III.
(1815.)

Wir treten in das Jahr 1815, Schubert's achtzehntes Lebensjahr. Dasselbe erscheint, was die Zahl der in diesem Zeitraum entstandenen Compositionen anbelangt, als das reichste. Ueber hundert Lieder, ein halbes Dutzend Opern und Singspiele, Sinfonien, Kirchen-, Kammer- und Claviermusik drängen sich da zusammen, und es ist geradezu unbegreiflich, woher der in der Schule und bei Salieri Vielbeschäftigte die fisische Zeit genommen hat, eine solche Masse von Notenzeichen auf das Papier hinzuzaubern.

Unbekümmert um Form, inneren Gehalt, Länge oder Kürze der Gedichte griff er für seine Lieder und Gesänge bald nach umfangreichen Balladen von Goethe, Schiller, Hölty, Bertrand, Körner, bald nach kurzen Strofenliedern der damals beliebten Dichter Schulze, Kosegarten, Mathisson, Klopstock, Fellinger, Stollberg u.s.f., oder nach den Gesängen Ossian's, nie verlegen um das musikalische Gewand, in welches er dieselben kleiden wollte. Einige von den in diese Zeit fallenden Liedern reihen sich schon dem Besten an, was Schubert auf diesem Gebiet geschaffen; dagegen finden sich unter der großen Masse auch solche, die einen verhältnißmäßig[56] geringen Werth haben1. Mit besonderer Vorliebe wendete er sich damals der Composition großer Balladen zu, und » Emma und Adelwold« – von Bertrand2 – ist wohl das umfangreichste Gesangstück, das Schubert je niedergeschrieben hat.

Der Zeitfolge nach ist die Ballade »Minona« von Bertrand (componirt am 8. Februar) die erste. Diese Composition ist schon unverkennbar von Schubert'schem Geist durchweht und erinnert, namentlich in der Clavierbegleitung, an die Ossian'schen Gesänge, von welchen einige zu eben dieser Zeit entstanden sind. Noch mehr ist dies der Fall mit »Amphyaraos« von Theodor Körner, welches große Gedicht er in der unglaublich kurzen Zeit von fünf Stunden (wie auf dem Original bemerkt ist) in Musik setzte. Die Composition ist bedeutend und verfehlt nicht des Eindruckes, wenn sie von einem tüchtigen Sänger ausdrucksvoll vorgetragen wird.

Am 7. Juni nahm er Bertrand's Ballade: »Emma und Adelwold« in Angriff. Die zu diesem Gedicht geschriebene[57] Musik füllt nicht weniger als fünfundfünfzig Seiten im Manuscript aus. Die Composition zerfällt in viele, durch Tonart und Rhythmus getrennte Theile, ist stellenweise bedeutend und zeichnet sich durch jene prägnante Charakteristik aus, die bei Schubert's Tondichtungen aus dieser Zeit überhaupt schon hervortritt. Einmal im Zug mit den Balladen, componirte er (am 16. Juni) die bekannte Schauergeschichte von Hölty: »Die Nonne«;


Es lebt in Welschland irgendwo

Ein schöner junger Ritter, u.s.w.


Auch dieses ausgedehnte Gesangsstück besteht aus mehreren Theilen, Vor- und Nachspielen, Recitativen u.s.f. und ist mit einer Sicherheit und Freiheit in der Sing- und Begleitungsstimme componirt, welche den Meister nicht verkennen läßt3.

Nach einer Mittheilung des Frh. Josef v. Spaun fällt in die letzten Tage dieses Jahres, oder spätestens in[58] den Beginn des Jahres 18164 auch noch die Composition des »Erlkönig«, jenes nächst dem bald darauf entstandenen »Wanderer« populärsten Liedes von Schubert, welches sechs Jahre später den Ruf desselben zuerst begründete und in kurzer Zeit Gemeingut der ganzen musikalischen Welt wurde. Schubert schrieb dieses Lied an einem Nachmittag auf seinem Zimmer in dem väterlichen Haus am Himmelpfortgrund. Spaun kam eben dazu, als sein Freund sich in Mitte der Arbeit befand. Er hatte das Gedicht in steigender Aufregung ein Paar Mal durchgelesen, und da während dieser Beschäftigung auch der musikalische Inhalt zu vollkommener Klärung gelangt war, wühlte er das Lied in jener Spanne Zeit auf das Papier hin, die eben zur Vollbringung der nur mehr noch mechanischen Arbeit erforderlich war. Die fertige Composition wurde am Abend desselben Tages in das Convict gebracht, wo sie Schubert und nach ihm Holzapfel den Freunden vorsang5. Da diese bei der Stelle: »Mein Vater, jetzt faßt er mich an«, bedenkliche Gesichter schnitten, übernahm es der Musikmeister Ruczizka, sie über die Zulässigkeit der musikalischen Dissonanz (die heut zu Tage sich ganz harmlos ausnimmt) aufzuklären und zu beruhigen. Als Vogl mit Schubert bekannt wurde, bemächtigte er sich sogleich dieses für ihn wie geschaffenen Liedes und sang es häufig in[59] Privatcirkeln, bis er endlich im Jahre 1821 bei Gelegenheit einer im Operntheater veranstalteten Akademie den »Erlkönig« in die Oeffentlichkeit einführte6.[60]

Von mehrstimmigen Gesängen sind »Der Morgenstern«, »Jägerlied« und »Lützow's wilde Jagd« – (von Th. Körner) – sowie zwei Mailieder von Hölty, als solche zu erwähnen, welche für zwei Singstimmen oder zwei Waldhörner componirt sind. Auch dreistimmige Gesänge finden sich vor, wogegen das Vocalquartett beinahe gar nicht vertreten ist. Von den Liedern aus diesem Jahr ist beiläufig ein halbes Hundert unveröffentlicht und unbekannt; die bedeutendsten unter diesen sind jedenfalls die früher erwähnten Balladen.

Welche erstaunlichen Fortschritte Schubert's musikalische Entwicklung schon um diese Zeit gemacht hatte, bezeugen einige Lieder (Ossian's Gesänge, Mignonlieder), die den Stempel der Meisterschaft an sich tragen, vor allem aber die Messe in G, von ihm im März 1815 für den Lichtenthaler Pfarrchor, und »insonderheit für jene seiner musikalischen Jugendfreunde geschrieben, die ebenfalls Schüler des regens chori Holzer gewesen waren«7. »Es ist diese Messe eines der gediegensten Kirchenwerke und namentlich das Kyrie, Credo und Agnus Dei von tiefer Conception. Im großen Ganzen wurde sie selbst von den später entstandenen Kirchencompositionen Schubert's nicht mehr übertroffen. Und dieses Meisterwerk ist die Arbeit eines achtzehnjährigen Jünglings – der freilich ein Genie war. Eine zweite Messe (in B)8, das erste Stabat mater (in B)9, ein großes Magnificat[61] und ein Paar kleinere kirchliche Musikstücke10 gehören ebenfalls dieser Zeit an. Im Gebiet der Kammermusik schrieb er für die ›Hausmusikanten‹ ein Streichquartett in G-moll, von welchem der erste und der letzte Satz sowie der erste Theil des Scherzo reizend, stellenweise bedeutend gehalten, die Schubert'sche Eigenart unverkennbar zur Anschauung bringen, während der zweite Satz und das Trio des dritten sich noch in den von Haydn beliebten Formen bewegen11

Die Claviermusik repräsentiren unter anderem12 auch zwei Sonaten (in C und F), wie es scheint, die ersten größeren Versuche in dieser Musikgattung, welchen aber nach einer kurzen Spanne Zeit eine Reihe schöner gediegener Compositionen folgte, als sprechende Zeugen der Energie und hohen Begabung, mit welcher Schubert auch auf diesem Feld voranschreiten sollte.

Damit war aber die Thätigkeit des rastlos schaffenden Tondichters noch nicht abgeschlossen. Auch die Orchestermusik und die Oper wollten ihren Theil abbekommen, und Schubert fand noch Muße, in diesem Jahr zwei Sinfonien und sechs[62] Singspiele, darunter eines in drei und eines in zwei Acten, zu vollenden.

Die Sinfonien sind jene in B und D13. Die erstere scheint niemals zu öffentlicher Aufführung gelangt zu sein; von jener in D wurde der letzte Satz in einem Gesellschaftsconcert in Wien (am 2. Dec. 1860) als »sinfonisches Fragment« zuerst aufgeführt und erfreute in hohem Grade durch seine Originalität, Frische und Formvollendung14.

Die Opern und Singspiele sind der Zeit der Entstehung nach folgende: »Der vierjährige Posten« (Mai), »Fernando« (Juli), »Claudine von Villabella« (Juli und August) und »Die beiden Freunde von Salamanka« (November und December). Auch »Der Spiegelritter«, »Der Minnesänger«15 und »Adrast«[63] (welche beide letzteren sich aber bis jetzt nicht vorgefunden haben) dürften in eben diese Periode fallen.

»Der vierjährige Posten«, Operette in einem Act von Theodor Körner, wurde am 13. Mai beendet16. Der Inhalt des Stückes ist folgender: Duval war als Feind mit seinem Regimente in ein deutsches Grenzdorf gekommen und hatte auf einem nahen Hügel die Wache bezogen. Als das Regiment weiter marschirte, vergaß man ihn abzulösen. Müde vom langen Wachstehen, steigt er Abends in das Dorf herab und vernimmt, daß seine Cameraden bereits fortgezogen seien. Er beschließt im Dorfe zu bleiben, lernt Käthchen, die Tochter des Dorfrichters Walther, kennen und heirathet sie. Der Zufall will, daß dasselbe Regiment nach vier Jahren wieder durch das Dorf marschirt – und damit beginnt das Stück. Duval – befürchtend, daß er als Ausreißer vor ein Kriegsgericht gestellt werden könnte, ersinnt folgende List: Er stellt sich in seiner Uniform wieder auf jenen Posten, von welchem er nicht abgelöst worden war, und da der Hauptmann, der ihn erkennt, den Soldaten befiehlt, ihn als Deserteur gefangen zu nehmen, droht Duval, sich auf das Recht der Wache stützend, jeden, der ihm nahe kommen würde, zu erschießen.[64] Während dieses Wortwechsels mit dem Hauptmann und den Soldaten erscheint der General, der, von dem ganzen Hergang in Kenntniß gesetzt, dem vierjährigen Posten Pardon ertheilt und ihm einen ehrenvollen Abschied ausstellen läßt.

Das Stück, zum Theil in Prosa, zum Theil in gereimten Versen verfaßt, enthält neun Scenen, und Schubert's Musik dazu, nebst der ziemlich umfangreichen (56 Seiten im Manuscript ausfüllenden) Ouverture, acht Nummern. Die Ouverture (comp. 13–16. Mai) beginnt mit einem Larghetto (D-Dur 6/8) als Einleitung zu einem lebhaften Satz, welcher bis zum Schluß ohne Unterbrechung fortbraust. Die Introduction (Allegretto con moto B-Dur 6/8, comp. 8. Mai) besteht aus einem Chor der Landleute, an welchem Käthe (Sopran), Duval (Tenor) und Walter (Baß) im Soloterzett theilnehmen. Auf diesen folgt ein Duett zwischen Duval und Käthchen; sodann ein Vocalterzett dieser beiden und Walthers, ein kurzes Recitativ Veit's und eine große Gebet-Arie Käthchens17. Ein Marsch, aus der Ferne ertönend, und der damit zusammenhängende Soldatenchor (tempo di marcia B-Dur 4/4, begleitet von Oboe, Clarinette, Fagott, Horn und Trompeten), sodann ein Ensemble und der Schlußchor mit Soloquartett bilden die noch übrigen Musikstücke der Operette, in welcher der gesprochene Dialog eine bedeutende Rolle spielt.[65]

Zur Aufführung im Theater ist das Singspiel nie gelangt; der Soldatenchor, ein munteres, charakteristisches Musikstück, wurde im Jahre 1860 in einer Abendunterhaltung des Wiener »Singvereins« mit Beifall zu Gehör gebracht18.

Zu Schubert's Convictgenossen zählte, wie bereits erwähnt worden, auch Albert Stadler, welcher nach des Ersteren Austritt aus der Anstalt noch in derselben verblieb und im Jahre 1815 das zweite Jahr der juridischen Studien absolvirte. Er kam mit dem damaligen Lichtenthaler Schulgehülfen öfters zusammen, und da dieser um jene Zeit von einer wahren Leidenschaft, Opern zu componiren, besessen war, und in der That auch eine Oper nach der andern in Angriff nahm, machte sich Stadler anheischig, für ihn ein kleines Drama zu verfassen, welches Anerbieten Schubert mit Freuden aufnahm. So entstand Fernando, ein Stück, in welchem (wie der Verfasser desselben jetzt darüber urtheilt) »dem Blitz und Donner, Schmerz und Thränen, als Lieblingsvorwürfen schwärmerischer Jugend,« eine Hauptrolle zugedacht ist. Die Musik dazu wurde innerhalb sechs Tagen componirt. Schubert erschien bei Stadler mit der fertigen Partitur19, die sie denn auch sogleich durchnahmen.[66] Dann ward die Arbeit bei Seite gelegt und weder Dichter noch Componist haben sich mehr darum bekümmert.

Die in dem Singspiele (verfaßt im April 1815) vorkommenden Personen sind: Fernando de la Porta, Eleonore seine Gattin, Filipp deren zwölfjähriger Sohn, ein Bauer, ein Jäger und ein Köhler.

Die Handlung spielt in einer rauhen Gegend der Pyrenäen in der Nachtzeit und währt bis zum anbrechenden Morgen.

Der Inhalt des Stückes, in welchem übrigens der gesprochene Dialog20 einen viel größeren Raum einnimmt, als der gesangliche Theil, ist folgender: Fernando de la Porta hat den Bruder seines Weibes erschlagen, weil dieser ihn verläumderischer Weise eines Verbrechens angeklagt hatte, und ist nach Verübung dieser That entflohen. Das Inquisitionsgericht verurtheilte den Mörder zum Tod und setzte einen Preis auf seinen Kopf. Einflußreiche Freunde erwirkten später (nach Aufhebung der Inquisition) seine Begnadigung, wovon aber Fernando, der sich in die Pyrenäen zurückgezogen hat und dort als Eremit verkleidet lebt, keine Kunde zugekommen ist. Eleonore, die, überzeugt von der Unschuld ihres Gatten, ihm das an dem Bruder im Jähzorn verübte Verbrechen verziehen, macht sich mit ihrem Sohne auf, um Fernando zu suchen und ihn seiner Familie wiederzugeben. In der Nähe der Klausner-Hütte angelangt, werden sie von einem Gewitter überfallen; Filipp, im Dunkel sich verirrend, verliert seine Mutter aus den Augen und ruft wehklagend ihren[67] Namen. (Beginn des Singspieles). Da erblickt er im Hintergrunde einen Wolf sich zwischen den Bäumen durchschleichen und mit einem Angstschrei läuft er davon.

Das Gewitter verzieht sich; Fernando, als Eremit gekleidet, tritt aus der Klause. Von Gewissensbissen gefoltert, wiederholt er sich die letzten Worte, welche das Opfer seiner Rache ihm zugerufen. Filipp tritt zu ihm, erzählt ihm sein Schicksal und bittet ihn um Schutz und Hülfe. In der Ferne fällt ein Schuß. Fernando verspricht dem Knaben, ihm in seinem Unglück beizustehen; als er ihn aber weiter um das Ziel seiner und seiner Mutter Reise befragt, singt ihm Filipp ein Lied vor, das er von seiner Mutter gehört, und welches die von Fernando verübte Mordthat zum Gegenstand hat. Dieser erblaßt, Filipp aber theilt ihm mit, daß die Mutter dem Mörder vergeben habe, und daß dessen Begnadigung mittlerweile erwirkt worden sei. Da kommt ein Bauer mit einem blutbefleckten Tuch, das er im Gestripp gefunden. Filipp und Fernando ergreift Entsetzen, denn sie ahnen, daß Eleonore die Beute jenes reißenden Thieres geworden sei, welches sich kurz vorher im Dickicht gezeigt hatte; der Bauer entfernt sich, Fernando hält nun mit seinem Geheimniß nicht länger mehr zurück und gibt sich seinem Sohne zu erkennen. Beide beklagen Leonorens Tod. Da erscheint diese, von einem Jäger und einem Köhler geführt. Fernando gebietet dem Sohne Schweigen; dieser stürzt in die Arme seiner Mutter. Der Köhler, der Jäger und Eleonore erzählen nun abwechselnd, wie der Wolf schon darangewesen, Eleonoren zu zerreißen, als er durch die Kugel des Jägers getroffen und von des Köhlers Art vollends getödtet worden sei. Diese beiden entfernen sich. Fernando fragt Leonoren, welch ein Geschick sie hieher getrieben habe,[68] und als er aus ihrem eigenen Munde vernimmt, daß sie dem Mörder verziehen habe, eilt er in seine Klause, um bald darauf in spanischer Tracht aus derselben hervorzutreten. Eleonore, die bereits von Filipp erfahren, daß der Eremit Fernando sei, wiederholt das Wort Verzeihung, und ein allgemeiner Freudengesang schließt das harmlose, fast kindische Textbuch.

Der musikalische Theil des Singspieles beginnt mit einer Introduction (Largo D-moll 4/4, nach 12 Tacten in Presto gehend), während welcher (im 30. Tact) der Vorhang emporrollt. Diese Einleitung, ein immer heftiger werdendes Gewitter darstellend, endet mit dem Recitativ Filipp's (Sopran), der in Klagetönen nach seiner Mutter ruft. Auf dieses folgt eine Art von Gebet mit Harmoniebegleitung, sodann eine Arie Fernando's, eine Romanze21 Filipp's, ein Duett zwischen Fernando und Filipp, eine Arie der Eleenore, ein Duett zwischen Fernando und Eleonore und das Finale, beginnend mit einem Duett zwischen den zuletzt Genannten, an welches sich ein Ensemble (Eleonore, Filipp, Fernando, Bauer, Köhler und Jäger) anschließt. Mit einem die Gattenliebe preisenden allgemeinen Freudengesang endet das Singspiel.

Auch »Fernando« ist noch nie auf einer Bühne aufgeführt worden; das Finale brachte Ferdinand Schubert wenige Jahre nach Franzens Tod in einem seiner Concerte mit noch andern Schubert'schen Opern-Bruchstücken zu Gehör.

Das dritte, für die Bühne bestimmte Stück ist Claudine von Villabella, Singspiel in drei Acten von Goethe.[69] Der Inhalt desselben faßt sich, soweit er den noch erhaltenen ersten Act der Partitur betrifft, in Folgendem zusammen: Die beiden Brüder Carlos und Pedro von Castellvechio hatten von ihrem Vater eine sehr ungleiche Behandlung erfahren. Carlos, der ältere, wurde nämlich seiner rauhen Gemüthsart wegen von diesem verstoßen, und treibt sich seit längerer Zeit unter dem Namen Rugantino als Anführer einer Räuberbande in den sizilischen Gebirgen herum; Pedro hat nach des Vaters Tod den Alleinbesitz der Güter übernommen, welchen er gerne mit seinem Bruder theilen würde, sobald er ihn nur ausfindig gemacht hätte. Verlobt mit Claudinen, der Tochter Alonzo's, Herrn von Villabella, auf welchem Schloß er eben einige Zeit zugebracht hat, verabschiedet sich Pedro, da sein Urlaub zu Ende, von der Familie, um seinen Verpflichtungen am Hofe des Königs nachzukommen. (Anfang des Singspieles.) Rugantino hat seinerseits einen Anschlag auf das Schloß von Villabella vor, aus welchem er Alonzo's schöne Nichte Lucinde mit Gewalt zu entführen gedenkt. Ein Theil der Vagabunden hält zu ihm, andere schließen sich dem Spießgesellen Rugantino's, Bosko an, um auf Beute anderer Art auszugehen. (Schluß des ersten Actes.)

Schubert hat alle drei Acte dieses Singspiels in Musik gesetzt. Leider aber sind dem Eigenthümer der Original-Partitur22 Herrn Josef Hüttenbrenner in Wien, die letzten[70] zwei Acte auf gleich trostlose Art wie jene zu »des Teufels Lustschloß« abhanden gekommen, so daß man sie als für immer verloren ansehen muß23. Die Musik des noch erhaltenen Bruchstückes ist zwar liedartig, aber reizend und charakteristisch gehalten, und die verloren gegangenen Theile, in welchen dem Componisten mehr Spielraum zur Entfaltung dramatisch-musikalischer Behandlung geboten ist, als in dem ersten Act, werden sich ohne Zweifel auf gleicher Höhe behauptet haben. Schubert selbst hielt etwas auf diese Composition, die er in dem Zeitraum von ein paar Monaten auf's Papier hinwarf, denn schon im November war er mit der zweiactigen Oper: »Die beiden Freunde von Salamanka« beschäftigt.

Dem Singspiel »Claudine« geht eine Ouverture24 (E-Dur 4/4) voraus, mit einem Adagio beginnend, das sodann in einen frischen Satz (Allegro vivace 4/4) übergeht.

Die Introduction bildet ein Terzett zwischen Luzinde, Alonzo und Pedro von Rovero, an welche sich ein Chor der Landleute anreiht. Auf diesen folgt eine von Streichinstrumenten begleitete Ariette der Luzinde, sodann eine Arie Claudinen's, eine Arie des Pedro (Tenor), eine Ariette[71] der Claudine, ein humoristisches Lied des Rugantino mit Chor der Vagabunden und das Finale (Wortwechsel zwischen Rugantino und Bosco, erster und zweiter Chor der in zwei Parteien sich scheidenden Vagabunden) – eine belebte Scene. Auch »Claudine« wurde nie scenisch dargestellt, und erstand aus dem Notenverließ, nicht um gekannt, sondern um verbrannt zu werden.

Die zweiactige Oper »Die beiden Freunde von Salamanka« verdankt ihr Entstehen dem Freundschaftsverhältnisse zwischen Schubert und Mayrhofer, welch letzterer das Textbuch verfaßte. Die Musik dazu wurde in dem Zeitraume vom 18. November bis 31. December 1815, mithin beiläufig in sechs Wochen componirt. Die Originalpartitur (im Besitz des Herrn Dr. E. Schneider) ist umfangreich und füllt der erste Act allein 320 geschriebene Seiten. Das Textbuch ist verloren gegangen25. So weit sich die Handlung der Oper aus der Partitur entnehmen läßt, strebt Graf Tormes nach dem Besitz der Gräfin Olivia, ohne sie persönlich zu kennen, nur angezogen von dem Ruf ihrer Schönheit.[72] Don Alonso haßt den Grafen, und um ihm Olivia's Besitz streitig zu machen, bestimmt er seinen Jugendfreund Fidelio zur Ausführung folgenden Planes: Diego, beider Freund, soll auf die Gräfin scheinbar einen Raubanfall ausführen, Alonso und Fidelio würden dann zu Hilfe eilen und sich auf diese Weise bei Olivia einführen.

Da nun diese, von unbestimmter Sehnsucht getrieben, an einem einsamen Orte, »wo der Giesbach über Felsen schäumt, ein tiefes Roth die Beeren säumt, und holder sind der Blumen Sterne«, umher wandelt, überfällt sie Diego; auf ihren Hilferuf stürzen die beiden Freunde herbei, Diego entspringt, Olivia's Leute kommen heran; Eusebia, die Vertraute der Gräfin, erkennt in Fidelio ihren Geliebten; alles zieht in Jubel auf das nahegelegene Schloß. Olivia verliebt sich in ihren Retter, verzeiht ihm nach erfolgter Aufklärung die Angst, in die er sie durch den von ihm veranstalteten Ueberfall gesetzt hat, und beide werden ein Paar.

Graf Tormes wird von Fidelio zu Eusebia geführt, die er für Olivia hält, und um deren Hand er sich nun bewirbt. Eusebia, in das Geheimniß eingeweiht, gibt sich nicht zu erkennen, bis endlich Olivia selbst kommt und Tormes erfahrt, daß er getäuscht worden sei.

Nebenbei bewirbt sich Diego, ein junger Jurist, um des Alkalden Tochter Laura. Dieser überträgt ihm, nachdem er die Prüfung aus den Digesten gut überstanden, mit Einwilligung der Gräfin seine Richterstelle und gibt seine Einwilligung zu der gewünschten Heirath. Alonso geht allenthalben leer aus.

Der Oper geht eine Ouverture voraus und dieser folgen achtzehn Gesangsstücke. Der erste Act enthält deren sieben: Eine Introduction als Einleitung zu einem Terzett[73] zwischen Alonso (Tenor), Diego (Tenor) und Fidelio (Baß); eine Arie des letzteren, ein Quartett (die Vorigen und Tormes), eine Arie der Olivia (Sopran), ein Terzett (Olivia, Eusebia und ein Bauer), ein Duett (Alonso und Diego) und das Finale, ein Ensemblestück, an welchem außer den Genannten auch der Alcalde, Laura, der Chor der Männer und der Frauen theilnehmen.

Der zweite Act beginnt in anmuthig heiterer Weise. Es ist Weinlese; Winzer und Winzerinnen sind, mit dem Einsammeln der Trauben beschäftigt, des Festes gewärtig, das ihrer nach der Arbeit harrt. Das Orchester26 spielt eine Introduction im ländlichen Stil. (Allegretto F-Dur 2/4.) Der Schaffner tritt unter das Winzervolk, um es zur Arbeit aufzumuntern.


Laßt nur alles leichtfertige Wesen,

Hurtig die Trauben gelesen,

Was soll das Grüßen,

Das Flüstern und Küssen?


ruft er den Arbeitern zu; diese antworten im Chor:


Zum Moste stampfen wir die Beeren,

Der Most muß gähren,

Sich veredeln und zum Wein,

Zum süßen Blute roth und rein u.s.w


Ein allgemeiner Chor, der zum Feste ruft, schließt die belebte, musikalisch alla Pastorale gehaltene Scene.

Das nächste Musikstück ist ein national-charakteristisches Lied eines Guerillas (Baß):


Guerillas zieht durch Feld und Wald

In rauher Kriegeslust u.s.w.,


welches nach dem Hinzutreten eines zweiten Guerillas von beiden wiederholt wird. Darauf folgt eine Arie des[74] Tormes, eine Arie des Xilo (Baß), ein Duett zwischen diesem und Tormes, ein Duett zwischen Diego und Laura, eine Arie der Olivia, ein Duett zwischen ihr und Alonso, eine Romanze des Diego, ein Terzett zwischen dem Alcalden, Laura und Diego, eine Arie der Laura und endlich das Finale, an welchem alle Personen des Stückes theilnehmen.

Auch diese Oper, in welcher übrigens Schubert, ohne seine Eigenthümlichkeit völlig zu verleugnen, im Ganzen sich vorwiegend dem Stil des Singspieles der älteren Componisten anschließt, ruht bis zu dieser Stunde ungekannt in des Tondichters musikalischem Nachlaß.

Nebst den oben genannten Opern und Singspielen sind noch: »Die Minnesänger«, »Adrast« und »Der Spiegelritter« zu erwähnen. Daß Schubert das Singspiel: »Der Minnesänger« (wahrscheinlich jenes von Kotzebue) in Musik gesetzt hat, wird mit Bestimmtheit versichert27; auch von der Oper »Adrast«28 von Mayrhofer soll Einzelnes componirt sein, es fehlt aber bis jetzt jede Spur davon. Die dreiactige Oper von Kotzebue »Der Spiegelritter« dürfte er vollständig in Musik gesetzt haben. Von dieser hat sich ein Bruchstück vorgefunden29. Der Operntext enthält Arien, Duette, Ensemblestücke und Chöre, und ist vorwiegend von possenhaftem Charakter. Der Inhalt des[75] Singspieles, soweit er das musikalische Bruchstück anbelangt, faßt sich in Folgendem zusammen: Prinz Almador, Sohn des Königs von Dummistan, bisher in üppigem Hofleben aufgewachsen, wird von seinem Vater auf Reisen und Abenteuer gesendet, auf daß er sich zum Manne bilde und Ruhmesthaten vollbringe. Schmurzo, das Stichblatt des Witzes bei Hof, soll ihn begleiten. Als Sinnbild und Wahlspruch überreicht der Zauberer Burrudusasussi dem Prinzen einen blauen Schild, worauf ein Spiegel mit den Worten: »Der Tugend treu.« Das Spiegelglas hat die Eigenschaft, bei drohenden Gefahren zu erbleichen; das Geheimniß, daß, wenn seine Strahlen das Bild Milnis, der verzauberten Königin der schwarzen Inseln, zurückwerfen sollten, diese von dem auf ihr lastenden Fluch ewigen Hungers erlöst werden würde, bleibt dem Ritter verborgen. Almador und Schmurzo treten die Reise an.

Das aufgefundene Bruchstück enthält die Arie des Königs30, ein humoristisches Quintett des Schmurzo und der ihn neckenden und verspottenden Damen31; eine Arie32 des Prinzen (Tenor), ein Duett33 der Eltern des Prinzen (Sopran und Tenor), ein Ensemblestück34 mit Chor, eine[76] Arie35 des Prinzen, eine Arie36 des Zauberers mit Chor und ein Fragment der Arie des Prinzen.

Ueber die Entstehung und das Schicksal dieser Oper ist nichts weiter bekannt geworden.

Alle diese in rascher Aufeinanderfolge entstandenen Singspiele sind in erster Linie als Versuche Schubert's anzusehen, sich die dramatisch-musikalischen Formen in kleinerem Rahmen durch Selbstschaffen eigen zu machen. Nebstdem unterliegt es keinem Zweifel, daß der Drang, Opernmusik zu schreiben, welchen wir bei so vielen großen Meistern schon in frühester Zeit erwachen sehen, auch bei Schubert unwiderstehlich zum Durchbruch gekommen ist, der freilich einem derartigen Verlangen nach seiner Weise durch Massenproduction Genüge zu leisten wußte. Der musikalische Gehalt dieser Operetten reiht sich wohl nicht dem Bedeutenderen an, was Schubert überhaupt geschaffen, auch würden dieselben, als Theaterstücke gesehen, von der Bühne herab der jetzigen Geschmacksweise wahrscheinlich nicht mehr zusagen, zumal wenn man die Naivetät einiger der benützten Textbücher in Betracht zieht37; andererseits aber wäre es ein Irrthum, wollte man glauben, daß in diesen Erstlingen der dramatischen Muse Schuberts nur die Schülerhaftigkeit eines – allerdings hochbegabten – Anfängers zu Tage trete; denn der in Melodien[77] unerschöpfliche, mit den Gesetzen der Harmonie und der Kunst der Instrumentirung vollkommen vertraute Tondichter, welcher um jene Zeit schon mehrere seiner schönsten Lieder geschrieben und das Zeug in sich hatte, ein Werk, wie es die G-Messe ist, zu schaffen, bewegt sich auch in diesen dramatisch-musikalischen Arbeiten mit einer Leichtigkeit und Sicherheit in der Behandlung des vocalen und instrumentalen Theiles, daß da von schülerhaften Versuchen nicht die Rede sein kann38. Eine Aufführung des musikalischen Theiles der Operetten im kleinen Concertraum würde manch' reizendes Stück zu Tage fördern.

Die Lust Opern zu schreiben hat übrigens Schubert nie verlassen. Es trat wohl hie und da eine längere Pause ein, im Ganzen genommen ist aber seine Thätigkeit auf diesem Felde eine überraschend fruchtbare, und trotzdem, daß in späterer Zeit die Ungunst der Theaterverhältnisse seinen zwei größeren Bühnenwerken die ihnen gewissermaßen schon zugesicherte Aufnahme in das Repertoir verwehrte, sehen wir doch den Unermüdlichen noch am Ende seiner Tage abermals mit dem Gedanken an eine neue Oper beschäftigt.

Was von Schubert's dramatisch-musikalischen Arbeiten während seiner Lebzeiten auf der Bühne zur Aufführung gelangte, gehört ausschließlich dem Melodram und der musikalischen Posse an.

1

Herr Spina besitzt die Autografe von sieben Liedern, die an ein und demselben Tag (15. Oct. 1815) componirt wurden; am 19. Oct. folgten abermals vier Lieder.

2

Wer der Verfasser der obengenannten Balladen (Bertrand) seinem Stande nach gewesen, und wie Schubert auf diese, wie es scheint, nie im Druck erschienenen Gedichte verfallen sein mochte, darüber ist mir keine Sicherheit geworden. Möglich, daß es Anton Franz Bertrand war, der das Duodrama: »Pyramus und Thesbe« (Halle 1787) für den Componisten Benda schrieb. Die Autografe der Balladen: »Emma und Adelwold«, »Minona«, »die Nonne«, und »Amphiaraos« besitzt die Verlagshandlung Spina.

3

Nebst den erwähnten Balladen gehören noch »die Bürgschaft« (von Schiller), »Die Spinnerin«, »Der Sänger«, »Der Rattenfänger« (von Goethe) und »Der Liedler« (von Kenner) diesem Jahre an. – Unter den anderen (im Gesammt-Verzeichniß enthaltenen) Liedern befindet sich »Punschlied« (von Schiller), dessen Schluß mit jenem in »Lodas Gespenst« ein und derselbe ist; ferner »Mignons Gesang« mit Nr. 4 bezeichnet; Schubert hat nämlich dieses Gedicht vier Mal als Lied, außerdem ein Mal als Duett und ein Mal als Quintett, componirt; sodann »Der Kampf« (»Freigeisterei der Leidenschaft« von Schiller), von welchem nur ein Paar Strofen in Musik gesetzt sind, und eine »Improvisation« von Schiller:

Es ist so angenehm, so süß,

Um einen lieben Mann zu spielen,

Entzückend wie im Paradies

Des Mannes Zauberkraft zu fühlen.

4

Das Datum ist ohne Zweifel auf dem Manuscript angegeben. Dieses besitzt Frau Clara Schumann. Das Lied ist übrigens von Sch. zweimal componirt worden, das zweite Mal mit der, auch in den Stich übergegangenen Triolenbegleitung.

5

Damit entfallen die mannigfachen Ausschmückungen, mit welchen die geschäftige Fantasie die Genesis des »Erlkönig« zu umgeben wußte.

6

Nach dem Erscheinen des »Erlkönig« im Stich wurde die Composition in verschiedener Weise ausgenützt. So schrieb Anselm Hüttenbrenner »Erlkönig-Walzer«, über welche Profanirung Schubert etwas ungehalten war, und die in der Musikzeitung des bekannten Tondichters und Schriftstellers Friedrich August Kanne darüber erschienenen Disticha sich herausschrieb, um sie Herrn Jos. Hüttenbrenner, wahrscheinlich zur weiteren Mittheilung an Anselm, zu übergeben. Die Disticha lauteten:

1. Das Gefühl.

(Frage.)

Sag mir, strömt das Gefühl der jetzigen Welt nur dem Bein zu?

Antwort:

Seit sich die Menschen geschnürt, sanken die Herzen hinab.

2. Köder.

(Frage.)

Sage mir, lieblicher Kauz, was siehst in den Werken des Goethe?

Antwort:

Titelchen stör' ich mir auf; – Erlkönig – Deutsche, ich sind's.

3. Dreiachteltact.

(Frage.)

Sprich, wie tanzt man den deutlich der Geisterwelt furchbare Schauder?

Antwort:

Kann man nicht jegliches Lied tanzen der heutigen Welt?

An Bearbeitungen der Schubertschen Ballade in Cantatenform, für Orchester und an mannigfachen Transcriptionen fehlt es nicht. – Auch über den Werth des Liedes wurde gestritten, und während es die einen zum Himmel erhoben, meinte ein Kritiker in der allgem. musik. Leipziger Zeitung, alles was der König sage, sei unwahr, da an diesen schmeichelnden Melodien vielleicht eine weibliche Tugend, nimmermehr aber ein Kind vor Grausen in den schützenden Armen des Vaters sterben werde.

7

Nach einer Mittheilung des Herrn Doppler.

8

Sie ist als op. 141 bei Haslinger im Stich erschienen, und wird in Wien öfter als andere Messen Sch's. aufgeführt.

9

Für gemischten Chor mit Begleitung von Streich- und Blasinstrumenten und Orgel.

10

Es sind dies ein Salve regina, ein Offertorium und das zweite Dona nobis zu der F-Messe (1814). – Das Autograf des erstgenannten (mit dem Datum 5. Juli) besitzt Dr. Schneider in Wien.

11

Das Scherzo erinnert in Gestalt und Ausdruck an den energisch gehaltenen ersten Theil des Scherzo der G-Moll Sinfonie von Mozart, für welche Sch. große Vorliebe hegte. – Das Manuscript des Quartettes besitzt der Musikverein in Wien. Herr Josef Hellmesberger hat es im Jahre 1863 aufgeführt.

12

12 Deutsche mit Coda, 10 Variationen und Ecossaisen (Frl. Maria Spaun gewidmet).

13

Die Sinfonie in B wurde, wie auf dem, in Händen des Herrn Dr. Schneider befindlichen Manuscript zu ersehen ist, am 10. December 1814 begonnen und am 24. März 1815 beendet. Sie besteht aus vier Sätzen: Einem Largo 4/4, als Einleitung zu einem Allegro vivace, einem Andante in Es 3/4, einem Menuet mit Trio in Es 3/4 und dem Finale: Presto vivace inB-Dur 2/4: die Sinfonie in D (mit dem Datum 24. Mai 1815 auf der Original-Partitur) hat ebenfalls vier Sätze: ein Adagio maestoso 3/4, ein Allegro con brio übergehend, ein Allegretto, einen Menuet mit Trio (Allegro vivace D-Dur 3/4) und das Finale (Presto vivace D-Dur 6/8).

14

Die übrigen Fragmente bildeten: der erste und zweite Satz der tragischen Sinfonie in C-Moll (1816) und das Scherzo der sechsten in C (comp. 1818).

15

In C.M. v. Webers Biografie (von Max Weber) wird einer Operette gleichen Namens erwähnt.

16

Die Original-Partitur ist im Besitz des Herrn Dr. Schneider. – Auf dem Titelblatt des Körner'schen Singspieles findet sich folgende Bemerkung: »Die Absicht des Dichters war, daß dieses Singspiel durchgängig wie ein Finale componirt werden sollte. Auf diese Art ist es von Steinaker in Musik gesetzt und im Theater an der Wien aufgeführt worden.« – Steinaker (Carl), 1785 in Leipzig geboren, studirte in Wien und schrieb mehrere Operetten, darunter »Die Vedette«. Er machte, wie Körner, den Befreiungskrieg mit und starb 1815.

17

Der erste Theil der Arie (Adagio Es-Dur 3/4) ist von Clarinette, Horn und Fagott begleitet; in dem Allegro affettuoso (E-Moll 2/4), welches mit den Worten beginnt: »Nein, das kannst du nicht gebieten«, tritt die volle Orchesterbegleitung ein. Die Arie liegt sehr hoch und ist schwierig auszuführen.

18

Das musikalische Detail der im Jahre 1815 componirten Singspiele ist mir, einige Musikstücke ausgenommen, nicht bekannt geworden. – Die Operette: »Der vierjährige Posten« ist auch von Reineke componirt.

19

Auf der Original-Partitur (im Besitz des Herrn Dr. Schneider) steht geschrieben:

Fernando,

ein Singspiel in Einem Aufzug von A.... St....

Die Musik ist von Franz Schubert, Schüler des Herrn Salieri.

Den 3. Juli 1815 angefangen den 9. Juli geendigt.

20

Das Textbuch umfaßt 42 vollgeschriebene Seiten.

21

Die Romanze als Strofengesang fehlt beinahe in keiner der Schubert'schen Opern.

22

Das Manuscript trägt ebenfalls die Aufschrift: Die Musik ist von F. Schubert, Schüler des Herrn von Salieri, 1815. – Der erste Act hat das Datum 26. Juli und 5. August als Zeitpunct der Inangriffnahme und Beendigung desselben. Schubert componirte daher denselben in 11 Tagen. – Johann Andrä in Offenbach, der Freund Goethe's, hat dasselbe Singspiel 1774 in Musik gesetzt. (O. Jahn Mozart III. Band S. 79.) Auch Jos. Drechsler (1823–1829), Kapellmeister in dem Leopoldstädter Theater, componirte es.

23

Mit den beiden Acten ist nämlich, nach Herrn Hüttenbrenners Mittheilung, während seiner Abwesenheit von Wien im Jahre 1848, von seinen Hausgenossen eingeheizt worden. Auch die angefertigte Copie ist auf diese Weise zu Grunde gegangen.

24

Eine Copie der Ouverture besitzt Herr Witzendorf in Wien. – Von Reineke existirt ebenfalls eine Ouverture zu »Claudine«.

25

Freiherr v. Feuchtersleben wollte es in die von ihm besorgte neue Ausgabe der Mayrhofer'schen Gedichte aufnehmen; wie er aber selbst bemerkt, kam er auf mehrseitigen Rath und mit Rücksichtnahme auf den größeren Theil des Lesepublicums von diesem Vorhaben wieder ab, und blieben sowohl »die Freunde von Salamanka«, als auch »Adrast« von der Sammlung ausgeschlossen. Die Folge davon ist, daß die Texte beider Stücke höchst wahrscheinlich gar nicht mehr existiren, da von Mayrhofer's literarischem Nachlaß, der sich im Besitze des Herrn v. Feuchtersleben befand, derzeit, mit Ausnahme einiger Citate aus Herder, nichts mehr zu finden ist, und die Manuscripte, wie man mir sagte, »wahrscheinlich von den Mägden verstreut und vernichtet wurden.«

26

Violine, Viola, Cello, Oboe, Fagott und Baß.

27

Ferd. Schubert und Bauernfeld erwähnen dieser Oper.

28

Wahrscheinlich der Peripathetiker und musikalische Schriftsteller Adrastrus von Philipoppolis. Herr Jos. Hüttenbrenner behauptet, daß Schubert einen Chor daraus componirt habe.

29

Bei Ferd. Schubert's Familie. Dasselbe besitzt jetzt der Wiener Musikverein.

30

Arie für Baß in C-Dur 4/4:

Der Sonnenstrahl ist warm,

Doch wärmer ist Mutterliebe u.s.w.

31

Wir gratuliren Dummkopf u.s.w.

32

Ach es ist schön, fremde Länder zu seh'n u.s.w.

33

Wohl ist nur halbe Freude, die Vaterland nicht gab, u.s.w.

34

Ein Sinnbild auf dem blanken Schild, u.s.w.

35

Schweigt, haltet graues Haar in Ehren, u.s.w.

36

So nimm, du junger Held,

Den Spiegel im blauen Feld.

37

An läppischen Operntexten fehlt es zwar auch jetzt nicht; aber die Methode, nach welcher in Unsinn gemacht wird, ist eine andere, – zeitgemäße geworden.

38

Aus einigen Bruchstücken, welche mir bekannt geworden sind, läßt sich – bei Schubert – wohl auf das Ganze schließen.

Quelle:
Kreissle von Hellborn, Heinrich: Franz Schubert. Wien: Carl Gerold's Sohn, 1865, S. 55-78.
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