§. 20.

[248] Diejenigen, welche recht sehr auf die Wortforschung erpicht sind, haben auch einen erwünschten Gegenwurf an dem Wort Tirata, welches einige vom italiänischen tirare, da es nämlich ziehen heißt, und sich zur Bildung gar vieler und unterschiedlicher Sprichwörter brauchen läßt; andere aber vom tirata ein Schuß, oder tirare schiessen herleiten: wo es schon im figürlichen Verstande genommen wird, und eigentlich eine welsche Redensart ist. Beyde haben recht. Und da die Tirata nichts anders ist, als eine Reihe stuffenweise auf oder absteigender Noten, die zwischen zwoen anderen Noten, welche von einander etwas entfernet sind, willkührlich angebracht werden; so kann es auch eine geschwind und eine langsame Tirata geben: nachdem nämlich das Zeitmaaß geschwinde oder langsam ist; oder nachdem die zwo Noten weit von einander entfernet sind. Ist die Tirata langsam? so heißt es ein Zug, und kömmt vom tirare Ziehen: denn man ziehet den Gesang durch viele Töne von einer Note zu der andern, und man verbindet die zwo auseinander stehenden Noten durch die zwischen denselben liegenden übrigen Intervallen. Ist die Tirata aber geschwind? so geschieht zwar die nämliche Verbindung: allein sie geschieht so geschwind,[248] daß man sie einem Pfeilwurfe oder Schusse vergleichen kann2. Hier sind Beyspiele.


Ohne Zierde.


20.

Mit einer langsam absteigenden Tirata.


20.

Ohne Zierde.


20.

Mit einer langsam absteigenden Tirata.


20.

Ohne Zierrat.


20.

Mit einer absteigenden geschwinden Tirata.


20.

[249] Ohne Zierat.


20.

Mit einer aufsteigenden langsamen Tirata.


20.

20.

Ohne Auszierung.


20.

Mit einer aufsteigenden geschwinden Tirata.

Ey! ist das nicht ein Schuß?

Quelle:
Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Wien (1922), S. 248-250.
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