar und der einzige. Er spielte mir einmal eine der schwersten Bachschen Sonaten vor und er und noch ein in unserer Gesellschaft sich befindender Mannheimer Kapellist (sein Busenfreund) versicherten mich daß Vogler diese Sonate noch nie gesehen und jetzt das erstemal spiele. Ich gestehe, ich konnte es nicht glauben und hielt es für Wind; nachher aber wurde ich überzeugt daß Voglers Gabe prima vista außerordentlich sei.« Der Verfasser, der diese Gabe anerkennt, meint indessen es sei doch nie möglich dabei allen Bedingungen eines guten Vortrags zu genügen: »Wahrlich und der Ausdruck im Spiel macht den Virtuosen und nicht mechanische Fertigkeit.« Von seinem Klavierspiel heißt es, die Fertigkeit und Sicherheit seiner Spielart sei zum Erstaunen, das Große und Ausgezeichnete derselben bestehe aber mehr im kraftvollen Vortrag brillanter Stellen, im deutlichen Ausdruck beflügelter hinrauschender Passagen als im pathetischen, herzrührenden Vortrag sanfter ruhiger einschmeichelnder Empfindungen; er spiele daher nicht nur das Allegro unendlich besser als das Adagio, sondern selbst sein Piano sei nicht bis zum gehörigen Grade gedämpft. Andere wollten diesen Tadel nicht gelten lassen (musik. Corresp. 1790 S. 119. 1792 S. 379). Auch Schubart (Aesthetik S. 123ff.), der ihm nachrühmt daß er meisterhaft vom Blatt spiele, hebt vorzüglich hervor, daß seine Faust rund und glänzend sei, daß er die ungeheuersten Passagen, die halsbrechendsten Sprünge mit bewundernswürdiger Leichtigkeit herausbringe was Mozart dadurch bezeichnet, wenn er sagt, er sei ein musikalischer Spaßmacher, nichts als ein Hexenmeister. Auch zogen manche Beecké und Mozart ausdrücklich ihm vor (musik. Real-Zeitg. 1789 S. 262).


81 Georg Joseph Vogler, geb. in Würzburg 1749, war der Sohn eines Geigenmachers, der ihm früh eine sorgfältige musikalische Erziehung gab; auch machte er seine litterarischen Studien bei den Jesuiten in Würzburg und Bamberg und man behauptete, er sei in ihren Orden getreten. Im Jahr 1771 kam er nach Mannheim, schrieb dort ein Ballet und gewann die Gunst Karl Theodors, der ihn nach Italien zum Padre Martini schickte; er zog aber den Unterricht Balottis vor und studirte zugleich in Padua Theologie. Von da begab er sich nach Rom, nahm dort die Priesterweihe, und setzte seine musikalische Studien besonders bei Misliweczek fort; dann wurde er nicht allein Mitglied der arkadischen Gesellschaft und Ritter des goldenen Sporns, sondern auch päbstlicher Protonotar und Kämmerer. Mit diesen Auszeichnungen kehrte er 1775 nach Mannheim zurück, und wurde zum Hofkaplan, zum Vorsteher der Tonschule und zum zweiten Kapellmeister ernannt. Hier begründete er seinen Ruf als Theoretiker, Componist und Virtuos. Im Jahr 1779 mit nach München versetzt, gab er seine Stellung 1783 auf. Sein weiteres wechselvolles Leben zu verfolgen ist hier der Ort nicht. Er starb 1814 in Darmstadt.


82 Dieselben sind in der Beilage XII zusammengestellt.


83 »Der Hr. Vogler hat absolument mit mir recht bekannt werden wollen«; schreibt er dem Vater (17. Jan. 1778) »indem er mich schon oft geplagt hatte zu ihm zu kommen, so hat er endlich doch seinen Hochmuth besiegt und hat mir die erste Visite gemacht.«


84 Das Stadtvolk in Mannheim fand seine rothen – oder vielmehr violetten – Strümpfe, die ihm als Protonotar zukamen, zu bizarr (musik. Real-Zeitg. 1788 S. 70); und daß er wenn er sich irgendwo hören lassen wollte mit seinen Musikalien jedesmal auch ein Gebetbuch mitschickte, daß er seine Besuche oft im Nebenzimmer warten ließ bis er seine Gebete verrichtet hatte war man geneigt als auf den Effect berechnet anzusehen (ebend. 1738 S. 77f. Forkels musik. Alman. 1789 S. 135). Es ist begreiflich daß Andere ihn für einen Kopfhänger erklärten, und begeisterte Verehrer in seiner echt priesterlichen Gesinnung den höchsten seiner Vorzüge erkannten.


85 Ich führe nur die Aeußerung C.M. v. Webers über ihn an (hinterl. Schr. I S. X): »Wahrlich, nur wer so wie ich und einige Wenige noch Gelegenheit hatte diesen tieffühlenden starken Geist, diesen unerschöpflichen Reichthum an Kenntnissen, und die feurige Anerkennung alles Guten, aber auch die strenge Wägung desselben zu beobachten, dem mußte er ehrwürdig und unvergeßlich sein, und er mußte die durch Erziehung, Stand, Anfeindungen aller Art und Mißverstehen dem großen Ganzen eingeschobenen, es umgebenden und scheinbar verwirrenden Schlacken und seltsamen Eigenheiten, als an sich minder merkwürdige Erscheinungen hinnehmen, überleben und natürlich finden.« Aehnlich spricht sich auch Gfr. Weber aus (Cäcilia XV S. 40f.).


86 »Dem Wolfgang« schreibt er (18. Dec. 1777) »hat Niemand mehr entgegengearbeitet als der Vogler. Das sagte ich immer voraus zu Hrn. Bullinger und Nannerl.«


87 Peter Winter, geb. 1755 in Mannheim, zeichnete sich schon so früh durch sein Violinspiel aus daß er im Jahr 1764 in die Kapelle eintreten konnte. Er componirte mehrere Ballets und Orchestersachen ohne darin Bedeutendes zu leisten, und ging 1778 mit nach München. Nachdem er später sich unter Salieri ausgebildet hatte, erwarb er sich durch italiänische und deutsche Opern seinen glänzenden Ruhm, der jetzt fast allein noch an den Namen des unterbrochenen Opferfestes geknüpft ist. Er wurde 1788 Kapellmeister in München und starb dort 1826. Ein Nekrolog steht A. M. Z. XXVIII S. 353ff.


88 Musik. Corresp. 1783 S. 70.


89 A. M. Z. XXVIII S. 354.


90 Ueber dieses Reiseproject schrieb die Mutter ihrem Mann (11. Dec. 1777): »Wegen den Wolfgang seiner Reise nach Paris mußt Du es bald bedenken, ob es Dir recht ist; es ist bey dieser Zeit nirgends nichts zu machen als zu Paris. Monsieur Wendling ist ein ehrlicher Mann, den jedermann kennt, er ist viel gereist und schon über 13 mal zu Paris gewesen, er kennt es inwendig und auswendig, und unser Freund Hr. v. Grimm ist auch sein bester Freund, welcher ihm viel gethan hat. Also kannst Du Dich entschließen, was Du willst ist mir recht. Der Herr Wendling hat mich versichert, er will gewiß Vater über ihm seyn, er liebt ihm wie seinen Sohn, und sollte so gut bey ihm aufgehoben seyn wie bey mir. Daß ich ihn selbst nicht gern von mir lasse, das kannst Du Dir einbilden und wenn ich allein nach Hause reisen müßte, so einen weiten Weg, das ist mir auch nicht lieb; allein was ist zu thun? einen so wetten Bieg nach Paris zu machen ist für mein Alter beschwerlich und zu theuer. Dann einen vierten Theil bezahlt man leichter als alles allein. Nächsten Posttag werde ich mehr schreiben, heunt habe ich Kopfweh, ich glaube, ich werde einen Strauchen bekommen; es ist hier eine große Kälte, es friert mich, daß ich kaum die Feder halten kann.«


Quelle:
Jahn, Otto: W.A. Mozart. Band 2, Leipzig: Breitkopf und Härtel, 1856, S. 1.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Cardenio und Celinde

Cardenio und Celinde

Die keusche Olympia wendet sich ab von dem allzu ungestümen jungen Spanier Cardenio, der wiederum tröstet sich mit der leichter zu habenden Celinde, nachdem er ihren Liebhaber aus dem Wege räumt. Doch erträgt er nicht, dass Olympia auf Lysanders Werben eingeht und beschließt, sich an ihm zu rächen. Verhängnisvoll und leidenschaftlich kommt alles ganz anders. Ungewöhnlich für die Zeit läßt Gryphius Figuren niederen Standes auftreten und bedient sich einer eher volkstümlichen Sprache. »Cardenio und Celinde« sind in diesem Sinne Vorläufer des »bürgerlichen Trauerspiels«.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon