128. Mozarteum.

[237] München 15. Nov. 1780.

– Die Arie ist vortrefflich so. Nun gibt es noch eine Veränderung an welcher Raaff Schuld ist; er hat aber Recht, und hätte er nicht, so müßte man doch seinen grauen Haaren etwas zu Gefallen thun. Er war gestern bei mir, ich habe ihm seine 1. Arie vorgeritten und er war sehr damit zufrieden. Nun, der Mann ist alt, in einer Arie wie selbe im 2. Act Fuor del mar hò un mare in seno etc. kann er sich dermalen nicht mehr zeigen. Also weil er im 3. Act ohnedieß keine Arie hat, wünschte er sich (weil seine im 1. Act vermög dem Ausdruck der Worte nicht cantabile genug sein kann) nach seiner letzten Rede O Creta fortunata! O me felice! anstatt dem Quartett eine hübsche Arie zu singen, und auf diese Art fällt auch hier ein unnöthiges Stück weg und der 3. Act wird nun weit bessern Effect machen. Nun, in der letzten Scene im 2. Act hat Idomeneo[237] zwischen den Chören eine Arie oder vielmehr Art von Cavatine. Hier wird es besser sein, ein bloßes Recitativ zu machen, darunter die Instrumente gut arbeiten können; denn in dieser Scene, die (wegen der Action und den Gruppen wie wir sie kürzlich mit Le Grand verabredet haben) die schönste der ganzen Oper sein wird, wird ein solcher Lärm und Confusion auf dem Theater sein, daß eine Arie eine schlechte Figur auf diesem Platz machen würde, und überdieß ist das Donnerwetter, – und das wird wohl wegen der Arie von Hrn. Raaff nicht aufhören? – und der Effect eines Recitativs zwischen den Chören ist ungleich besser. – Die Lisel Wendling hat auch schon ihre zwei Arien ein halb Dutzend Mal durchgesungen, sie ist sehr zufrieden. Ich habe es von einer dritten Hand, daß die zwei Wendlinge ihre Arien sehr gelobt haben. Raaff ist ohnedieß mein bester, liebster Freund! – Meinem molto amato Castrato del Prato muß ich aber die ganze Oper lehren, er ist nicht im Stande einen Eingang in eine Arie zu machen, der etwas heißt, und eine ungleiche Stimme! – Er ist nur auf ein Jahr engagirt, und sobald das aus ist, welches künftigen September geschehen wird, so nimmt Graf Seeau einen andern. Da könnte Cecarelli sein Glück versuchen. Serieusement. –

Nun hätte ich bald das Beste vergessen. Graf Seeau hat mich letzten Sonntag nach dem Amt S. Ch. Durchlaucht dem Churfürst en passant vorgestellt, welcher sehr gnädig mit mir war. Er sagte: »Es freuet mich, ihn wieder hier zu sehen.« Und als ich sagte, daß ich mich beeifern werde den Beifall S. Ch. D. zu erhalten, so klopfte er mich auf die Schulter und sagte: »O, daran habe ich gar keinen Zweifel, daß alles gut sein wird. A piano piano si và lontano.«

Teufel! kann ich wieder nicht alles schreiben, was ich schreiben möchte; den Augenblick war Raaff bei mir, er läßt sich empfehlen, wie auch das ganze Cannabichische und doppelt Wendlingische Haus. Ramm auch. Meine Schwester soll nicht faul sein, sondern brav exerciren, denn man freut sich schon auf sie. Mein Logis ist in der Burggasse bei Mr. Fiat [wo jetzt die Marmortafel angebracht ist].

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 237-238.
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