123. Mozarteum.

[224] München 31. Dez. 1778.

Ich habe Ihren Brief diesen Augenblick durch unsern Freund Becke erhalten. Ich habe an Sie vorgestern in seiner Behausung geschrieben, aber einen Brief, dergleichen ich noch niemals geschrieben; denn dieser Freund redete mir so viel von Ihrer väterlichen und zärtlichen Liebe, von Ihrer Nachsicht gegen mich, von Ihrer Nachgebung und Discretion, wenn es darauf ankömmt mein künftiges Glück zu befördern, daß mein Herz ganz zum Weinen gestimmt wurde. Nun aber durch Ihres vom 28. ersehe ich nur gar zu klar, daß Hr. Becke in seiner Unterredung mit mir ein wenig übertrieben war. Nun klar und deutlich. Sobald die Oper (Alceste) in Scene ist, so werde ich abreisen, und soll der Postwagen den Tag nach der Oper gehen oder gar in der Nacht noch. Hätten Sie doch mit der Frau von Robinig gesprochen, vielleicht hätte ich mit ihr nach Hause reisen können. Nun, dem sei wie ihm wolle, den 11. ist die Oper und den 12. (wenn die Diligence abgeht) bin ich weg. Mein Interesse wäre, daß ich noch ein bischen länger bliebe, allein das will ich Ihnen aufopfern in der Hoffnung daß ich in Salzburg doppelt dafür werde belohnt werden. Wegen den Sonaten haben Sie nicht den besten Gedanken gehabt! Also, wenn ich sie nicht hätte, sollte ich gleich abreisen? oder sollte ich mich bei Hof vielleicht gar nicht sehen lassen? Dies könnte ich als ein Mann, der so bekannt hier ist, nicht thun. Sorgen Sie aber nicht, ich habe meine Sonaten in Kaisersheim bekommen, ich werde sie sobald sie gebunden sind, S. Ch. D. überreichen. – Apropos, was will denn dies sagen, lustige Träume? Ueber das Träumen halte ich mich nicht auf, denn da ist kein Sterblicher auf dem ganzen Erdboden der nicht manchmal träumet! Allein lustige Träume! ruhige Träume, erquickende süße Träume! das ist es, – Träume, die wenn sie wirklich wären, mein mehr trauriges als lustiges Leben leidentlich machen würden.

Den 1. Diesen Augenblick erhalte ich durch einen salzburgischen Vetturino ein Schreiben von Ihnen, welches mich wirklich im ersten Augenblick stutzen gemacht hat. Um Gottes[225] Himmelswillen glauben Sie denn daß ich jetzt den Tag meiner Abreise bestimmen kann oder glauben Sie etwa, ich möchte gar nicht kommen? Wenn man einmal schon so nahe ist, so könnte man, glaube ich, ruhig sein. Als mir der Kerl seine Reise ganz erklärt hatte, so kam mir eine große Luft mitzugehen, allein ich kann noch nicht; morgen oder übermorgen werde ich S. Ch. D. erst die Sonaten überreichen können, und dann werde ich doch (bei aller möglichen Betreibung) etwelche Tage auf ein Präsent warten müssen. Das verspreche ich Ihnen bei meiner Ehre, daß ich mich Ihnen zu lieb entschließen will, die Oper gar nicht zu sehen, sondern gleich den Tag nach Empfang eines Präsentes abreisen will, aber es kommt mir schwer an, das bekenne ich; doch wenn es Ihnen auf etwelche Tage mehr oder weniger ankömmt, so sei es. Antworten Sie mir gleich darüber. Den 2. Mündlich freue ich mich, mit Ihnen zu sprechen, da werden Sie alles erst recht hören, wie meine Sachen hier stehen. Auf Raaff dürfen Sie gar kein Mißtrauen oder Verdruß haben, das ist der ehrlichste Mann von der Welt, er ist halt kein großer Liebhaber vom Schreiben. Die Hauptursache ist aber, weil er nicht gern etwas zu früh verspricht, und doch gerne Hoffnung gibt; übrigens hat er (wie auch Cannabich) schon mit Händen und Füßen gearbeitet.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 224-226.
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