St. Gilgen den 24. November. 1799

[136] St. Gilgen den 24. November 1799.


Mit Vergnügen übersende ich Ihnen den Aufsatz, so ich aus Briefen, die mein Vater auf seinen Reisen nach Salzburg schrieb, ausgezogen und auf Verlangen eines Freundes unsers Hauses ihm überschickt habe, der ihn dann Hr. Prof. Schlichtegroll übermachte. Hier folgen auch einige Elogen, Aufsätze, Sonette, Auszüge aus Briefen u. dgl.

Sie wünschen noch etwelche Anekdoten aus meines Bruders[136] Leben zu wissen. Hiemit folgen einige aus seiner Kindheit, im Falle Sie solche gebrauchen wollen.1

Die Abschriften von einigen seiner Messen habe ich nach dem Tode meines Vaters in das Kloster zum heil. Kreuz nach Augsburg geschickt. Die Sparten davon hatte mein Bruder seel.

Alle mitgetheilte Stücke hoffe ich seiner Zeit wieder zurück zu erhalten.

Ich übersende Ihnen auch einen Kupferstich, der wie wir in Paris waren gestochen wurde2. Hieraus sehen Sie, daß mein Bruder ein recht hübsches Kind war. Erst nach den Blattern hatte er sich so verunstaltet, und noch mehr, wie er von Italien zurückgekommen, bekam er die welsche gelbe Farbe, die ihn ganz unkenntlich machte. Er war ein kleines, doch proportionirtes Kind.

Fußnoten

1 Nun folgen die vier »Anekdoten«, die in der Leipziger Allg. Musik. Zeitung vom 22. Januar 1800 (S. 300) ziemlich genau und zum Theil wörtlich veröffentlicht sind. Nur die erste von ihnen hat in der Zeitung einige unwesentliche Zuthaten bekommen. Im Briefe lautet sie so:

1ten. Da die Reisen, so wir machten, ihn in unterschiedene Länder führten, so sann er sich, während daß wir von einem Ort in das andere fuhren, ein Königreich aus, welches er das Königreich Rücken nannte. Er sagte, er wäre der König von diesem Reiche, und unser Bediente, der ein wenig zeichnen konnte, mußte eine Karte davon machen, wovon er ihm die Namen der Städte, Märkte und Dörfer dictirte.

Die Melodie, von der in der zweiten Anekdote die Rede ist und welche in der Zeitung weggeblieben ist, findet man in Nissen's Biographie S. 35.


2 Wahrscheinlich der Stich von Delafosse. Vgl. O. Jahn a.a.O., 2. Ausg. I. 35, II. 739.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 137.
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