252. Otto Jahn.103

[451] Berlin 23. Mai 1789.

Liebstes bestes theuerstes Weibchen!

Mit außerordentlichem Vergnügen habe Dein liebes Schreiben vom 13. hier erhalten; diesen Augenblick aber erst Dein vorhergehendes vom 9., weil es von Leipzig retour nach Berlin machen mußte. – Das erste ist daß ich Dir alle Briefe, so ich Dir geschrieben, herzähle, und dann die Deinigen so ich erhalten. Ich schrieb Dir

den 8. April von der Post-Station Budwitz

den 10. April von Prag

den 13. April von Dresden

und den 17. April von Dresden

den 22. April französisch de Leipzig

den 28. April und den 5. Mai von Potsdam

den 9. Mai und den 16. von Leipzig

den 19. April von Berlin

und jetzt den 23. Mai das sind also 11 Briefe.

Ich erhielt von Dir 6 Briefe. Zwischen dem 13. und 24. April ist – eine Lücke. Da muß nun ein Brief von Dir verloren gegangen sein! Durch dies mußte ich 17 Tage ohne Brief sein! Wenn Du also auch 17 Tage in diesen Umständen leben mußtest, so muß auch einer von meinen Briefen verloren gegangen sein. – Gott Lob wir haben diese Fatalitäten nun bald überstanden; an Deinem Halse hängend werde ich es Dir dann erst recht erzählen wie es mir damals war! – Doch – Du kennst meine Liebe zu Dir! – Wo glaubst Du daß ich dieses schreibe? – im Gasthofe auf meinem Zimmer? – nein! – im Thiergarten in einem Wirthshause (in einem Gartenhause mit schöner Aussicht),[452] allwo ich heute ganz allein speise, um mich nur ganz allein mit Dir beschäftigen zu können. – Die Königin will mich Dienstag hören; da ist aber nicht viel zu machen. Ich ließ mich nur melden, weil es hier gebräuchlich ist, und sie es sonst übel nehmen würde. – Mein liebstes Weibchen, Du mußt Dich bei meiner Rückkunft schon mehr auf mich freuen, als auf das Geld. 100 Friedrichsd'or sind nicht 900 Fl. sondern 700 Fl., wenigstens hat man mir es hier so gesagt; – 2. hat Lichnowsky mich weil er eilen mußte früh verlassen, und ich folglich (in dem theuren Orte Potsdam) selbst zehren müssen; 3. habe ich *** 100 Fl. lehnen müssen weil sein Beutel abnahm – ich konnte es nicht gerade abschlagen, Du weißt warum; – 4. ist die Academie in Leipzig so wie ich es immer sagte schlecht ausgefallen, habe also mit Rückwege 32 Meilen fast umsonst gemacht. Daran ist Lichnowsky ganz allein Schuld, denn er ließ mir keine Ruhe, ich mußte wieder nach Leipzig – doch davon das mehrere mündlich. – Hier ist 1. mit einer Academie nicht viel zu machen und 2. siehts der König nicht gern. Du mußt schon mit mir, mit diesem zufrieden sein, daß ich so glücklich bin beim König in Gnaden zu stehen; – was ich Dir da geschrieben bleibt unter uns. Donnerstag den 28. gehe ich nach Dresden ab, allwo ich übernachten werde; den 1. Juni werde ich in Prag schlafen, und den 4.? den 4.? bei meinem liebsten Weiberl.104 – Ich hoffe doch Du wirst mir auf die erste Post entgegenfahren, ich werde den 4. zu Mittag eintreffen; – Hofer (den ich 1000mal umarme) wird wohl hoffe ich auch dabei sein; – wenn Hr. und Fr. v. Puchberg auch mitfahren, dann wäre alles beisammen was ich wünschte. Vergesse auch den Carl nicht. – Nun aber das Nothwendigste ist: – Du mußt einen vertrauten Menschen, Salzmann oder sonst jemand mitnehmen, welcher dann in meinem Wagen mit meiner Bagage auf die Mauth fährt, damit ich nicht diese unnöthigen Seccaturen habe; sondern mit euch lieben Leute nach Hause fahren kann. – Aber gewiß! – Nun Adieu – ich küsse Dich Millionenmal und bin ewig Dein getreuester Gatte

W.A. Mozart.

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III, 481. Ich habe mich an die Familie v. Baroni-Cavalcabo in Graz, die im Besitze dieses wie mehrerer anderer Briefe Mozarts sich befand, schriftlich gewandt, jedoch von der Tochter der alten Frau v. Baroni-Cavalcabo, der Freundin W.A. Mozarts d.J., der Frau Laura von Pawlikowska zur Antwort erhalten, jene Briefe seien schon längst in andere Hände wie des Componisten W. Taubert, des Ritters von Heintl in Wien u.a. übergegangen. Herr Hofcapellmeister W. Taubert in Berlin behauptet aber, nie ein Autograph Mozarts besessen zu haben, und der Hr. Ritter von Heintl hat mir die Zusendung seiner 2 Briefe leider nicht rechtzeitig machen können.

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Hier sind mehrere Zeilen im Original unleserlich gemacht.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 451-453.
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