129. Mozarteum.

[238] München 22. Nov. 1780.

Hier folgt endlich die schon so lang versprochene Arie für Hrn. Schikaneder. Die ersten acht Tage konnte ich sie wegen meiner andern Geschäfte, weßwegen ich hier bin, nicht ganz zu Stande bringen, und letzthin, war eben Le Grand der Balletmeister ein grausamer Schwätzer und Seccatore bei mir und machte mich durch sein Geplauder den Postwagen versäumen. Ich hoffe meine Schwester wird nun wieder ganz gesund sein. Ich habe dermalen einen Katarrh, welcher bei dieser Witterung hier sehr in Mode ist; ich glaube und hoffe aber er wird sich bald flüchten, denn die zwei leichten Cürassier-Regimenter Rotz und Schleim gehen so immer nach und nach weg. In Ihrem letzten Brief steht alle Augenblicke: O ihr armen Augen! blind will ich mich nicht schreiben. Nachts um 1/28 Uhr und ohne Augengläser. – Aber warum schreiben Sie denn Nachts? und warum ohne Augengläser? das begreife ich nicht. – Mit Graf Seeau habe ich noch nicht sprechen können, werde aber heute mit ihm reden und gleich mit der nächsten Post Nachricht geben. Jetzt wird wohl alles gewiß so bleiben, wie es ist. Herr Raaff besuchte mich gestern Vormittag und da richtete ich ihm Ihr beiderseitiges Compliment aus, welches ihn ungemein erfreute. Das ist doch ein würdiger und grundehrlicher Mann! Vorgestern hat der del Prato in der Academie gesungen, daß es eine Schande war. Ich will wetten, daß der Mensch nicht einmal die Proben, vielweniger die Oper aushält; der ganze Kerl ist inwendig nicht gesund. Herein! – Hr. Panzacchi [Sänger des Arbace]. Er hat mir schon dreimal Visite gemacht, hat mich jetzt eben auf Sonntag zum Speisen eingeladen. Hoffentlich wird es mir nicht gehen, wie uns Beiden mit dem Kaffee. Er fragt sich unterthänigst an, ob er nicht anstatt se la sà – se co là singen dürfte, oder etwa gar ut re mi fa sol là? – Mir ist schon recht, wenn Sie mir allemal recht viel schreiben, aber nur nicht bei der Nacht, vielweniger ohne Augengläser. Mir müssen Sie aber verzeihen, wenn ich nicht viel schreibe, jede Minute ist mir kostbar, ich kann ohnehin nur Abends das meiste schreiben, weil es spät[239] Tag wird; ankleiden muß man sich auch und der Kaufmannsdiener beim Weiser führt einen auch bisweilen jemand auf den Nacken. Wenn der Castrat kommt, muß ich ihm singen, denn er muß seine ganze Rolle, wie ein Kind lernen, er hat um keinen Kreuzer Methode. Nächstens werde ich schon mehr schreiben. Wie steht es denn mit dem Familiengemälde? Meine Schwester könnte wohl (wenn sie bisweilen lange Weile hat) wenigstens den Titel der besten Comödien, die seit meiner Abwesenheit aufgeführt worden sind, zu Papier bringen. Hat Schikaneder noch gute Einnahme? An alle guten Freunde und Freundinen mein Compliment, auch an der Gilofsky Katherl ihren –. Dem Pimperl [dem Hunde] geben Sie eine Prise spanischen Taback, ein gutes Weinbrod, und drei Busserln. Gehe ich Ihnen nicht ab? 1000 Complimente von allen an alle – alle. Adieu. Ich küsse Ihnen 1000 Mal die Hände und meine Schwester küsse ich von Herzen, und hoffe baldige Besserung. [Nannerl hatte, zum Theil in Folge von Herzenskummer wegen einer unglücklichen Neigung, ein Brustleiden bekommen, das in Auszehrung auszuarten drohte.]

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 238-240.
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