110. Mozarteum.

[181] Paris 31. Juli 1778.

Ich hoffe Sie werden meine zwei letzten vom 11. und 18. (glaube ich) richtig erhalten haben – ich habe unterdessen Ihre zwei vom 13. und 20. empfangen. Das Erste preßte mir Thränen des Schmerzes aus, weil ich wieder an den traurigen Hintritt meiner lieben seeligen Mutter erinnert wurde und mir alles wieder lebhaft vorkam. Das werde ich gewiß[181] mein Lebtage nicht vergessen. Sie wissen daß ich mein Lebetag (obwohl ich es gewunschen) niemand habe sterben sehen, und zum ersten Male mußte es just meine Mutter sein. Auf diesen Augenblick hatte ich auch am meisten Sorge und bat Gott flehentlich um Stärke. Ich wurde erhört – ich hatte sie. So traurig mich Ihr Brief machte, so war ich doch ganz außer mir vor Freude, als ich vernahm, daß Sie alles so nahmen wie es zu nehmen ist, und ich folglich wegen meinem besten Vater und liebsten Schwester außer Sorge sein kann. Sobald ich Ihren Brief ausgelesen hatte, so war auch das Erste, daß ich auf die Kniee niederfiel und meinem lieben Gott aus ganzem Herzen für diese Gnade dankte. Nun bin ich ganz ruhig, weil ich weiß, daß ich wegen den zwei Personen die mir das Liebste auf dieser Welt sind, nichts zu befürchten habe, – welches nun das größte Unglück für mich wäre und mich ganz gewiß darniederreißen würde. Sorgen Sie also beide für Ihre mir so schätzbare Gesundheit, ich bitte Sie, und gönnen Sie demjenigen, der sich schmeichelt, daß er Ihnen nun das Liebste auf der Welt ist, das Glück, Vergnügen und die Freude Sie bald umarmen zu können.

Ihr letzter Brief preßte mir Thränen der Freude aus, indem ich dadurch immer mehr Ihrer wahren väterlichen Liebe und Sorge gänzlich überzeugt wurde. Ich werde mich aus allen Kräften bestreben Ihre väterliche Liebe immer mehr zu verdienen. Ich danke Ihnen für das Pulver durch den zärtlichsten Handkuß und bin überzeugt, daß Sie froh sind, daß ich nicht benöthigt bin Gebrauch davon zu machen. Unter der Krankheit meiner seeligen Mutter wäre es einmal bald nothwendig gewesen, aber jetzt, Gott Lob und Dank, bin ich ganz frisch und gesund. Nur bisweilen habe ich so melancholische Anfälle, da komme ich aber am leichtesten davon durch Briefe die ich schreibe oder erhalte; das muntert mich dann wieder auf. Glauben Sie aber sicher, daß es niemalen ohne Ursache geschieht. –

Sie wollen eine kleine Beschreibung von der Krankheit und von allem haben? – Das sollen Sie. Nur bitte ich daß ich ein wenig kurz sein und nur die Hauptsachen schreiben darf, indem die Sache einmal vorbei und leider nicht mehr[182] zu ändern ist und ich nothwendig Platz brauche um Sachen zu schreiben, die unsere Situation betreffen. Erstens muß ich Ihnen sagen, daß meine selige Mutter hat sterben müssen. Kein Doctor in der Welt hätte sie dieses Mal davon bringen können. Denn es war augenscheinlich der Wille Gottes so, ihre Zeit war nun aus und Gott hat sie haben wollen. Sie glauben sie hat sich zu spät Ader gelassen – es kann sein, sie hat es ein wenig verschoben. Doch bin ich mehr der Meinung hiesiger Leute, die ihr das Aderlassen abgerathen und sie eher ein Lavement zu nehmen zu bereden suchten. Aber sie wollte nicht und ich getraute mir nichts zu sagen, weil ich die Sachen nicht verstehe und folglich die Schuld gehabt hätte, wenn es ihr nicht wohl angeschlagen hätte. Wenn es meine Haut gegolten hätte, so hätte ich gleich meinen Consens dazu gegeben, denn hier ist es sehr in Schwung. Wenn einer ein wenig erhitzt ist, so nimmt er ein Lavement, und der Ursprung der Krankheit meiner Mutter war nichts als innerliche Erhitzung. Wenigstens hielt man es dafür. Wie viel man ihr Blut gelassen hat, kann ich nicht accurat sagen, weil man hier nicht unzenweis sondern tellerweis läßt. Man hat ihr nicht gar 2 Teller voll gelassen; der Chirurgus sagte, daß es sehr nothwendig war; weil aber so eine entsetzliche Hitze diesen Tag war, so getraute er sich nicht mehr zu lassen. Etliche Tage war es gut, dann fing aber der Durchlauf an, kein Mensch machte aber etwas daraus, weil es hier allgemein ist, daß alle Fremde, die stark Wasser trinken, das Laxiren bekommen. – – Den 19. klagte sie Kopfweh, da mußte sie mir fürs erste mal den ganzen Tag im Bett bleiben. Den 20. klagte sie Frost und dann Hitze. Ich gab ihr also ein antispasmotisches Pulver. Unter dieser Zeit wollte ich immer um einen Doctor schicken, sie wollte aber nie, und da ich ihr stark zusetzte, so sagte sie mir, daß sie kein Vertrauen auf einen französischen Medicum habe. Ich schaute also um einen deutschen. Ich konnte natürlicherweise nicht ausgehen, mithin wartete ich mit Schmerzen auf den Mr. Heina, der alle Tage unfehlbar zu uns kam; nur diesmal mußte er 2 Tage ausbleiben. Endlich kam er, und weil der Doctor den andern Tag darauf verhindert war, so konnten wir ihn nicht haben.[183] Mithin kam er erst den 24. Den Tag vorher, wo ich ihn schon so hergewunschen hätte, war ich in einer großen Angst, denn sie verlor auf einmal das Gehör. Der Doctor, ein etlich und 70 jähriger Deutscher, gab ihr Rhabarber mit Wein angemacht. Das kann ich nicht verstehen, man sagt sonst, der Wein hitzt. Wie ich aber dieses da sagte, schrie mir alles entgegen: Ei beileibe, was sagen Sie? der Wein hitzt nicht, er stärkt nur; das Wasser hitzt! Und unterdessen begehrte die arme Kranke mit Sehnsucht nach frischem Wasser. Wie gern hätte ich sie befriedigt! Bester Vater, Sie können sich nicht vorstellen, was ich ausgestanden. Da war kein anderes Mittel, ich wußte sie in Gottes Namen den Händen des Medicus überlassen. Alles was ich mit gutem Gewissen thun konnte, war daß ich unaufhörlich zu Gott bat, daß er alles zu ihrem Besten anordnen möchte. Ich ging herum als wenn ich gar keinen Kopf hätte. Ich hätte dort die beste Zeit gehabt zum Componiren, aber – ich wäre nicht im Stande gewesen eine Note zu schreiben.

Den 25. blieb der Doctor aus. Den 26. besuchte er sie wieder. Stellen Sie sich in meine Person, als er mir so unvermuthet sagte: »Ich fürchte sie wird diese Nacht nicht ausdauern und sie kann auf dem Stuhl, wenn ihr übel wird, in einem Augenblick weg sein. Mithin sehen Sie daß sie beichten kann.« Da bin ich also bis Ende der Chaussee d'Antin noch über die Barriere hinaus gelaufen, um den Heina aufzusuchen, weil ich wußte, daß er bei einem gewissen Grafen bei einer Musik ist. Der sagte mir, daß er den andern Tag einen deutschen Geistlichen herführen wird. Im Zurückweg ging ich im Vorbeigehen einen Augenblick zum Grimm und Mad. d'Epinay. Die waren unzufrieden, daß ich nicht eher was gesagt habe, sie hätten gleich ihren Doctor hergeschickt. Ich habe ihnen aber nicht gesagt, weil meine Mutter keinen französischen wollte. Nun war ich aber aufs Aeußerste getrieben; sie sagten daß sie diesen Abend noch ihren Doctor herschicken werden. Als ich nach Haus kam, sagte ich zu meiner Mutter, daß ich den Hrn. Heina begegnet habe mit einem deutschen Geistlichen, der viel von mir gehört hat und begierig ist mich spielen zu hören, und sie werden morgen[184] kommen um mir eine Visite zu machen. Das war ihr ganz recht; und weil ich, obwohl ich kein Doctor bin, sie besser befunden habe, so sagte ich weiter nichts mehr. – Ich sehe schon daß ich unmöglich kurz erzählen kann, ich schreibe gern alles umständlich und ich glaube, es wird Ihnen auch lieber sein, – mithin, weil ich nothwendigere Sachen noch zu schreiben habe, will ich im nächsten Briefe meine Geschichte fortsetzen. Unterdessen wissen Sie durch meine letzten Briefe wo ich bin, und daß alle meine und meiner seeligen Mutter Sachen in Ordnung sind. Wenn ich auf diesen Punkt komme, werde es schon erklären wie es gegangen. Der Heina und ich haben alles gemacht. –

Nun zu unsern Sachen. Doch zuvor muß ich Ihnen sagen, daß Sie wegen dem, was ich Ihnen in meinem vom 3. geschrieben und mir ausgebeten, meine Gedanken nicht eher darüber entdecken zu dürfen als bis es Zeit ist, gar nicht in Sorgen sein dürfen. Ich bitte Sie noch einmal darum. Ich kann es Ihnen aber noch nicht sagen, weil es in der That noch nicht Zeit ist und ich dadurch mehr verderben als gutmachen würde. – Zu Ihrer Beruhigung: es geht nur mich an, Ihre Umstände werden dadurch nicht schlimmer und nicht besser, und bevor ich Sie nicht in bessern Umständen sehe, denke ich gar nicht darauf. Wenn wir aber einmal glücklich und vergnügt (welches mein einziges Bestreben ist) beisammen in einem Ort leben, – wenn diese glückliche Zeit einmal kommt – Gott gebe bald! – dann ist es Zeit, und dann besteht es nur bei Ihnen. Bekümmern Sie sich also jetzt nicht darum und sein Sie versichert, daß ich in allen Sachen wo ich weiß daß auch Ihr Glück und Ihre Zufriedenheit daran liegt, allzeit mein Vertrauen zu Ihnen, zu meinem besten Vater und wahrsten Freund haben und Ihnen alles umständlich berichten werde. Wenn es bis dato bisweilen nicht geschehen ist, so ist es meine Schuld allein nicht.49

Der Mr. Grimm sagte neulich zu mir: »Was soll ich denn Ihrem Vater schreiben? Was nehmen Sie denn für eine[185] Partie? Bleiben Sie hier oder gehen Sie nach Mannheim?« – Ich konnte das Lachen wirklich nicht halten. »Was soll ich denn jetzt zu Mannheim thun? – Wenn ich niemals nach Paris wäre! – Aber so! Jetzt bin ich einmal da und muß alles anwenden um mich fortzubringen.« – »Ja«, sagte er, »ich glaube schwerlich, daß Sie hier Ihre Sache gut machen können.« – »Warum? Ich sehe hier so eine Menge elende Stümper die sich fortbringen, und ich sollte es mit meinem Talent nicht können? Ich versichere Sie daß ich sehr gern zu Mannheim bin, auch dort in Diensten zu sein sehr wünsche, allein mit Ehre und Reputation. Ich muß meiner Sache gewiß sein, sonst thue ich keinen Schritt.« – »Ja ich fürchte«, sagte er, »Sie sind hier nicht genug activ. Sie laufen nicht genug herum.« – »Ja« sagte ich, »das ist das Schwerste hier für mich. Uebrigens konnte ich jetzt wegen der langen Krankheit meiner Mutter nirgends hingehen, und 2 von meinen Scolaren sind in der Campagne, und die dritte (dem Duc de Guines seine Tochter) ist in Brautständen und wird, welches mir wegen meiner Ehre kein großer Verdruß ist, nicht mehr continuiren. Verlieren thue ich nichts an ihr, denn was mir der Duc zahlt, zahlt Jedermann hier.« Stellen Sie sich vor, der Duc de Guines, wo ich alle Tage kommen und 2 Stunden bleiben mußte, ließ mich 24 Lectionen machen (wo man allzeit nach der 12. zahlt), ging in die Campagne, kam in 10 Tagen zurück, ohne mir Etwas sagen zu lassen; wenn ich nicht aus Vorwitz selbst angefragt hätte, so wüßte ich noch nicht daß sie hier sind, und endlich zog die Gouvernante einen Beutel heraus und sagte mir: Verzeihen Sie daß ich Ihnen für diesmal nur 12 Lectionen zahle, denn ich hab nicht Geld genug. – Das ist nobel, und zählte mir 3 Louisd'or her und setzte hinzu: Ich hoffe Sie werden zufrieden sein; wo nicht, so bitte ich es mir zu sagen. – Der Mr. le Duc hatte also keine Ehre im Leib und dachte, das ist ein junger Mensch und nebst diesem ein dummer Deutscher – wie alle Franzosen von den Deutschen sprechen – der wird also gar froh darum sein. – Der dumme Deutsche war aber nicht froh darum, sondern nahm es nicht an. Er wollte mir also für 2 Stunden eine Stunde zahlen und dies aus[186] Egard, weil er schon 4 Monate ein Concert auf die Flöte und Harfe von mir hat, welches er mir noch nicht bezahlt hat. Ich warte also nur bis die Hochzeit vorbei ist, dann gehe ich zur Gouvernante und begehre mein Geld. Was mir den größten Verdruß macht ist, daß die dummen Franzosen glauben, ich sei noch sieben Jahr alt, weil sie mich in diesem Alter gesehen haben. Das ist gewiß wahr, die Mad. d'Epinay hat es mir in allem Ernst gesagt. Man tractirt mich hier also als einen Anfänger, ausgenommen die Leute von der Musik, die denken anders. Uebrigens macht halt die Menge alles aus.

Nach diesem Discurs mit dem Grimm ging ich gleich den andern Tag zum Graf Sickingen. Dieser war ganz meiner Meinung, nemlich daß ich noch sollte Geduld haben, abwarten, bis der Raaff angelangt ist, welcher alles für mich thun wird, sein Möglichstes. Wenn aber dieses nicht geht, so hat sich der Graf Sickingen selbst angetragen mir zu Mainz einen Platz zu verschaffen. Mithin dies ist meine Aussicht. Ich werde nun mein Möglichstes thun, um mich hier mit Scolaren fortzubringen und soviel als möglich Geld zu machen. – Ich thue es jetzt in der süßen Hoffnung daß bald eine Veränderung geschieht. Denn das kann ich Ihnen nicht läugnen, sondern muß es bekennen, daß ich froh bin wenn ich hier erlöset werde. Denn Lection zu geben ist hier kein Spaß, man muß sich ziemlich abmatten damit, und nimmt man nicht viele, so macht es nicht viel Geld. Sie dürfen nicht glauben daß es Faulheit ist – nein! – sondern weil es ganz wider mein Genie, wider meine Lebensart ist. Sie wissen daß ich so zu sagen in der Musik stecke, – daß ich den ganzen Tag damit umgehe – daß ich gern speculire – studire – überlege. Nun bin ich hier durch diese Lebensart dessen behindert. Ich werde freilich einige Stunden frei haben, allein die wenigen Stunden werden mir mehr zum Ausrasten als zum Arbeiten nothwendig sein.

Wegen der Opera habe ich schon im Vorigen Meldung gethan. Ich kann nicht anders, ich muß eine große Oper oder gar keine schreiben. Schreibe ich nur kleine, so bekomme ich wenig; denn hier ist alles taxirt. Hat sie dann das Unglück den dummen Franzosen nicht zu gefallen, so ist alles[187] aus, ich bekomme keine mehr zu schreiben, habe wenig davon und meine Ehre hat Schaden gelitten. Wenn ich aber eine große Oper schreibe, so ist die Bezahlung besser, ich bin in meinem Fach, was mich freuet, habe mehr Hoffnung Beifall zu erhalten, weil man in einem großen Werk mehr Gelegenheit hat sich Beifall zu machen. Ich versichere Sie daß wenn ich eine Oper zu schreiben bekomme, mir gar nicht bang ist. Die Sprache hat der Teufel gemacht, das ist wahr, und ich sehe alle die Schwierigkeiten, die alle Compositeurs gefunden haben, gänzlich ein. Aber ungeachtet dessen fühle ich mich im Stande diese Schwierigkeit so gut als alle Andern zu übersteigen. Au contraire, wenn ich mir öfters vorstelle, daß es richtig ist mit meiner Oper, so empfinde ich ein ganzes Feuer in meinem Leibe und zittre an Händen und Füßen vor Begierde, den Franzosen immer mehr die Deutschen kennen, schätzen und fürchten zu lernen. Warum gibt man denn keinem Franzosen eine große Oper? – Warum müssen es denn Fremde sein? – Das Unausstehlichste dabei würden mir die Sänger sein. Nun, ich bin bereit. Ich fange keine Händel an; fordert man mich aber heraus, so werde ich mich zu defendiren wissen. Wenn es aber ohne Duell abläuft, so ist es mir lieber, denn ich raufe mich nicht gern mit Zwergen.

Gott gebe es, daß bald eine Veränderung geschieht! – Unterdessen wird es an meinem Fleiß, Mühe und Arbeit gewiß nicht fehlen. Auf den Winter, wenn alles von dem Lande hereinkommt, habe ich meine Hoffnung. Unterdessen leben Sie recht wohl und haben Sie mich immer lieb. Das Herz lacht mir wenn ich auf den glücklichen Tag denke, wo ich wieder das Vergnügen haben werde, Sie zu sehen und von ganzem Herzen zu umarmen. –

Vorgestern50 schrieb mir mein lieber Freund Weber unter anderm, daß es gleich den andern Tag nach der Ankunft des Churfürsten publicirt wurde, daß der Churfürst seine Residenz zu München nehmen wird, welche Botschaft für ganz Mannheim[188] ein Donnerschlag war, und die Freude welche die Einwohner des Tags vorher durch eine allgemeine Illumination an den Tag legten, so zu sagen wieder gänzlich auslöschte. Dieses wurde auch der ganzen Hofmusik kundgethan, mit dem Beisatze, daß Jedem freisteht, dem Hofstaat nach München zu folgen oder – doch mit Beibehalt des nämlichen Salarii – zu Mannheim zu verbleiben; und in 14 Tagen soll jeder seinen Entschluß schriftlich und sigilirt dem Intendanten übergeben. Der Weber, welcher, wie Sie wissen, gewiß in den traurigsten Umständen ist, übergab solches: »Bei meinen zerrütteten Umständen bin, so sehnlichst ich es auch wünsche, nicht im Stande, gnädigster Herrschaft nach München zu folgen.« Bevor dies geschah war eine große Academie bei Hofe und da mußte die arme Weberin den Arm ihrer Feinde empfinden: sie sang diesmal nicht! Wer Ursach davon ist weiß man nicht. Nach der Hand war aber eine Academie bei Hrn. v. Gemmingen, Graf Seeau war auch dabei. Sie sang 2 Arien von mir und hatte das Glück trotz den welschen Hundsfüttern [dem Singpersonal von München] zu gefallen. Diese infamen Cujone sprengen noch immer aus, daß sie im Singen zurückginge. Der Cannabich aber als die Arien geendigt waren, sagte zu ihr: »Mademoiselle, ich wünsche daß Sie auf diese Art noch immer mehr zurückgehen möchten! Morgen werde ich Hrn. Mozart schreiben und es ihm anrühmen.« – Nun, die Hauptsache ist halt, daß wenn der Krieg nicht schon ausgebrochen wäre, der Hof sich nach München gezogen hätte, – Graf Seeau, der die Weberin absolument haben will, alles angewendet hätte daß sie mitkommen kann, und folglich Hoffnung gewesen wäre daß die ganze Familie in bessere Umstände gesetzt würde. Nun ist aber alles wieder still wegen der Münchener Reise und die armen Leute können wieder lange herwarten, und ihre Schulden werden alle Tage beträchtlicher. Wenn ich ihnen nur helfen könnte! Liebster Vater! ich recommandire sie Ihnen von ganzem Herzen. Wenn sie unterdessen nur auf etliche Jahre 1000 Fl. zu genießen hätten!

49

Er hatte offenbar, wie dies auch durch die vorigen Briefe vernehmlich hindurchklingt, die baldige Heirath mit seiner geliebten Aloysia im Sinn.

50

Von hier an bis zum Schluß nach Jahn II, 302, Anm. 19; denn im Mozarteum befindet sich das 3. Blatt oder das Couvert dieses Briefes nicht und ist mir auch sonst nirgend zu Gesichte gekommen.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 181-189.
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