[1076] Zwey und siebenzigstes Schreiben.

Von der Gegend um Abano, Catajo, Bataglia, Arqua etc.

Mein Herr!


Es wird keinen Reisenden gereuen, wenn er einen Tag zur Besichtigung der mittäglichen Gegend von Padua anwendet. Rand links: Dorf Abano. Das Dorf Abano (lat.Aponum). welches vier und eine halbe italienische Meile von der Stadt liegt, wird im Sommer wegen der nur eine halbe Meile davon liegenden warmen Bäder fleißig besuchet. An der daselbst befindlichen Kirche St. Laurentii liest man folgende in Stein gehauene Schrift:


Olim situm in margine Cœmeterii ad occasum temporum injuria corrosum ac pene collapsum in hunc augustiorem locum transtulit Ant. Alberti Archipresbyt. piæ defuncti memoriæ. Rand links: Epitaphium Ditmari à Kisleben.

Manibus Ditmari a Kisleben Nob. Germani e Saxonibus oriundi, qui cmn ab ineunte ætate præclarum virtutis atque ingenii specimendedisset, ita ut magnam apud omnes sui admirationem excitaret, peste, cujus vitandæ gratia, si fata evitari pos sent1, Patavio huc concesserat, absumptus est; si ætatem spectes nimis præpropere, pro eo vero virtutis & gloriæ fructu, quem jam percipiebat, haud immature, die XV. Aug. Anno LXXVI. supra M. D. atat. vero XXIII.

Ex mandato Andreæ parentis mœstiss. & jam nonagenarii Adrianus a Wrisberg cognatus, qui non solum vivo omaia ossicia præstitit, verum mortuum etiam propriis manibus humavit, & Joannes Brandis populari & amico olim suo incomparabili. P. C. H. M. D. M. A.


Dieses Epitaphium ist schon zum andernmale erneuert worden, und las man vorher noch folgende itzt mangelnde Verse daran:


Aspera quem terris mors & fera pestis ademit,

Hac sua Kislebius membra reliquit humo.

Huic jam nobilitas, jam cœperat inclyta virtus,

Et magnum ingenii fama parare decus.[1076]

Invida sed rerum, quæ semper culmina carpunt,

Illum etiam ante suos fata tulere dies.

Huc igitur quicunque cito virtutis & alti

Ingenii tantas spes periisse dolent.

Huic mœsti lacrymas & odoros spargite flores,

Flos modo qui doctæ nobilitatis erat.


In dem Hause Cornelii oder Cornaro findet man gute Gemälde, nebst zwey alten Monumenten, deren das erste eine sitzende Weibsperson vorstellet mit der Unterschrift: Rand rechts: Zwey alte Grabmonumente.


TOMNHMA AIAIAΣ ΦIAH

MATIOT. Das ist: Monumentum Æliæ uxoris Fhilematis.


Das andere bildet einen Mann nebst einem Knaben ab. Die darunter gesetzten Worte sind:


ΓAAKOΣ ΓAAKO

XPHΣTE XAIPE.

oder: Glaucus Glauci, optime Vale.


Ueber einem alten Portraite des Petrarcha steht: Rand rechts: Inscription über den Petrarcha;


Vecchio penso ardo piango e chi mi sfage

Sempre m'e'inanzi per mia dolce pena.


Gegenüber ist der Laura Bildniß mit folgender Ueberschrift: Rand rechts: Die Laura.


Miriam costei quand'ella parla e rie

Che sol se stessa e null' altra somiglia.


Zu Abano ist auch ein treffliches altes Monument, so heut zu Tage in Padua auf einer Seule nicht weit vom Gymnasio steht, gefunden worden. Rand rechts: Grabschrift Caja Atia. Seine Inscription ist:


C. ATI A C. F.

PRIMA SIBI

ET. Q. SICINIO. M. F.

VIRO SVO

V. F.

IN FRONTE

P. XX.

H. L. ET. M.

H. N. S.

DIS PENATIBVS


h. e. Caja Atia Caji Filia Prima sibi & Quinto Sicinio Marci Filio Viro suo vivens fecit. In fronte pedes XX. Hunc locum & monumentum Hæres non sequitur. Diis Penatibus. conf.VRSATIMon. Patav. fol. 181.


Die gegen das Ende angeführten Buchstaben können auch heißen: Hic locus & monumentum hæredem non sequuntur, um anzudeuten, daß keine andere Leiche ferner dahin gebracht werden soll.[1077]

Wenn Plinius unter den Patavinis Fontibus die Bäder von Abano versteht, so trifft wenigstens heute zu Tage nicht ein, was er von ihnen meldet, daß sie keinen Geruch von sich geben2. Rand links: Warme Bäder von Abano. Denn daran fehlet es bey denen dreyerley Arten von Wasser, die man hier hat, keinesweges. Etliche Quellen führen vielen Schwefel bey sich, und in deren Wasser badet man sich in besonders dazu angelegten Stuben, worinnen man nach dem Unterschiede der Tritte tief oder seicht sitzen kann. Etliche dieser Quellen sind kochend heiß; und sammlet sich das Wasser in solcher Menge, daß es nur etwa zwanzig Schritte davon noch ganz warm eine Mühle treibt.

In dem hölzernen Canale, wodurch es dahin geleitet wird, setzet sich ein weißer harter Stein an, der nicht ohne Mühe vom Holze abzubringen ist, und die Eindrückungen der Adern und Aeste des Holzes so genau annimmt, daß es einem versteinerten Holze vollkommen ähnlich sieht. Rand links: Sudatorium. Man hat auch in einem kleinen Häuschen ein Sudatorium oder einen Schwitzkasten angelegt, worinnen der aufsteigende Dampf seine Wirkung thut. Etliche Quellen, die laulicht sind, sollen Bley bey sich führen;andere verrathen durch ihr röthliches sedimentum und andere Umstände die Gegenwart des Eisens. Rand links: Mineralien in dem Wasser. Wo der Schwefel die Oberhand hat, setzet sich ein weißliches Salz an. Man hat auch allhier ein bagno di fango, worinnen man die kranken Glieder vermittelst Auflegung des warmen Schlammes zu heilen suchet. Rand links: Schlammbad. Weil auf dieses insbesondere etliche sonst undeutliche Redensarten des Grabmaals Wenzeslas Ferdinand Grafens von Lobkowitz (welcher in der Kirche des Dorfes Abano begraben liegt) zielen, so habe ich es bis hieher versparet. Rand links: Pralerisches Epitaphium Wenc. Ferd. Grafen von Lobkowitz. Es kann solches Epitaphium zum Muster einer hohen gezwungenen Schreibart dienen, und ist sonderlich der Schluß so poetisch und weit getrieben, daß es einem Gasconier schwer fallen sollte, etwas mehrers zu sagen:


Piis Manibus Illustrissimi atque Excellentiss. D. D. WENCESLAI FERDINANDI S. R. I. COM. POPEL. de LOBKOVITZ, Domini in Bilin & Liebst S. A. Regiæque Majestatis Camerarii, Consiliarii Status, ac Equitis aurei velleris hoc monumentum mœstiflimi hæredes P. P.

D. O. M. Chare steteris Viator: statim præteri, cursim lege, perpetim luge; ah! quantus viator hic præteriens præteriit. Sie præterit figura mundi. Jovis Austriaci Mercurius Pentaglossus ad aquilas, lilia, turres, Leopoldi Imper. ter Augusti, ter Orator, emenso orbe, quem cognato purpuris saguine, virtute, sapientia attonuit; demum Vindobonam redux & valetudinis gratia ab itinere divertens, ubique quæsitam Aponi reperit salutem. Hic medico pedes imbuit cœno, at eluto mortalitatis luto animam induit cœlo. Ita per lutum, aquam, ignem, transivit ad refrigecium, empireo quam piræ maturior, fastis quam fatis dignior Trepidaverät paulo ante tellus, non tam ruinæ præsaga, quam indignata, aut tantis parem meritis sibi lauream desicere, aut tantum eripi Reipubl. Atlantem. Flammantes lacrymas, madentes flammas adfudere funeri tres pupilli, plures pupillæ, Euganeo thermas daturæ clivo, nisi haberet. Posthac ergo bis calentes flebis undas ter flebile Aponon[1078] heu! Magnus Viator, Luce Sanctæ Luclæ Anno MDCLV. Luce Sancti Luce Anno MDCXCVII. Luci fluxæ natus fulsit, denatus fluxit. Lux perpetua luceat ei.


Fast mitten in der Kirche auf dem Boden:


Ossa Magni Ministri Illustriss. & Excellentissimi D. DWENCESLAI FERDINANDIS. R. I. Com. Popel. deLOBKOVITZ, Domini in Bilin & Liebst – – – urna celantur, majora elogia in pariete cælantur.


Exuviæ triifariam sepultæ.


EPIGRAMMA.


Pars hic, pars Bulinæ, pars Pragæ. nempe jacere

Uno non potuit tanta ruina loco.


Was MARTIALEM bewogen, daß er lib. VI, Epigr. XLII, v. 4 setzet:


Nec fontes rudes puellis,


ist mir unbekannt.

Die Bader von Abano gehören zwoen Personen aus der Familie Morosini und sind anitzt jährlich für hundert Ducati d'Argento, deren jeder sieben Lire ausmachet, verpachtet. Rand rechts: Fernere Anmerkung von diesen Bädern. Von ihrem Gebrauche und Eigenschaften hat D. Joh. Gratian im Jahre 1701 zu Padua eine Schrift herausgegeben, welche den Titel führet: Thermarum Patavinarum examen, und auch von andern um Padua liegenden Bädern handelt.

Wenn man von hier nach Catajo reiset, kömmt man über etliche Plätze, woselbst das Wasser und der Sumpf rauchet; daher leichtlich mehrere warme Bäder in dieser Gegendaufgeräumet werden könnten.

Nach diesen läßt man einen prächtigen Pallast Inganno genannt. welchen Dolfini neu angelegt, zur linken Hand. Rand rechts: Pallast Inganno.

Von Abano bis Catajo sind fünf italienische Meilen, und gehöret dieser letztgedachte Ort einem Cavalier aus der Familie der Obizzi, deren vornehmste Thaten in vielen Zimmern von dem berühmten Maler Paolo Veronese à fresco vorgestellet und mit darüber gesetzten weitläuftigen Nachrichten erläutert sind. Rand rechts: Catajo. Rand rechts: Artige Verse über dem Eingange des Pallastes. Ueber dem Eingange des Pallastes liest man folgende vom Paul Julian Ungar verfertigte artige Verse:


Jupiter alme domum tutare, superna Gigantes

Atria si capiam, hic tuus orbis erit.

Heic quoque siderei sunt picta palatia cœli,

Adde notis animas, Numinis instar erunt.


Bey einer kleinen Treppe des Pallastes ist das Portrait einer sehr häßlichen alten Frau und dabey folgende Schrift zu sehen: Rand rechts: Schrift über das Portrait einer alten Frau.


Gabrina giace qui, Vecchia lasciva,

Qual dal vago Zabrin portato in groppa;

Che benche sorda, stralunata, e Zoppa,

Si trastullò in amor, fin che fù viva.
[1079]

Das oberste Stockwerk ist mit schönen Gemälden gezieret, worunter auch das Bildniß der Marquisinn d' Obizzi, welche durch ihre Keuschheit eine Statue auf dem Rathhause zu Padua verdienet hat, vorkömmt. Rand links: Portrait der Marquisinn d'Obizzi. Was ihre Schönheit anlangt, so war solche, wenn man aus dem Gemälde urtheilen soll, nicht außerordentlich. Man sieht allhier auch die Abbildung des Pferdes, welches wegen seiner ungemein langen Mähne zu Florenz in großem Rufe gewesen, und davon ich zu anderer Zeit schon berichtet habe. Die Aussicht von diesem Pallaste ist sehr angenehm, auch an andern Einrichtungen von Gärten, Grotten, Thiergarten, Theater, Ballhause, Rüstkammer und dergleichen nichts gesparet, um diese Landwohnung bequem und vergnügend zu machen.

Der Flecken Monselice (lat. Mons silicis) liegt nicht weit von hier, und das Städtchen Bataglia, so von dem heftigen Zusammenflusse zweener kleinen Ströme den Namen erhalten, liegt nur eine italienische Meile von Catajo. Rand links: Monselice. Rand links: Bataglia. Von Bataglia hat man drey Meilen nach Arqua oder Arquato, welcher Ort seinen Ruhm und Andenken vornehmlich der Wohnung und dem Grabe Franciscus Petrarcha zu danken hat. Rand links: Arqua. Dieser berühmte Poet war im Jahre 1304, den 20 Jul. zu Arezzo im Florentinischen gebohren und in seiner Jugend gezwungen nach der Grafschaft Avignon in Frankreich zu entweichen. Rand links: Nachrichten vom Petrarcha. Sein meister Aufenthalt war zu Vaucluse (in valle clausa) an dem Flusse Sorge, dessen er in seinen Gedichten allezeit mit vielem Ruhme gedenket. Rand links: Seine Liebe. In dem drey und zwanzigsten Jahre seines Alters erblickete er außerhalb den Thoren dieses Ortes ein junges Frauenzimmer von dreyzehn Jahren, welches ihn mit ihrer Schönheit dergestalt einnahm, daß er nicht nur ein und zwanzig Jahre (so lange sie nämlich nach dieser Zeit noch lebte), sondern auch nach ihrem Tode noch zehn Jahre, nämlich bis an sein Ende sterblich in sie verliebt geblieben3. Aus diesen Umständen ist leicht zu erachten, daß er sie niemals geheirathet habe; warum er sich aber von dieser außerordentlichen Liebe durch solches allersicherste Mittel nicht curiret habe, ist mir unbekannt. Er bekam zwar mit der Zeit etliche geistliche Präbenden; allein dieses geschah erst bey späten Jahren: und scheint es nicht, daß in den ersten Jahren seiner Liebe der geistliche Stand ihn von einer Heirath abhalten können. Vielleicht aber war der Mangel genugsamer zeitlicher Güter, der ihn verhinderte, auf eine Ehegenossinn bedacht zu seyn; wie man denn findet, daß er nur wenige Jahre vor seinem Tode zum Genusse seiner väterlichen Erbschaft im Florentinischen gelanget. Der Namen der Schönen, die ihn bezauberte, war Lauretta, in seiner Poesie aber heißt sie allezeit Laura. Ihr Vater war Henr. Chabod, Herr von Cabrieres. Der Augenblick, worinnen Petrarcha seine Freyheit verlohren, warim Jahre 1327, am 6. April, um 1 Uhr, wie er im ersten Theile seiner Sonnete und zwar Son. 177 meldet. Ich würde diesen Umstand mit Stillschweigen vorbeygehen, wenn nicht Petrarcha im ersten Capitel des Triumphes der Liebe, wie auch im 29sten Sonnete des andern Theiles bemerkte, daß im Jahre 1348 an obgedachtem Tage und in eben derselbigen Stunde seine geliebte Laura ihren Geist aufgegeben habe. Nach ihrem Tode war ihm Frankreich ganz zuwider, und nachdem er bald hie bald dort sich kurze Zeit aufgehalten hatte, schlug er endlich seine beständige Wohnung in Arquato auf, woselbst er auch im vier und siebenzigsten Jahre seines Alters gestorben. Sein Grab ist bey der Kirche mit folgender kurzen Aufschrift zu sehen:
[1080]

Frigida Francisci lapis hic tegit ossa Petrarchæ

Suscipe Virgo Parens animam, Sate virgine parce

Fessaque jam terris cœli requiescat in arce.

Moritur Anno Dom. 1374. 18. Julii.

Rand rechts: Grabschriften.


Unten am Grabmaale stehen die Worte:


Viro insigni Franc. Petrarchæ Laureato Franciscolus de Brosano Mediolanensis gener individua conversatione, amore, propinquitate, successione, memoria.


Besser darunter:


Jo. B. pt. Rota Patav. amore, benevolentia, observantiaque devinctiss. tanti celebr.

Vatis virtumm admirator ad posteros. H. M. B. M. P. C.


Unter dem metallenen Kopfe des Petrarcha, der gleichfalls an diesem Grabmaale befestiget ist, findet sich folgendes:


Fr. Petrarchæ Paulus Valdezucus Poëmatum ejus admirator, ædium agrique possessor, hanc efligiem pos. An. 1547. Idibus Sept. Manfredino Comite Vicario.


Außen an der Kirche auf der Seite gegen Mitternacht ist in Marmor gegraben:


Danti Aldigherio, Francisco Petrarchæ, & Joanni Bocacio, Viris ingenio eloquentiaque clarissimis, Italicæ linguæ parentibus; Ut quorum corpora mors & fortuna sejunxerat, nomina saltem simul collecta permanerent, Joan. Brevius Canon. Cenetonsis. hujus Basilicæ Rector in sui erga eos amoris observantiæque testimonium posuit MDXXIIII.


An der Mauer der Kirche gegen das Haus des Archipresbyteri ist zum Andenken des Churfürsten von Bayern Ferdinand Maria und seiner Gemahlinn, welche von Abano (woselbst sie die Cur der warmen Bäder brauchten) hieher gereiset sind, um Petrarcha Grab zu sehen, folgende Nachricht eingehauen: Rand rechts: Andenken der Gegenwart des Churfürsten von Bayern Ferd. Maria.


Arquades nunc memorabiles

Dignioribus obsequiis, illustrioribus trophæis

Festinantes accurrite, Ovantes plaudite, Jubilantes aspicite

Majestatem ubique fulgentem

Electoralem S. R. I. Apicem

Radiantes vultus, Sereniss, Soles

Ferdinandi Mariæ, Adelaidæ Heroinæ

Bavariæ Ducum

Generosissimos, Invictiss, Gloriosissimos

Pietate, Religione, Justitia

Incomparabiles

Demum Charitum Pupullas,

Qui insignis Petrarchæ Romano4 triumpho laureati

Funeream invisentes memoriam

Tanto Vati defuncto majorem honorem attulerunt,

Quam eo vivo Angliæ Rex nuptiali mense donavit.

Liviana lingua eloquentlæ thesauro Gaditanos traxit

Francisci cineres, quid amplius? mira fama,[1081]

Tacita loquela, Principes protrahunt.

Augustissimis igitur Nominibus

Germaniæ inclytis Sideribus

Bavaræ Genti semper felicitatem ominantibus

Eugaucis præclara Monumenta relinquentibus

Eques Marcus Hieronymus Bellinus Constantinus

Hujus Vicariatus Archipresbyter

Immortali memoriæ perpetuo dicavit.

Anno ab Orbe reparato MDLXVII.

Kal. Jul.


Ueber einem Brunnen zu Arquato stehen die Verse: Rand links: Inscription eines Brunnen.


Fonti Numen inest, hospes venerare liquorem,

Unde bibens cecinit digna Petrarcha Deis.


In der Wohnung des Vicarius waren ehemals unter den Bildnissen des Petrarcha und seiner Laura folgende Nachrichten zu finden:


Carmine, Laura, tuo facta est divine Petrarcha

Notior Eois, notior Hesperiis.

Porro illa eximiæ perfecit munere formæ

Ut caneres sanctis carmina digna Deis.

Ne cessate bonos pulchræ redamare Poëtas

Damna etenim occidui nominis hi reparant.

Vos cauti Vates pulchras redamate vicissim, ut

Concilient vestris sæcula carminibus.


Memoriæ resurgemi Francisci Vatum politissimi, & Lauræ puellarum formosissimæ Laurentius Pignorius sobriæ & castæ antiquitatis supra fidem admirator genio favente P.


Das Haus, worinnen Petrarcha gewohnet, liegt auf einem Hügel von Arquato, und liest man über der Thüre, die nach den Garten und in die Weinberge führet, folgende Verse, welche die nachfolgenden Besitzer des Hauses daran haben zeichnen lassen: Rand links: Andere Andenken dieses Poeten in seinem ehemaligen Hause.


Impune hinc Cererem sumas impune Lyæum

Intactas habeat dum mea laurus opes.


In etlichen Kammern ist das Andenken des Poeten in mythologischen Gemälden à fresco erhalten, von welchen sowohl als von etlichen übrigen Stücken seines Hausraths die Kupferstiche in des Iac. Phil. TOMASINIPetrarcha redivivo befindlich sind. Rand links: Epigramma auf seinen Sessel. Den noch vorhandenen Sessel hat Pignorius mit folgendem Epigramma beehret:


Hospes ades, tenuemque procax ne despice Sellam

Terpsichore qua vix aurea majus habet.

O quoties Vatum hac sedit clarissimus olim

Dum canit ad Thuscam carmina culta lyram.

Cum rigidæ ad numeros motare cacumina quercus

Conspectæ, & rabiem ponere jussa fera est.

Phœbe Pater, quid sellam axi superaddere cessas?

Dignior haud currus instruet ulla tuos.
[1082]

Auf des Petrarcha Tisch hat Joh. Rhodius, ein Däne, folgende Poesie verfertiget: Rand rechts: Tisch.


Limpida servavi mensis crystalla Petrarchæ

Simplicitas ævi, qui fuit, inde patet


und Johann Argolus:


Diogenis parvæ non concedentia testæ

Qui spectas veteris ligna vetusta domus;

Hic abacus Vatis, cui debet Hetruria laurum,

Quem fama est tenui sæpe onerasse luto.

Vasa ministrabat facili Campania limo

Ponebatque humiles creta dolata dapes.

Non hic Mentoreis insigne Torevma lacertis

Diffusum in tabulis non rutilabat ebur.

Ornamentum abaci virtus, conviva Tonantis

Qua sine non superum fulget honore Pelops.

Si nunc Diogenis Pellæque rediret alumnus

Utraque Pellæo cogaita tecta forent,

Diceret, I Cynice, & quantum placet, utere Phœbo

Me melior modici liminis hospes habet.


Das Skeleton der Katze des Petrarcha ist gleichfalls allhier noch vorhanden, und die darunter gesetzten Verse kommen vom Anton Quärengo: Rand rechts: Das Skeleton seiner Katze.


Etruscus gemino vates exarsit amore,

Maximus ignis Ego, Laura secundus erat.

Quid rides? divinæ illam si gratia formæ

Me dignam tanto fecit amante fides,

Si numeros geniumque sacris dedit illa libellis

Causa ego, ne sævis muribus esca forent

Arcebam sacro vivens a limine mures,

Ne Domini exitio scripta diserta darent.

Incutio trepidis eadem defuncta pavorem,

Et viget exanimi in corpore prisca fides.


Daß Petrarcha eine Tochter gehabt, deutet seine Grabschrift an, wenn darinnen Franciscolus de Brosano Mediolanensis gener ejus genennt wird. Rand rechts: Von Petrarcha natürlicher Tochter. Daß ihr Namen Francisca gewesen, beweist das von ihrem Manne in der Kirche St. Francisci zu Treviso ihr aufgerichtete Denkmaal mit folgenden Worten:


Franciscæ parienti peremptæ Francisci Petrarchæ Laureati Fillæ, Franciscolus de Brosano Mediolanensis maritus P. Obiit anno M. CCC. LXXXIV.


Diese Tochter soll ihm seinen jungen Jahren zu Mayland gebohren worden seyn; der Namen ihrer Mutter aber wird hier nicht gemeldet. Iac. Phil. TOMASINIin Petrarcha redivivo schreibt, sie sey aus der Familie der Becrariorum gewesen. Da es aber außer Streit ist, daß itztgedachte Tochter des Petrarcha unter die Früchte verbothener Liebe zu rechnen, so hat man sich höchstens über des BOCCACII Dreistigkeit zu verwundern, mit welcher er vom Petrarcha setzet: a juventute sua cœlibem vitam ducensadeo inepte Veneris spurcitias borret, ut noscentibus illum sanctissimum sit exemplar honesti. Francisca hinterließ[1083] einen Sohn, welcher zu Pavia, woselbst sich damals auch der alte Petrarcha, sein Großvater aufhielt, gestorben, und von solchem folgendes in Marmor eingehauenes Epitaphium daselbst bekam:


Vix mundi novus hospes eram, vitæque volantis

Attigeram tenero limina dure pede:

Franciscus genitor, genitrix Francisca, secutus

Hos de fonte sacro nomen idem tenui.

Infans formosus, solamen dulce parentum

Hic dolor, hoc uno sors mea læta minus,

Cætera sum felix, & veræ gaudia vitæ

Nactus & æternæ, tam cito, tam facile.

Sol bis, Luna quater flexum peragraverat orbem

Obvia mors, fallor, obvia vita fuit.

Me Venemm terris dedit Urbs, rapuitque Papia;

Nec queror, hic cœlo restituendus eram5.


Ich begehre den Franciscus Petrarcha keinesweges für einen Heiligen auszugeben; indessen muß er jedoch mit seinem Bruder Gerhard nicht vermischet werden, welcher seine leibliche Schwester für baares Geld an den Pabst Benedict den zwölften, um seine geilen Begierden an selbiger zu sättigen, verkaufet haben soll. Rand links: Bosheit des Bruders Petrarcha.

Was die Laura anlangt, so starb solche in Abwesenheit des Petrarcha, welcher sich damals bey den Scaligern zu Verona aufhielt. Rand links: Grab und Epitaphium der Laura. Sie liegt in der Franciscanerkirche zu Avignon mit folgender neuern Aufschrift begraben:


D. O. M.


Et memoriæ æternæ D. Lauræ cum pudicitia tum forma fœminæ incomparabilis, quæ ita vixit, ut ejus memoria nullo seculo extingui possit.

Restitnerunt veterum monumentorum peregrini indagatores D. Christophorus de Allegre Eques Lusitanus, & D. Antonius de Prat. Prætor Parisiensis, & Gabriel Simeonius Florentinus, εὐδοκίας χάριν IV. Idus April. 1558.

Sola manet virtus, catera mortis erunt.


Dieses Grab ist lange Jahre ungeachtet gewesen, und erst vom Mauritius Scäva wieder entdecket worden. Als Franciscus der erste König in Frankreich, auf seiner Reise nach Marseille durch Avignon gieng und davon hörete, wollte er die Leiche sehen, und ließ deswegen das Grab öffnen. Man fand aber, wie leicht zu erachten, von dem Körper nichts als Asche und Knochen. Auf der Brust lag eine kleine bleyerne Schachtel, worinnen ein italienisches Gedicht war, nebst einer bleyernen Münze, die auf der einen Seite das Bildniß eines Frauenzimmers, auf der andern aber die Buchstaben M. L. M. J. das ist: Madonna Laura morta jace, vorstellete. Das Carmen war auf Pergamen von der eigenen Hand6 des Petrarcha geschrieben und folgenden Inhalts:


Qui riposan quet caste e felici ossa

Di quell alma gentile, e sola in terra,[1084]

Aspro e dur sasso hor ben teco hai sottera,

El vero hoaor, la fama, e beltà scossa.

Morte hà del verde Lauro suelta e mossa

Fresca radice, e il premio di mia guerra

Di quattro lustri e più s'ancor non erra

Mio pensier tristo, el chuide in poca fossa

Felice piama in borgo d'Avignone,

Nacque e mori: e qui con ella giace

La penna, el stil, l'inchiostro & la ragione

O delicati membri, ò viva face,

Ch'ancor mi cuoggi e struggi, in ginocchione

Chascun preghi il Signor t'accetti in pace.

O Sexo.

Mortal bellezza indarno si suspira,

Lalma beata in ciel vivra in eterno.

Piauga el pute e il futur secul priva

D'una tal luce: & io de gli occhi e il tempo.


Franciscus der erste machte hierauf Anstalt, daß Laura mit einem ansehnlichern Grabmaale beehret wurde, ja er setzte selbst folgendes Epitaphium auf:


En petit lieu compris vous pouvés voir,

Ce, qui comprend beaucoup par renommée;

Plume, labeur, la langue & le devoir

Furent vancus par l'aymant de l'aymée.

O gentill' Ame, etant tant estimée,

Qui te pourra louer, qu' en se taisant?

Car la parole est tousjours reprimée,

Quand le sujet surmome le disant.


Diesem Exempel des Königs folgte Julius Camillus mit den lateinischen Versen:


Laura ego, quæ fueram Thusci olim vita Poëtæ:

Laura ego, quam in vita Thuscus alebat amor:

Heic sine honore diu jacui non cognita, quamvis

Cognita carmimbus culte Petrarca tuis.

Nullus purpureis spargebat floribus urnam,

Nullus odoratis serta dabat calathis.

Nunc quoque Francisci, sed versu & munere Regis

Notesco, officiis conspicienda piis.


Ludovicus Alamanus zeigte seine Geschicklichkeit und seinen Eifer für den Ruhm der Laura in italienischer Sprache mit folgenden Worten:
[1085]

Qui giace il tronco di quel sacro Lauro

Che del Tosco miglior fu dal oggetto,

Ch'ouunque scalda il Sol n'ando l'odore

Hor dal Gallico Re del ciel thesauro

(Sendo in poco terren vile e negletto)

Et di marmi, e di stil riceve honore,

E sempre i rami hauvra fioriti e freschi

Sotto l'ombra immortal de duo Franceschi.


Ich schließe diese Materie mit dem Disticho, welches Abraham Gölniz7, ein Danziger, auf die Laura und den Petrarcha gemacht:


Carmine laurum habui, LAVREstudiosus amator;

Mors rapuitLAVRAM, carmina non potuit.


Der Rückweg von Arquato nach Padua geht durch eine angenehme Gegend, in welcher viele vornehme Familien ihre Sommerwohnungen haben. Rand links: Gegend um Arquato. Der Adel des paduanischen Gebiethes hatte vorzeiten auch die hohen Gerichte über seine Unterthanen; nachdem aber die Castellani von Salvazzano einer Frau wegen verübten Diebstahls die Augen ausstechen lassen, nahm die Republik Padua unter dem Vorwande, daß gedachte Gewalt sehr gemisbrauchet würde, Gelegenheit, allen ihren Vasallen die Gerichte zu nehmen. Rand links: Wieder Adel um die hohe Gerichte gekommen? Dieses geschah im Jahre 1120, und wurde solche Verordnung unter Androhung der Lebensstrafe wider die Uebertreter im Jahre 1205 bekräftiget. In nachfolgenden Zeiten bestelleten die Paduaner hier und da im Lande ihre Podestà, durch welche noch heut zu Tage die Gerechtigkeit verwaltet wird, oder wenigstens verwaltet werden sollte, indem die Venetianer sich zu rühmen pflegen, wie ihre Unterthanen vor allen andern darinnen glücklich wären, daß sie allezeit fänden Pane in Piazza und Giustitia in Palazzo. Rand links: Verwaltung der Gerechtigkeit. Es ist aber insbesondere keinem Fremden zu rathen, daß er, was das letzte Stück anlanget, es auf die Erfahrung ankommen lasse.

Ich bin – – –

Fußnoten

1 Die Worte: fi fata evitari possent, sind fast ganz ausgekratzet.


2 PLINIVSHist. Nat. lib. XXXI, c. 6: Nec decolor species æris argentive (ut multi existimavere) medicaminum argumentum est, quando nihil eorum in Patavinis fontibus, ne odoris quidem differentia aliqua deprehenditur. Es sind aber außer Abano noch verschiedene andere Bäder in der Gegend von Padua. Des Fontis Aponi gedenket SVETONIVS, in Tiberio; cap. XIV. MARTIALIS hat lib. VI, Epigr 42 ein besonderes Carmen zu seinem Lobe verfertiget, worinnen er unter andern setzet:


Fons Antenoreæ vitam qui porrigis urbi.

LVCANVS schreibt lib. VII:

Euganeo (si vera fides memorantibus) augur

Colle sedens, Aponus terris ubi fumifer exit.


3 In dem Colloquio tertii diei schreibt er: in amore meo uil unquam turpe, nil obscœnum, nil denique præter magnitudinem culpabile. Adde modum; nihil pulchrius excogitari queat.


4 Weil ihn der Pabst im Jahre 1341 in Rom zu einem gekrönten Poeten gemacht hatte.


5 Vid. Jac. SALOMONIIInscriptiones agri Patavini, p. 580.


6 Die Gedichte des Petrarcha auf die Laura, und vornehmlich die drey Gedichte auf ihre Augen hatten unter den Meisterstücken der italienischen Dichtkunst bisher noch immer den Preis erhalten. In den neuern Zeiten aber hat Herr Muratorius zu Modena sich unterstanden, dieselben vieler unverantwortlichen Fehler zu beschuldigen, dadurch er sich die Streitschriften des Casaregi, Canevari und Tommasi zugezogen hat.


7 In Ulysse Belgico Gallico, p. 484; sg.

Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 2. Hannover 1751, S. 1076-1086.
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