161. Mozarteum.

[301] Wien 27. Juni 1781.

Wegen der Madame Rosa muß ich Ihnen sagen, daß ich dreimal hinging, bis ich endlich das Glück hatte sie anzutreffen. Sie würden sie fast nicht mehr kennen, so mager ist sie. Als[301] ich sie um das Portrait ersuchte, so wollte sie es mir gar verehren, mit dem Zusatz, sie brauche es so nicht und als den folgenden Tag würde sie es mir schicken. Es gingen aber drei Wochen herum, und es kam kein Portrait. Ich ging wieder dreimal umsonst hin; endlich ging ich aber in aller Frühe hin, da sie noch mit ihrem bäurischen Ehegemahl beim Frühstück war. Da sprang sie vom Verehren bis aufs gar nicht Hergeben herab. Mir fiel aber ein, daß man mit den Italienern in dergleichen Fällen ein bischen grob sein müsse und sagte ihr, daß sie ihren Schuß nicht verloren habe und ich aber wegen ihrem angebornen Fehler nicht bei meinem Vater die Rolle eines Narren spielen wolle, der heute schwarz und morgen weiß sagt, und ich könne sie versichern, daß ich das Portrait nicht brauche. Dann gab sie gute Worte aus und versprach, es mir den andern Tag zu schicken, und schickte es mir auch, doch müssen Sie es nach Gelegenheit wieder zurückschicken.

Eben komme ich von Hrn. von Hippe, geheimen Secretair vom Fürst Kaunitz, welcher ein sehr liebenswürdiger Mann und ein recht guter Freund von mir ist. Er machte mir von selbst die erste Visite und da spielte ich ihm. Wir haben in meiner Wohnung 2 Flügel, einen zum Galanteriespielen und der andere eine Machine, der durchgehends mit der tiefen Octav gestimmt ist, wie der, den wir in London hatten, folglich wie eine Orgel. Auf diesem habe ich also capricirt und Fugen gespielt. – Ich bin fast täglich nach Tisch bei Hrn. von Aurnhammer. Das Fräulein ist ein Scheusal, spielt aber zum Entzücken, nur geht ihr der wahre feine singende Geschmack im Cantabile ab; sie verzupft alles. Sie hat mir ihren Plan (als ein Geheimniß) entdeckt, der ist noch 2 oder 3 Jahre rechtschaffen zu studiren und dann nach Paris zu gehen und Metier davon zu machen; denn sie sagt: »Ich bin nicht schön, im Gegentheil häßlich; einen Canzleihelden mit 3 oder 400 Fl. mag ich nicht heirathen und einen andern bekomme ich nicht, mithin bleibe ich lieber so und will von meinem Talent leben«, und da hat sie Recht. Sie bat mich also ihr beizustehen, um ihren Plan ausführen zu können; aber sie möchte es niemand vorher sagen.[302]

Die Oper [Idomeneo] werde ich Ihnen sobald als möglich schicken, die Gräfin Thun hat sie noch und ist dermalen auf dem Land. Lassen Sie mir doch die Sonate à 4 mains aus B und die zwei Concerte auf zwei Claviere abschreiben und schicken Sie mir sie sobald als möglich; mir ist ganz lieb, wenn ich nach und nach meine Messen bekomme. Den Gluck hat der Schlag gerührt und man redet nicht gut von seinen Gesundheitsumständen.69 Schreiben Sie mir, ist es wahr, daß den Becke in München bald ein Hund zu Tode gebissen hätte? Nun muß ich schließen, denn ich muß zum Aurnhammer zum Speisen. Adieu.

Die Bernasconi [eine besonders von Gluck begünstigte Primadonna, vgl. Nr. 168] ist hier und hat 500 Ducaten Besoldung, weil sie alle Arien um ein gutes Komma höher singt. Das ist aber wirklich eine Kunst, denn sie bleibt richtig im Tone. Sie hat jetzt versprochen, um 1/4 Ton höher zu singen, da will sie aber noch so viel haben. Adieu.

69

Gluck starb bekanntlich erst am 15. November 1787.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 301-303.
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