Die Urtheile welche Mozart über Vogler seinem Vater mittheilt, sind – selbst wenn man Fröhlichs (Biographie des großen Tonkünstlers Vogler S. 38f.) Bedauern theilen sollte, daß man »solche für Mozart prostituirliche Briefe, vertrauliche Mittheilungen des noch unreifen Sohnes an den Vater« bekannt gemacht hat – wichtig genug um sie vollständig mitzutheilen. Ich habe sie nur übersichtlich geordnet und, da ich mir nicht anmaße mich zum Richter aufzuwerfen, soviel zur Erläuterung hinzugefügt als nöthig schien, die Aeußerungen Mozarts begreiflich zu machen, ohne die widersprechenden Urtheile unberührt zu lassen. Da ich aus Fröhlichs angeführter Schrift – die übrigens keine Biographie sondern ein Panegyricus eines ziemlich unbestimmten Ideals ist, mehr noch als der Aufsatz A. M. Z. XIX S. 93ff. – S. 5 ersah, daß K.M. v. Weber im Besitz der Materialien zu einer Biographie Voglers gewesen sei, hoffte ich durch deren Einsicht auch von jener Seite her über Mozarts Aufenthalt in Mannheim und persönliches Verhältniß zu Vogler mich genauer zu unterrichten; allein leider erfuhr ich auf die durch einen Freund eingezogene Erkundigung daß nach Webers Tode mit anderen Papieren auch diese vernichtet seien. Für meinen bestimmten Zweck – der nicht etwa war um jeden Preis Mozarts Aeußerungen zu rechtfertigen – habe ich auf die verschiedenartigen Urtheile und Nachrichten über Vogler aus späterer Zeit so wenig wie möglich Rücksicht genommen, sondern mich auf die frühere Zeit beschränkt. Ein Brief an einen musikalischen Freund in der musikal. Real-Zeitung 1788 S. 60ff., dessen Verfasser Vogler besser zu kennen behauptet als die Tausende seiner Richter, giebt eine Charakteristik, in welcher über das scheinbare Wohlwollen [520] die Abneigung so sichtlich die Oberhand gewinnt, daß man schwerlich bloße Ungeschicklichkeit voraussetzen darf. Eine lobpreisende Rechtfertigung Voglers von W. v. K. in Koblenz (musikal. Korresp. 1792 S. 377ff.) darf dagegen mit vollem Recht ungeschickt heißen; sowie ein Brief von Christmann über Vogler (musik. Korresp. 1790 S. 113ff.) offenbar der wahre Ausdruck einer aufrichtigen Bewunderung ist.
Gleich bei der ersten Begegnung machte Vogler einen ungünstigen Eindruck auf Mozart. »Der Hr. Vice-Kapellmeister Vogler«, schreibt er 4. Nov. 1777 »der neulich das Amt machte, ist einer der musikalischen Spaßmacher, ein Mensch, der sich recht viel einbildet und nicht viel kann. Das ganze Orchester mag ihn nicht«1. Um den Grund dieser Abneigung zu erklären, berichtet er später (13. Nov. 1777) was man ihm von Voglers Stellung in Mannheim erzählt hatte. »Nun seine Historie ist ganz kurz. Er kam miserable her, producirte sich auf dem Clavier, machte einen Ballet. Man hatte Mitleiden, der Churfürst schickte ihn in Italien. Als der Churfürst2 nach Bologna3 kam, fragte er den Pater Valotti wegen dem Vogler: O altezza, questo è un grand uomo! etc. Er fragte auch den P. Martini: Altezza, è buono, ma à poco à poco, quando sarà un poco piu vecchio, piu sodo, si farà, si farà. Ma bisogna che si cangi molto4. Als [521] Vogler zurück kam, wurde er geistlich und gleich Hofkaplan, producirte ein Miserere, welches, wie mir Alles sagt, nicht zu hören ist, denn es geht Alles falsch. Er hörte, daß man es nicht viel lobte; er ging also zum Churfürsten und beklagte sich, daß das Orchester ihm zu Fleiß und zu Trotz schlecht spielte; mit einem Worte, er wußte es halt so gut herum zu drehen (spielte auch so kleine ihm nutzbare Schlechtigkeiten mit Weibern5), daß er Vice-Kapellmeister geworden6. Das ganze Orchester von oben bis unten mag ihn nicht. Er hat dem Holzbauer viel Verdruß gemacht7.«
[522] »Er ist ein Narr, der sich einbildet, daß nichts Besseres und Vollkommneres sey als er. Er veracht die größten Meister8; [523] mir selbst hat er den Bach verachtet. Bach hat hier zwey Opern geschrieben, wovon die erste besser gefallen, als die zweyte. Die zweyte war Lucio Silla. Weil ich nun die nämliche zu Mailand geschrieben habe, so wollte ich sie sehen. Ich wußte von Holzbauer, daß sie Vogler hat; ich begehrte sie von ihm. Von [524] Herzen gern, antwortete er mir; morgen werde ich sie Ihnen gleich schicken. Sie werden aber nicht viel Gescheutes sehen. Etliche Täge darauf, als er mich sah, sagte er zu mir ganz spottisch: Nun, haben Sie was Schönes gesehen? Haben Sie was daraus gelernt? – Eine Aria ist gar schön – wie heißt der Text? (fragte er einen, der neben ihm stund) – Was für eine Aria? – Nu, die abscheuliche Aria von Bach, die Sauerey – ja, Pupille amate, die hat er gewiß im Punschrausch geschrieben. Ich habe geglaubt, ich müßte ihn beym Schopf nehmen; ich that aber, als wenn ich es nicht gehört hätte, sagte nichts und ging weg. Er hat beym Churfürsten auch schon ausgedient.«
So wenig er ihn als Klavierspieler gelten ließ (S. 109ff.), so wenig war er von seinem Orgelspiel befriedigt, als er ihn bei der Probe der Orgel in der lutherischen Kirche gehört hatte. »Er ist so zu sagen« schreibt er (18. Dec. 1777) »nichts als ein Hexenmeister; so bald er etwas majestätisch spielen will, so verfällt er ins Trockene, und man ist ordentlich froh, daß ihm die Zeit gleich lang wird und mithin nicht lange dauert, allein was folgt hernach? – Ein unverständliches Gewäsch. Ich habe ihm von ferne zugehört. Hernach fing er eine Fuge an, wo 6 Noten auf einen Ton waren und Presto. Da ging ich hinauf zu ihm, ich will ihm in der That lieber zusehen, als zuhören.«
Wenn es möglich ist, so mißfielen ihm seine Compositionen noch mehr9. Bald nach seiner Ankunft ging er aus einer Probe [525] fort, wie er dem Vater schreibt (4. Nov. 1777), »dann man hat einen Psalm Magnificat probirt vom Vice-Kapellmeister Vogler, und der hat schier eine Stund gedauert.« Diese ungünstige Meinung bestätigte sich ihm nur, als er später (19. Nov.) eine Messe von Vogler hörte. »Ich war im Amt, welches ganz funkelnagelneu von Vogler componirt war, und wovon schon vorgestern Nachmittags die Probe war, ich aber gleich nach geendigtem Kyrie davon ging. So habe ich mein Lebetag nichts gehört; es stimmt oft gar nicht; er geht in die Töne, daß man glaubt, er wolle einen beyn Haaren hinein reißen, aber nicht, daß es der Mühe werth wäre, etwa auf eine besondere Art, nein, sondern ganz plump. Von der Ausführung der Ideen will ich gar Nichts sagen. Ich sage nur das, daß es unmöglich ist, daß ein Vogler'sches Amt einem Compositeur (der diesen Namen verdient) gefallen kann; denn kurz, jetzt höre ich einen Gedanken, der nicht übel ist – ja, er bleibt gewiß nicht lange nicht übel – sondern er wird bald – schön? – – Gott behüte! – übel und sehr übel werden, und das auf zwey- oder dreyerley Manieren, nämlich, daß kaum dieser Gedanke angefangen, kömmt gleich was Anderes und verderbt ihn, oder er schließt den Gedanken nicht so natürlich, daß er gut bleiben könnte, oder er steht nicht am rechten Orte, oder er ist endlich durch den Satz der Instrumente verdorben10. So ist die Musik des Vogler.«
Danach kann es denn nicht Wunder nehmen, wenn Mozart von Voglers Theorie ebensowenig befriedigt war. »Ich sehe aus des Papa Schreiben« schreibt er (13. Nov. 1777) »daß Sie des Voglers Buch11 nicht gelesen haben. Ich habe es jetzt gelesen, denn ich habe es von Cannabich entliehen. – Es dient mehr zum Rechnen als zum Componiren lernen. Er sagt, er macht in drey Wochen einen Compositeur und in sechs Wochen einen Sänger. Man hat es aber noch nicht gesehen.«
1 »Von Seiten der Kapelle erlebte er Geringschätzung, die wahrscheinlich Folge von Neid war; überhaupt war Mannheim besonders damals immer zwischen zwei Factionen getheilt« (musik. Real-Zeit. 1788 S. 70).
2 Karl Theodor machte im Jahr 1774 eine Reise nach Italien.
3 Dies ist ein Irrthum, Balotti lebte bekanntlich in Padua.
4 Ueber seine Studien in Italien erzählt Vogler (Choralsystem S. 6f.): »Karl Theodor schickte mich von Mannheim aus zu Pater Martini, der als Historiker, als Menschenfreund und Meister so vieler Meister in der Praktik berühmt war. Mit einer schüchternen Verehrung, die mir sein Name eingeflößt, kam ich nach Bologna und näherte mich ihm. Aber welche plötzliche Aenderung ging bei mir vor, da er mir gutmüthig sagte: wir haben kein anderes als das Furische System. – – Dergleichen schreckte mich ab der Schüler eines Mannes zu werden, der meinen Forschungsgeist nie hätte befriedigen können. – Aber in welche Verlegenheit gerieth ich nicht durch das traurige Alternativ: entweder bei meinem Fürsten in Ungnade zu fallen (da ich als ein junger Mensch, als ein Ausländer und kein Italiäner, als Priester ohnehin die stolze Mannheimer Kapelle gegen mich hatte) oder gegen meine Ueberzeugung zu handeln! Zudem war keine Aussicht vorhanden bei Valotti anzukommen, der schlechterdings Niemand lehren wollte. Endlich gelang es mir mich von dem loszureißen, der als Theoretiker mich bilden sollte, den zu versöhnen, von welchem mein irdisches Glück abhing, und den zu fesseln, der sich nie einem Schüler mitgetheilt hatte, der aber zuletzt auch meiner überdrüssig (fast dürfte ich sagen, auf meine Jugend und Nation neidisch) noch den sechsten und vorletzten Monat des mir in der Tonlehre gegebenen Unterrichts sich äußerte: Egli vuol imparare in cinque mesi cio che io ho impa rato in einquant' anni!« Nicht ganz genau ist also was Christmann (musik. Korr. 1790 S. 116) erzählt, Vogler habe nie Martinis Unterricht genossen und sei vom Churfürsten selbst an Valotti gewiesen. War übrigens Vogler mit seinem Lehrer, so war Martini auch mit seinem Schüler nicht zufrieden. J'ai trouvé, sagt Fétis (Biogr. univ. VIII p. 480), à Bologne dans la correspondance manuscrite du P. Mar!ini une lettre où ce maître se plaint du peu de persévérance et d'aptitude de Vogler, qui avait abandonné son cours de composition apres six semaines d'essais.
5 Dergleichen Gerede konnte freilich in Mannheim leicht entstehen, wo Jesuiten und Maitressen auf Karl Theodor den größten Einfluß hatten. Sehen wir doch Mozart selbst auf Anrathen seiner Freunde sich den Weg zum Churfürsten durch Aufmerksamkeiten gegen dessen natürliche Kinder bahnen, ohne daß er etwas Arges darin findet.
6 Einen sehr üblen Eindruck macht Voglers Verhältniß zu Knecht. Christmann erzählt (mus. Korr. 1790 S. 117f.), unter mehreren Novitäten, welche Vogler ihm mitgetheilt habe, sei die auffallendste gewesen, daß er ihm versicherte, nicht Hr. Knecht in Bibrach, sondern er selbst sei der Verfasser jener gegen Weisbek gerichteten Streitschrift, die 1785 in Ulm herauskam; er wisse daher nicht, wie es zugegangen sei daß Hr. Knecht sie auf seine Rechnung genommen und die Ehre der Autorschaft sich stillschweigend angemaßt habe. Dagegen erklärte nun Knecht (mus. Korr. 1791 S. 97ff.) in einer abgenöthigten Selbstvertheidigung, er sei der Verfasser jener Schrift und berief sich auf die Aufforderung Voglers, selbst dieselbe zu schreiben und sein eigenhändiges zum Druck eingesandtes Manuscript. Soviel ich weiß hat Vogler dazu geschwiegen.
7 In der musik. Korresp. 1790 S. 132 ist darauf hingedeutet, daß Mißgunst sich bestrebt habe eine von Holzbauers schönsten Opern fallen zu machen und deshalb Zwietracht zwischen dem Componisten und Dichter zu stiften. Hierauf antwortete Vogler (ebend. S. 185ff.): »Die Oper ist Günther von Schwarzburg, der junge Dichter Hr. Prof. Klein. Die Kabalen – wer hat sie erregt? Vermuthlich müssen es Opern-Compositeurs sein. Der ältere Toeschi erklärte sich, daß er für eine außerordentliche Gratifikation von 3000 Gulden keine Oper setzen wolle, weil diese Summe doch noch zu geringe sey, um sich auslachen zu lassen.«
»Herr Cannabich hat nie ein Lied von eigener Composition hören lassen. Sein Lobredner Freiherr von Gemmingen kündigte zwar in den kleinen dramaturgischen Blättern vor 12 Jahren von ihm die Musik zu Schwans Azakia an. Sie ist aber noch nicht erschienen und zwei von meinen Tonschülern haben sie gesetzt.«
»Der einzige Operncompositeur in Mannheim war ich [Vogler hatte damals freilich noch keine Oper geschrieben] – aber neidisch konnt ich nie auf Holzbauers Arbeit werden; weil der H.H. auf kurfürstlichen Befehl mir sie antrug und ich wegen der Tonschule, die ich errichten, wegen dem Systeme, das ich herausgeben wollte, sie von mir abgelehnt habe.«
»Da aber die ganze Mannheimer Welt sich gegen meine Schule sträubte, gegen meine neue Lehrart empörte, so wurde dem Hrn. Holzbauer um so wärmer, um so bereitwilliger der Beifall zugeklatscht, als geschäftiger jedermann sein wollte meine Heterodoric – man nannte H. den katholischen und mich den protestantischen Kapellmeister besonders wegen meiner Schule, woran aller Art Christen und selbst Juden Theil nahmen – in der Geburt gleich zu ersticken oder wie überflüssige junge Hunde zu ersäufen.«
»Weder Francesco de Majo mit seiner Ifigenia in Tauride 1762, noch mit seinem Allessandro nell' India 1764;
noch Traetta mit seiner Sofonisba 1766;
noch Holzbauer selbst mit seinem Adriano in Siria 1768;
noch Piccini mit seinem Catone in Utica 1770;
noch Chr. Bach mit seinem Temistocle 1772 undLucio Silla 1774 alle vier verdienstvelle Männer fanden nicht den allgemeinen Beifall – solchen Lärm erregten sie alle nicht, als 1776 die deutsche Oper, die zur Zeit der Revolution der Deutschheit, wo eine deutsche Gesellschaft gestiftet ward, wo wir alle von einem deutschen Bigotisme angesteckt waren, wo wir uns einer Sünden fürchteten ein fremdes auch mit Bürgerrecht begabtes Wort einzumischen, statt Tabatière Nasenkrautstaubschachtel einführen wollten – mit dem inneren Gehalt (denn sie ist besonders durch ein beständiges Gewebe von allen verschiedenen Instrumenten sehr unterhaltend) den äußeren Werth als Brustmauer gegen die verhaßte Boglerische Reformation zu verbinden wußte. Doch – vielleicht ziehlt der Verf. auf eine Anekdote, die sich zu der Zeit ereignete.«
»Da ich mich manchesmal mit Improvisationen abgebe, mir Worte vorlegen lasse und aus dem Stegreife sogleich Gesang und Begleitung auf dem Klavier dazu liefere, so ließ ich mich 1776 vom Pr. Kl. bereden, wohlgemerkt bereden, um ein gleiches mit G. v. Schw. vorzunehmen. Die Freude eines jungen Dichters das erstemal seine Zeichnung kolorirt zu sehen kennt keine politischen Grenzen: er vergaß sich so sehr daß er sie einem Weibe, die in dergleichen Sachen auch keine Toleranz kannte (es war Holzbauers Gemahlin) mittheilte und darüber sich und mir ein schwarzes Hagelwetter über den Kopf herbeilockte. Es zog so vorüber wie mehrere schwarze Wolken auf dieser Welt, die die Augen nicht trüben, die nur vorsichtiger machen. Im Grunde schaden solche Theaterdonner ebensowenig als die von meiner Orgel.«
»Diese einzige Anekdote konnte den Biographen zu dieser Stichelei verleiten und reichte ihm nach seiner Meinung hinreichenden Stoff um seinen angeblich beneideten Helden zu bemitleiden.«
Ich habe dieses lange Actenstück mitgetheilt weil es eine lebendige Vorstellung von dem musikalischen Parteitreiben in Mannheim zu jener Zeit giebt; man sieht Vogler übte Vergeltung, allein den Eindruck von Bescheidenheit, Würde und Einfachheit einer großen Natur wird man schwerlich durch dasselbe bekommen.
8 Auch in der musik. Real-Zeitung 1788 S. 69 ist von der Geringschatzung die Rede, »mit welcher er von den Werken allgemein als groß anerkannter Männer sprach, als z.B. von den Compositionen eines C.P. Em. Bachs, eines Schweizers.« Dagegen bezeugt Christmann (musikal. Korr. 1790 S. 116) daß Vogler mit Ruhm und Anerkennung von Kunstgenossen rede und Männern wie Naumann in Dresden, Maier in Hannover, Albrechtsberger u.a.m. volle Gerechtigkeit widerfahren ließ. So sagt auch später Gld (A. M. Z. XX S. 85): »Vogler war nichts weniger als zanksüchtig, stolz, anmaßend; aber es war ein Streit, eine Differenz in seinem Innern, wozu es ihm an Kraft fehlte die aufgehobene Einheit wiederherzustellen. Deswegen mußte sein mehr scharfes als gründliches, unter einem glänzenden Reichthum von treffenden Bemerkungen den Mangel der Methode und eines systematischen Zusammenhangs sich selber verschleierndes Denken sich an Gegner richten; diese aber verkannten die Natur und den Drang seines Bedürfnisses. So weit ich Vogler persönlich gekannt habe weiß ich davon zu sagen und das bezeugen hier am Ort alle die häufigern Umgang mit ihm pflegten, daß er der neidloseste, gerechteste, billigste, schonendste, mit Freudigkeit und Enthusiasmus sich in Lob ergießende Beurtheiler seiner Kunstverwandten war, wenn Genialität das Werk auszeichnete. Gegen ungerechte Angriffe vertheidigte er solche Männer mit gleichem Nachdruck wie sich selbst, wenn er übrigens auch sie unter seine Feinde zählte.« Verschiedene Urtheile der Art lassen sich leicht begreifen.
9 Auch Schubart, so sehr er Vogler bewundert sagt (Aesthetik S. 133ff.): »Vogler besitzt unläugbar Feuer und Genie, und doch verräth er in seinen Sätzen sowohl als in seiner Spielart Pedantismus«; was er von seinem Systematisiren herleitet. »Daher« sagt er »haben seine Stücke viel Steifes, Eigensinniges und Kaltes. Die Armuth seiner Erfindungen ist eine Folge der Furchtsamkeit, womit er schreibt. – Vogler ist ein harmonischer, aber kein melodischer Kopf, die Passagen in seinen Concerten, Sonaten und Variationen sind oft äußerst schwer und stark, aber mehr Resultate des Studiums als des Genies. Seine Kirchenstücke sind alle mit arithmetischer Gewissenhaftigkeit abgewogen; aber auch diesen fehlt Geistesaufflug, Sphärenklang. Engeljubel. Seine Fugen sind trefflich gesetzt und doch vermißt man auch an diesen harmonische Fülle.« Grimm sagt von der in Paris 1783 glänzend durchgefallnen komischen Oper Voglers La Kermesse ou la foire flamande sogar (Correspond. littér. XI p. 466): Quant à la musique, il faut avouer que c'est peutêtre ce qui a été donné depuis longtemps de plus trivial sur ce théatre; elle est pour ainsi dire sans aucune intention, sans caractère et sans originalité, quoique d'une facture infiniment baroque. C'est à cette triste musique qu'il faut essentiellement imputer la chute peu commune de cette bagatelle.
10 Diese Urtheile Mozarts sind commentirt in den Briefen eines Wohlbekannten II S. 36ff.
11 Vogler, Tonwissenschaft und Tonsetzkunst. Mannheim 1776. 8.
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