200. Mozarteum.

[375] Wien 17. Aug. 1782.

Ich habe letzthin vergessen Ihnen zu schreiben, daß meine Frau und ich zusammen am Portiunculatage bei den Theatinern unsere Andacht verrichtet haben. Wenn uns auch wirklich die Andacht nicht dazu getrieben hätte, so mußten wir es der Zettel wegen thun, ohne welche wir nicht hätten copulirt werden können. Wir sind auch schon eine geraume Zeit lediger allzeit mitsammen sowohl in die hl. Messe, als zum Beichten und Communiciren gegangen, – und ich habe gefunden, daß ich niemals so kräftig gebetet, so andächtig gebeichtet und communicirt hätte, als an ihrer Seite; – und so ging es ihr auch. – Mit Einem Wort, wir sind für einander geschaffen, und Gott, der alles anordnet und folglich auch dieses alles also gefüget hat, wird uns nicht verlassen. Wir beide danken Ihnen auf das Gehorsamste für Ihren väterlichen Segen. Sie werden hoffentlich unterdessen den Brief von der meinigen erhalten haben.

Wegen dem Gluck habe ich den nämlichen Gedanken, den Sie mein liebster Vater mir geschrieben; nur will ich Ihnen noch etwas sagen. Die Hrn. Wiener (worunter aber hauptsächlich der Kaiser verstanden ist) sollen nur nicht glauben, daß ich wegen Wien allein auf der Welt sei. Keinem Monarchen in der Welt diene ich lieber, als dem Kaiser, aber erbetteln will ich keinen Dienst. Ich glaube so viel im Stande zu sein, daß ich jedem Hofe Ehre machen werde. Will mich Deutschland, mein geliebtes Vaterland, worauf ich (wie Sie wissen) stolz bin, nicht aufnehmen, so muß in Gottes Namen Frankreich oder England wieder um einen geschickten Deutschen[375] mehr reich werden, – und das zur Schande der deutschen Nation. Sie wissen wohl, daß fast in allen Künsten immer die Deutschen diejenigen waren, welche excellirten. Wo fanden sie aber ihr Glück, wo ihren Ruhm? – In Deutschland wohl gewiß nicht! – Selbst Gluck, – hat ihn Deutschland zu diesem großen Mann gemacht? – Leider nicht! – Gräfin Thun, Graf Zichi, Baron van Swieten, selbst der Fürst Kaunitz ist deßwegen mit dem Kaiser sehr unzufrieden, daß er nicht mehr die Leute von Talent schätzt und sie aus seinem Gebiet läßt. Letzterer sagte jüngsthin zum Erzherzog Maximilian, als die Rede von mir war, daß solche Leute nur alle 100 Jahre auf die Welt kämen, und solche Leute müsse man nicht aus Deutschland treiben – besonders wenn man so glücklich ist, sie wirklich in der Residenzstadt zu besitzen. – Sie können nicht glauben wie gütig und höflich der Fürst Kaunitz mit mir war als ich bei ihm war; – zuletzt sagte er noch: »Ich bin Ihnen verbunden, mein lieber Mozart, daß Sie sich die Mühe gegeben haben, mich zu besuchen« etc. Sie können auch nicht glauben was sich die Gräfin Thun, Baron van Swieten und andere Große für Mühe geben mich hier zu behalten, – allein – ich kann auch nicht so lange warten – und will auch wirklich nicht so auf Barmherzigkeit warten, – finde daß ich eben auch (wenn es schon der Kaiser ist) seine Gnade nicht so von Nöthen habe. – Mein Gedanke ist künftige Fasten nach Paris zu gehen, versteht sich nicht ganz so auf gerade wohl. – Ich habe deßwegen schon an Le Gros [Nr. 101] geschrieben und erwarte Antwort. – Hier habe ich es auch – besonders den Großen – so im Discurs gesagt. – Sie wissen wohl, daß man öfters im Reden so was hinwerfen kann, welches mehr Wirkung thut, als wenn man es so dictatorisch hindeclamirt. – Wenn ich mich zu dem Concert spirituel und Concert des amateurs engagiren kann; – und dann Scolaren bleiben mir nicht aus – und da ich jetzt eine Frau habe, kann ich sie leichter und fleißiger versehen; – dann mit der Composition etc.; – und hauptsächlich aber ist es mir wegen der Opera. – Ich habe mich die Zeit her täglich in der französischen Sprache geübt –[376] und nun schon 3 Lectionen im Englischen genommen. – In 3 Monaten hoffe ich so ganz passable die engländischen Bücher lesen und verstehen zu können. – Nun leben Sie recht wohl.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 375-377.
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