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[38] Original: im Mozarteum zu Salzburg


An Karl Mozart in Mailand


Wien, am 26. July [1807],

am 16. Geburztage Deines Bruders.


Liebster Karl! Mit dem Gemmenhandel werde ich mich wohl nicht abgeben können. Sind es anticke oder sind es neu gemachte? Im ersten Falle würden sie sehr kostbar seyn; von der zweyten Art giebt es hier genug. Eine zur Probe zu schikken, sagt man [d.h. Nissen] mir, sey nicht genug, und ein Packet zu schikken, wäre zu viel und zu verantwortlich. Ich könnte weiter nichts thuen als sie einem Kunsthändler anzubieten, aber dazu müßte ich ihm Proben zeigen können. Es thut mir sehr leid, daß Pinali sich mit Dir entzweyt hat, und es soll mich herzlich freuen, wenn Du wirklich keine Schuld daran hast, da Du ihm so große Verbindlichkeiten schuldig bist. Dieses mußt Du ja nie vergeßen und ihm dafür danckbar bleiben und nur mit Achtung und Bedauern, ihn verloren zu haben, von ihm sprechen.[38] Dadurch erwirbst Du Dir selber Achtung von allen Leuten, deren Achtung wünschenswert ist, und kannst ihn sogar wiedergewinnen. Es ist ein hässlicher und traueriger Anblick, wenn Freunde sich entzweyen; besonders wenn der eine ein Wohlthäter des anderen war. So wie Pinali mir schrieb, daß Du aufgehört hättest fleißig zu seyn, daß er in Deinen Augen gar nichts gölte, daß Du keinen freundschaftlichen Rath von ihm annähmest, daß er gar keinen Einfluss mehr auf Dich hätte, müßte ich Dich verurtheilen und Dich des gar bösen Lasters der Undankbarkeit schuldig halten. Da nun aber Asioli mir das Gegentheil schrieb, so will ich es glauben und mich herzlich darüber freuen. Cultivire den würdigen Asioli, dem Du Deine ganze Zukunft zu dancken haben wirst, um so viel mehr!

Nach Deinen Briefen muß ich glauben, daß viele [davon] an mich verloren gehen. Asioli meldete. Du müßtest mir von Pinalis Betragen geschrieben haben; aber ich habe nichts erhalten, und es war schon oft der Fall, daß Du Dich auf Briefe berufen hast, die mir nie zu Gesicht kamen. Ich will nicht zweifeln: aber warum geschihet es mir nur mit Deinen? Trage deine Briefe selber auf die Post! Du willst wißen, wie mirInez de Castro [von Peter Winter]1 gefällt? Ganz und gar nicht, so viele Mühe sich auch Madame Sessi oder Mde Natorp dabei gab. Dagegen gefühl mirAdelasia von [Simon] Mayr ganz wohl, und ich muß bekennen, daß ich lange von Idaljenn [= Italien] keine so gute Musique gehört habe. [Die] Orazier sind nicht gegeben worden. Zu Ende dieses Monats hören die wälschen Operen ganz und gar auf, und wir verlieren dadurch die so brave Sessi, die ich so gerne höre. Adieu! Lebe wohl, vernünftig und fleißig! Schreibe mir nicht so selden und sage mir doch einmahl, welchem Fache in der Musique Du Dich widmest! Und mache, daß ich doch einmahl etwas von Dir zu Gesicht bekomme. Und kannst Du mir nicht mit dieser Gelegenheit vielleicht einen feinen schönen Strohhuth, der nicht gar zu theuer ist, schikken, so wirst Du mir eine große Freude machen; aber er muß schön gelb und fein seyn, und damit Du es weißt: der Unterschied im Stroh ist sehr groß. Es giebt sehr schön gelbes und auch schwarzgelbes, welches ich nicht mag; es muß goldgelb seyn. Hier kostet ein solcher Huth 20 Gulden, auch 30 Gulden. Sollten sie in Mailand auch[39] so theuer seyn, so will ich keinen und mir meinen gusto vergehen laßen. Auf 10 bis 12 Gulden wollte ich mich einlaßen, denn die Mauth würde auch was kosten. Hast Du gar nicht mehr von Natorp gehört? Adieu!

Ewig Deine Dich sehr liebente

Mutter.


[Nachschrift:] Hierinnen findest Du die gewöhnliche Anweisung; [Nachschrift Nissens:] sie ist diesmal auf 40 Gulden.

[Nachschrift Nissens:] Am 11. July habe ich, Deine Mutter, dem ehrwürdigen Asioli auf seinen letzten Brief geantwortet. Ich höre durch Dich nichts mehr von dem guten Grafen Baldasseroni. Empfiehl mich und Nissen ihm; hat er die 40 Gulden bezahlt, die er mir schuldig ist?

C[arl] N[issen].

Fußnoten

1 Peter Winter (1754–1825), Schüler und Intimus des Abbé Vogler, seit 1778 in München. Mozart hat ihn 1777 in Mannheim kennengelernt.


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 40.
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