86. Mozarteum.

[114] Mannheim 20. Dez. 1777.

Ich Wünsche Ihnen, allerliebster Papa, ein recht glückseliges Neuesjahr und daß dero mir so werthe Gesundheit täglich mehr zunimmt, und das zum Nutzen und zur Freude Ihrer Frau und Ihrer Kinder, zum Vergnügen Ihrer wahren Freunde und zum Trotz und Verdruß Ihrer Feinde! – Ich bitte Sie mich das kommende Jahr auch so väterlich zu lieben, wie Sie bisher gethan haben! Ich meinerseits werde mich bemühen und befleißen die Liebe eines so vortrefflichen Vaters immermehr zu verdienen. Ich war mit Ihrem letzten Schreiben, nemlich vom 15. Dezember recht herzlich zufrieden, weil ich daraus vernommen habe, daß Sie sich Gott Lob und Dank recht gut befinden. Wir sind beide auch mit der Hülf[114] Gottes ganz wohlauf. Mir kann es ja gar nicht fehlen; denn ich mache gewiß Commotion genug. Ich schreibe jetzt dieses um 11 Uhr nachts, weil ich sonst keine Zeit habe. Vor 8 Uhr können wir nicht aufstehen; in unserm Zimmer (weil es zu ebner Erd ist) wird es erst um 1/29 Uhr Tag. Dann ziehe ich mich geschwind an. Um 10 Uhr setze ich mich zum Componiren bis 12 Uhr oder 1/21 Uhr. Dann gehe ich zum Wendling, dort schreibe ich noch ein wenig bis 1/22 Uhr, dann gehen wir zu Tisch. Unterdessen wird es 3 Uhr; da muß ich in den Mainzischen Hof (Wirthshaus) zu einem holländischen Officier, um ihm in Galanterie und Generalbaß Lection zu geben, wofür ich wenn ich nicht irre, 4 Ducaten für 12 Lectionen habe. Um 4 Uhr muß ich nach Haus, um die Tochter zu instruiren; dann fangen wir vor 1/25 Uhr niemals an, weil man auf die Lichter wartet. Um 6 Uhr gehe ich zum Cannabich und lehre die Mademoiselle Rose. Dort bleibe ich beim Nachtessen, dann wird discurirt oder bisweilen gespielt; da ziehe ich aber allzeit ein Buch aus meiner Tasche und lese, – wie ich es zu Salzburg zu machen pflegte. – Ich habe geschrieben, daß mir Ihr letzter Brief viel Freude gemacht hat; das ist wahr! Nur Eines hat mich ein wenig verdrossen – die Frage, ob ich nicht das Beichten etwa vergessen habe? – Ich habe aber nichts dawider einzuwenden. Nur eine Bitte erlauben Sie mir, und diese ist: nicht gar so schlecht von mir zu denken! Ich bin gern lustig, aber seien Sie versichert, daß ich trotz einem Jeden ernsthaft sein kann. Ich habe seit ich von Salzburg weg bin (und auch in Salzburg selbst) Leute angetroffen, wo ich mich geschämt hätte, so zu reden und zu handeln, obwohl sie 10, 20 und 30 Jahr älter waren, als ich! – Ich bitte Sie also nochmals und recht unterthänig eine bessere Meinung von mir zu haben.


[Nachschrift.]


Meine liebste Sallerl mein Schatzerl!

Meine liebste Nannerl, mein Schwesterl!

Ich thue mich halt bedanken für deinen Glückwunsch, Engel

Und hier hast einen von Mozart, von dem grobeinzign Bengel,

[115] Ich wünsch dir Glück und Freude, wenns doch die Sachen gibt,

Und hoff Du wirst mich lieben, wie Dich der Woferl liebt.

Ich kann Dir wahrlich sagen, daß er Dich thut verehren.

Er luf Dir ja ins Foier, wanns Du's thatst a begehren.

Ich mein, ich muß so schreiben, wie er zu reden pflegt,

Mir ist so frisch vor Augen die Liebe die er hegt

Für seine joli Sallerl und seine Schwester Nanzerl!

Ach kommt geschwind her, ihr Lieben, wir machen geschwind ein Tanzerl.

Es sollen leben alle, der Papa und d' Mama,

Die Schwester und der Bruder, huisasahupsasa!

Und auch d' Mätreß vom Woferl, und auch der Woferl selbst

Und das so lange, lange – so lang als er noch krelbst,

So lang als er noch sch – und wacker br – kann,

So lang bleibt er und d' Sallerl und 's Schwesterl a voran,

Ein saubers G'sindl – auweh! ich muß gschwind nach Schlaraffen

Und das ist izt um 12 Uhr; denn dort thut man schon schlafen.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 114-116.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Mozarts Briefe
Mozarts Briefe